Monat: Juli 2016

Menschen am Meer: Die Regatta der Lateinersegler in Sciacca.

Am Vorabend der Regatta: Quer durch den Hafen unternehmen die Segler eine „Passagiata su remi“, einen Spaziergang unter Rudern hinüber zur Figur der Madonna.

In Sciacca an Siziliens Südküste gibt es – anders als in manch anderen sizilianischen Häfen – gleich zwei Segelclubs, die hervorragende Steganlagen und Liegeplätze für Fahrtensegler anbieten. Die LEGA NAVALE und den CIRCOLO NAUTICO IL CORALLO. Und weil Maria von der LEGA NAVALE gerade keinen Platz hatte, landete ich im CIRCOLO NAUTICO. Das Leben lenkt einen manchmal schon in die richtige Richtung, und Sciacca meinte es gut mit mir.

Denn gleich am nächsten Tag machte mich Franco, der überaus aktive Club-Präsident, auf die alljährlich stattfindende Regatta von Lateiner-Seglern aufmerksam. LA VELA LATINA: Das ist das alte Lateinersegel, das bereits die Römer kannten und nutzten und das über 2.000 Jahre hinweg das Arbeitssegel des Mittelmeeres war. Ob römisches Frachtschiff oder mittelalterliche Galeere oder adriatisches Fischerboot des 19. Jahrhunderts: Alle, alle waren sie mit Lateinersegel unterwegs. Solange, bis sich nach den beiden Weltkriegen Motorantriebe durchsetzten. Zuerst das Lateinersegel verdrängten. Und dann die alten Holzboote, die die Lateinersegel trugen.

Lateinersegel: Man erkennt sie an der langen Stenge am Hauptmast. An ihr wird das Großsegel gesetzt. Und erlaubte bereits in der Antike – anders als bei viereckigen Rahsegeln – ein Aufkreuzen gegen den Wind.

In Sciacca haben sich acht Boote zur Regatta gemeldet. Die Teilnehmer kennen sich lange, und ihre Boote haben alle eine lange Geschichte. Da ist zum Beispiel Santino Marsala. Er ist 76 Jahre alt und
ist mit seinem 11jährigen Enkel Daniele von der anderen Ecke Siziliens angereist, um die Regatta mitzusegeln. Sein Boot LA ZAIRA hat er in seiner Heimatstadt Siracusa entdeckt. Eigentlich war sie ein Fischerboot gewesen. Aber weil niemand mehr die kleinen schweren Holzboote brauchte, hatte es die letzten Jahre als Fährboot gedient, in dem ein Fischer Passagiere vom Festland zur Insel Ortigia, der Altstadt von Siracusa, hinüber ruderte. Das Boot wurde gebaut, als Santino 10 Jahre alt war. Schon als kleiner Junge hatte er eine besondere Liebe zu kleinen Holzbooten. Und als er vor 35 Jahren dieses Boot entdeckte: Da war es um ihn geschehen. Er holte das verrottende Teil aus dem Wasser. Und restaurierte es über Jahre liebevoll. Bis LA ZAIRA wieder im alten Glanz erstrahlte.

Enzo Assenzo, oben auf seinem Boot beim Aufriggen zu sehen, hat eine andere Geschichte. Er ist 59, in Sciacca geboren und Buchautor wie ich auch. Mit ihm und seinem Boot IL PISCI RE begann die Geschichte der Regatta von Sciacca. „Als ich klein war, hat mich mein Vater immer ans Meer mitgenommen, Tiere beobachten“, erzählt Enzo. „Eines Tages sah ich einen kleinen, bunten Fisch, der eigentlich bei uns ‚Donzella‘ heißt. Aber mein Vater: der sagte mir in tiefem Ernst: Das sei der PISCI RE. Der König der Fischlein. Ich hab‘ das tatsächlich geglaubt.“ In Sardinien habe er alte

Die kleine Gallionsfigur im Bug von Enzo Assenzo’s PISCI RE: Der König der Fischlein.

Boote gesehen und sich für sie begeistert. Und als er eines Tages am Strand von Sciacca, halb überspült und versunken im Sand, ein Holzboot fand, hat er es zusammen mit seinem Freund Franco freigelegt. „Als ich es sah, dachte ich: DU wirst jetzt PISCI RE.“ Nach der Restaurierung hat Enzo begonnen, die Geschichte der VELA LATINA zu erforschen. Und ein Buch darüber geschrieben, das anderen VELA LATINA-Seglern in die Hände fiel, die sich bei ihm meldeten. „Sogar der italienische Staatspräsident hat sich bei uns gemeldet. Und unsere Initiative ausgezeichnet.“

 Die vom 72 jährigen Bootsbauer Franco Bonanno gebaute VICCHINGA III…

Aus der kleinen Initiative von Enzo entstand die TROFEO PISCI RE, die Regatta der Lateinersegler, die in diesem Jahr zum dritten Mal stattfindet. Mehr als um Schnelligkeit und sportliche Leistung geht es bei der TROFEO PISCI RE ums dabeisein, ums mitmachen. „Ich bin früher viel geritten“, erzählt Filippo Guaragli, Rechtsanwalt aus Palermo. „Ich habe an Turnieren teilgenommen – aber dann hat mich das alles nicht mehr interessiert“. Als ich ihn frage, was ihn denn zu seinem alten Holzboot gebracht hätte, erzählt er: „Ein altes Holzboot löst in mir das gleiche aus wie ein Pferd. Wenn ich drauf sitze, vergesse ich die Zeit. Zeit wird unbedeutend. Und: Ein Boot braucht genauso viel Aufmerksamkeit wie ein Pferd. Ständig musst Du beobachten. Aufpassen.“ Irgendwann hat er beschlossen, sein eigenes Boot zu bauen. Als es fertig war, zeigte er es Franco Bonanno. Der ist ebenfalls VELA LATINA-Segler. Und zugleich auch Mastri D’Ascia, ein Meister der alten sizilianischen Bootsbaukunst. „Franco hat nur einen Blick drauf geworfen“, erzählt der Anwalt, „‚Wirf sie ganz schnell weg‘, hat er gesagt, ’sie ist nichts anderes als ein Obstkistchen‘. Und dann haben Franco und ich ein neues Boot gebaut. Jeden Samstag kam er zu mir, ein Jahr lang. Und jetzt bin ich stolz. Und segle auf meinem selbstgebauten Boot auf der Regatta mit.“

… und die selbstgebaute NICA unter den kritischen Blicken ihres Eigners Filippo.

Und die Regatta? Die nimmt ihren gewohnten Gang. Mit weitem Abstand liegt Franco Bonanno vorne, den alle nur ‚Vicchingo‘, den Wikinger nennen. Er ist 72 und Bootsbauer in Marsala und hat das Handwerk noch von seinem Vater gelernt, wer weiß in wievielter Generation Vicchingo Bootsbauer ist. Sein Schiff, die VICCHINGA III, hat er selbst gebaut. „Hat nur einen Monat gedauert“, erzählt Vicchingo stolz. „Mein erstes Schiff hab ich gebaut, als ich neun Jahre alt war. In meinem Leben waren es sicher über 100 Boote. Das kleinste hatte fünf Meter. Das größte 30 Meter, für einen Fischer.“ Kaum jemand versteht Vicchingo, wenn er spricht. Aber alle reden mit Hochachtung von ihm, denn er baut die schnellsten Boote an der ganzen Küste. Über seinen neuesten Wurf berichteten die Zeitungen, und für die italienischen VELA LATINA-Meisterschaften, die in den kommenden Monaten ausgetragen werden, rechnen viele mit seinem Titelgewinn.

Enzo auf PISCI RE: Die beiden segeln nach ihren ganz eigenen Regatta-Regeln…

Und die TROFEO PISCI RE? Am Ende wird es sein wie im vergangenen Jahr. Vicchingo wird gewinnen. Und Enzo wird auf seiner PISCI RE letzter werden. „Aber was macht das schon?“ sagen die Anderen lachend beim gemeinsamen Abendessen. „Enzo segelt mit seiner PISCI RE eh nur, um in Ruhe zu rauchen. Und ein Glas Wein zu trinken. Und gewonnen haben wir schließlich alle, weil Enzo das mit PISCI RE gemacht hat.“

______________________________________________
Und weil mich die Menschen des CIRCOLO NAUTICO IL CORALLO in Sciacca sehr beeindruckt haben mit ihrer Gastfreundschaft und dem, was sie in im CIRCOLO NAUTICO alles unternehmen: 
Habe ich Susanne von millemari. gebeten, doch aus den 
2.000 Fotos der Regatta die schönsten auszuwählen. 
Und für die VELA LATINA-Segler einen Kalender über die TROFEO PISCI RE zu bauen, 
als Geschenk und in Erinnerung an ihre Gastfreundschaft.

Der Kalender LA VELA LATINA ist nun für alle lieferbar. 
Er ist mit Immerwährendem Kalendarium ausgestattet,
im Format A3 quer auf Bilderdruck-Papier gedruckt.
Und kostet € 19,95.
Einfach hier einige Seiten ansehen. Und hier bestellen.

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Menschen am Meer: Die Regatta der Lateinersegler in Sciacca.

Am Vorabend der Regatta: Quer durch den Hafen unternehmen die Segler eine „Passagiata su remi“, einen Spaziergang unter Rudern hinüber zur Figur der Madonna.

In Sciacca an Siziliens Südküste gibt es – anders als in manch anderen sizilianischen Häfen – gleich zwei Segelclubs, die hervorragende Steganlagen und Liegeplätze für Fahrtensegler anbieten. Die LEGA NAVALE und den CIRCOLO NAUTICO IL CORALLO. Und weil Maria von der LEGA NAVALE gerade keinen Platz hatte, landete ich im CIRCOLO NAUTICO. Das Leben lenkt einen manchmal schon in die richtige Richtung, und Sciacca meinte es gut mit mir.

Denn gleich am nächsten Tag machte mich Franco, der überaus aktive Club-Präsident, auf die alljährlich stattfindende Regatta von Lateiner-Seglern aufmerksam. LA VELA LATINA: Das ist das alte Lateinersegel, das bereits die Römer kannten und nutzten und das über 2.000 Jahre hinweg das Arbeitssegel des Mittelmeeres war. Ob römisches Frachtschiff oder mittelalterliche Galeere oder adriatisches Fischerboot des 19. Jahrhunderts: Alle, alle waren sie mit Lateinersegel unterwegs. Solange, bis sich nach den beiden Weltkriegen Motorantriebe durchsetzten. Zuerst das Lateinersegel verdrängten. Und dann die alten Holzboote, die die Lateinersegel trugen.

Lateinersegel: Man erkennt sie an der langen Stenge am Hauptmast. An ihr wird das Großsegel gesetzt. Und erlaubte bereits in der Antike – anders als bei viereckigen Rahsegeln – ein Aufkreuzen gegen den Wind.

In Sciacca haben sich acht Boote zur Regatta gemeldet. Die Teilnehmer kennen sich lange, und ihre Boote haben alle eine lange Geschichte. Da ist zum Beispiel Santino Marsala. Er ist 76 Jahre alt und
ist mit seinem 11jährigen Enkel Daniele von der anderen Ecke Siziliens angereist, um die Regatta mitzusegeln. Sein Boot LA ZAIRA hat er in seiner Heimatstadt Siracusa entdeckt. Eigentlich war sie ein Fischerboot gewesen. Aber weil niemand mehr die kleinen schweren Holzboote brauchte, hatte es die letzten Jahre als Fährboot gedient, in dem ein Fischer Passagiere vom Festland zur Insel Ortigia, der Altstadt von Siracusa, hinüber ruderte. Das Boot wurde gebaut, als Santino 10 Jahre alt war. Schon als kleiner Junge hatte er eine besondere Liebe zu kleinen Holzbooten. Und als er vor 35 Jahren dieses Boot entdeckte: Da war es um ihn geschehen. Er holte das verrottende Teil aus dem Wasser. Und restaurierte es über Jahre liebevoll. Bis LA ZAIRA wieder im alten Glanz erstrahlte.

Enzo Assenzo, oben auf seinem Boot beim Aufriggen zu sehen, hat eine andere Geschichte. Er ist 59, in Sciacca geboren und Buchautor wie ich auch. Mit ihm und seinem Boot IL PISCI RE begann die Geschichte der Regatta von Sciacca. „Als ich klein war, hat mich mein Vater immer ans Meer mitgenommen, Tiere beobachten“, erzählt Enzo. „Eines Tages sah ich einen kleinen, bunten Fisch, der eigentlich bei uns ‚Donzella‘ heißt. Aber mein Vater: der sagte mir in tiefem Ernst: Das sei der PISCI RE. Der König der Fischlein. Ich hab‘ das tatsächlich geglaubt.“ In Sardinien habe er alte

Die kleine Gallionsfigur im Bug von Enzo Assenzo’s PISCI RE: Der König der Fischlein.

Boote gesehen und sich für sie begeistert. Und als er eines Tages am Strand von Sciacca, halb überspült und versunken im Sand, ein Holzboot fand, hat er es zusammen mit seinem Freund Franco freigelegt. „Als ich es sah, dachte ich: DU wirst jetzt PISCI RE.“ Nach der Restaurierung hat Enzo begonnen, die Geschichte der VELA LATINA zu erforschen. Und ein Buch darüber geschrieben, das anderen VELA LATINA-Seglern in die Hände fiel, die sich bei ihm meldeten. „Sogar der italienische Staatspräsident hat sich bei uns gemeldet. Und unsere Initiative ausgezeichnet.“

 Die vom 72 jährigen Bootsbauer Franco Bonanno gebaute VICCHINGA III…

Aus der kleinen Initiative von Enzo entstand die TROFEO PISCI RE, die Regatta der Lateinersegler, die in diesem Jahr zum dritten Mal stattfindet. Mehr als um Schnelligkeit und sportliche Leistung geht es bei der TROFEO PISCI RE ums dabeisein, ums mitmachen. „Ich bin früher viel geritten“, erzählt Filippo Guaragli, Rechtsanwalt aus Palermo. „Ich habe an Turnieren teilgenommen – aber dann hat mich das alles nicht mehr interessiert“. Als ich ihn frage, was ihn denn zu seinem alten Holzboot gebracht hätte, erzählt er: „Ein altes Holzboot löst in mir das gleiche aus wie ein Pferd. Wenn ich drauf sitze, vergesse ich die Zeit. Zeit wird unbedeutend. Und: Ein Boot braucht genauso viel Aufmerksamkeit wie ein Pferd. Ständig musst Du beobachten. Aufpassen.“ Irgendwann hat er beschlossen, sein eigenes Boot zu bauen. Als es fertig war, zeigte er es Franco Bonanno. Der ist ebenfalls VELA LATINA-Segler. Und zugleich auch Mastri D’Ascia, ein Meister der alten sizilianischen Bootsbaukunst. „Franco hat nur einen Blick drauf geworfen“, erzählt der Anwalt, „‚Wirf sie ganz schnell weg‘, hat er gesagt, ’sie ist nichts anderes als ein Obstkistchen‘. Und dann haben Franco und ich ein neues Boot gebaut. Jeden Samstag kam er zu mir, ein Jahr lang. Und jetzt bin ich stolz. Und segle auf meinem selbstgebauten Boot auf der Regatta mit.“

… und die selbstgebaute NICA unter den kritischen Blicken ihres Eigners Filippo.

Und die Regatta? Die nimmt ihren gewohnten Gang. Mit weitem Abstand liegt Franco Bonanno vorne, den alle nur ‚Vicchingo‘, den Wikinger nennen. Er ist 72 und Bootsbauer in Marsala und hat das Handwerk noch von seinem Vater gelernt, wer weiß in wievielter Generation Vicchingo Bootsbauer ist. Sein Schiff, die VICCHINGA III, hat er selbst gebaut. „Hat nur einen Monat gedauert“, erzählt Vicchingo stolz. „Mein erstes Schiff hab ich gebaut, als ich neun Jahre alt war. In meinem Leben waren es sicher über 100 Boote. Das kleinste hatte fünf Meter. Das größte 30 Meter, für einen Fischer.“ Kaum jemand versteht Vicchingo, wenn er spricht. Aber alle reden mit Hochachtung von ihm, denn er baut die schnellsten Boote an der ganzen Küste. Über seinen neuesten Wurf berichteten die Zeitungen, und für die italienischen VELA LATINA-Meisterschaften, die in den kommenden Monaten ausgetragen werden, rechnen viele mit seinem Titelgewinn.

Enzo auf PISCI RE: Die beiden segeln nach ihren ganz eigenen Regatta-Regeln…

Und die TROFEO PISCI RE? Am Ende wird es sein wie im vergangenen Jahr. Vicchingo wird gewinnen. Und Enzo wird auf seiner PISCI RE letzter werden. „Aber was macht das schon?“ sagen die Anderen lachend beim gemeinsamen Abendessen. „Enzo segelt mit seiner PISCI RE eh nur, um in Ruhe zu rauchen. Und ein Glas Wein zu trinken. Und gewonnen haben wir schließlich alle, weil Enzo das mit PISCI RE gemacht hat.“

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Und weil mich die Menschen des CIRCOLO NAUTICO IL CORALLO in Sciacca sehr beeindruckt haben mit ihrer Gastfreundschaft und dem, was sie in im CIRCOLO NAUTICO alles unternehmen: 
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2.000 Fotos der Regatta die schönsten auszuwählen. 
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als Geschenk und in Erinnerung an ihre Gastfreundschaft.

Der Kalender LA VELA LATINA ist nun für alle lieferbar. 
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Teaser „Stimmen im Nebel“ – Im Zweifel für den Segelsommer

Es ist soweit! Ab heute erhaltet ihr „Im Zweifel für den Segelsommer“ in jedem Buchhandel!:-) Zur Feier des Tages habe ich noch einen kleinen Video Appetithappen für euch: Am Anfang habe ich den Götakanal ja als reinen Zweckweg gesehen. Doch meine Meinung änderte sich ja schnell Hier nun einige bewegte Bilder aus dem Götakanal um euch dessen Faszination nahezubringen.

Und danach alle brav zum Buchhandel!:-)

Im Zweifel für den Segelsommer

Es ist noch gar nicht so lange her, da hat Max (Leßner) uns im „segel-filme Hauptquartier“ besucht.

Wir sprachen über seine Ostsee Runde, auf der er mit seiner Sirius 26 den nördlichsten, östlichsten, südlichsten und westlichsten Punkt der Ostsee besucht hat. Er erzählte von seinem Vorhaben, ein Buch über den Törn zu schreiben und für uns viel wichtiger ;-) einen Film darüber zu produzieren. Denn das Filmmaterial, das wir gesehen haben, verspricht eine Menge.

Das Buch ist fertig und kann auf nonsuchsailing.com/das-buch bestellt werden. Der Film kommt im Laufe diesen Winters. Aber einen immerhin gut 12minütigen Appetitmacher gibt es schon mal vorab.

 

 

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Einhand um Sizilien. Im Gewitter.

Sciacca, an der Südküste Siziliens gelegen, sollte auf meiner Reise zu einem besonderen Highlight werden.

Aber davon ahnte ich nichts, als ich am Morgen den Hafen von Porto Empedocle verließ und gen Nordwesten motorte. Der Tag hielt anderes für mich bereit.

Er begann mit schwachem Wind. Erst am späten Nachmittag gewann er an Kraft und ließ sich blicken. Aber er kam nicht allein: Am Nachmittag zeigten sich über der nahen Küste im Norden Gewitterwolken. Es begann harmlos. Das Gewitter stand nordnordöstlich von uns, bei vorherrschendem Nordwest sollte es also einfach nördlich an uns vorbeiziehen.

Tat es aber nicht. Es blieb zuerst, wo es war. Und erfreulicherweise nahm der Wind weiter zu, drehte jetzt und kam aus dem Gewitter heraus. Halber Wind also. Und schnelle Fahrt. Das wichtigste am Gewitter ist immer wieder, Klarheit über seine Zugbahn zu bekommen. Wohin zieht es? Liegen wir „genau auf dem Weg“? Oder zieht es an uns vorbei? Oder hat das alles gar nichts mit uns zu tun? Weil das Gewitter fernab seiner Wege geht.

Um das zu bestimmen, gibt es verschiedene Methoden:

1. Das Gewitter beobachten.
2. Im Internet verfolgen, in welcher Richtung sich das Gewitter entwickelt.

Wir hatten dazu in unserem Buch „Gewittersegeln“ verschiedene Webseiten vorgestellt, die in Echtzeit die Blitzentwicklung darstellen. Anhand der Echtzeit-Darstellung erkennt man am unterschiedlichen „Alter“ der Blitze, wo ein Gewitter entsteht. Wohin es gerade zieht.

Mein Rätselraten, wohin das Gewitter zog, hatte nach einem Blick ins Internet also ein Ende. Es bewegte sich – erstaunlicherweise – nicht mit dem Wind von Nordwest, sondern genau in entgegengesetzter Richtung. Von Südost nach Westnordwest – und damit im spitzen Winkel genau auf uns zu. Irgendwo dort vorne, 10 oder 20 Kilometer weiter, bei dem Ort Sciacca, würde es entweder vor uns durchgehen. Oder uns erreichen.

Ich beschloss, alles auszureffen, um mal zu sehen: Wer kommt schneller an in im Hafen von Sciacca: Das Gewitter? Oder LEVJE und ich?

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Was wirklich im Gewitter passiert – 
Herausgegeben vom Autor von Mare Piu: 



40 Segler berichten ihre Erfahrungen.
In 8 Revieren.
Auf 272 Seiten.
Mit über 100 Fotos.
Mit mehr als 100 Learnings über richtiges Verhalten im Gewitter.

Live-Interview im hessischen Rundfunk ansehen?

 Hier den Mitschnitt sehen.

Weiterlesen über Gewitter hier auf MARE PIU: 
Ist es gefährlich, im Gewitter zu segeln? Hier.

     Mehr erfahren? Bestellen und als eBook lesen: Hier!

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Im Buch Gewittersegeln haben wir dargestellt, dass man Gewitter nicht „umsegeln“ kann. Und kurz gesagt: Einem Gewitter „davonsegeln“ klappt auch nicht. Es zieht schneller, als wir segeln. Vorausgesetzt, es entwickelt sich nicht (was gelegentlich vorkommt) orografisch über einem bestimmten Punkt, einem hohen Berg. Oder einem Gebirgszug. Und bleibt dort stehen einen ganzen Nachmittag, bis es zur vollen „Blüte“ kommt.

Mein Gewitter tat derlei nicht. Es zog gemächlich weiter in spitzem Winkel zu unserem Kurs. Der Wind nahm zu, aber da er genau von querab kam, aus dem Gewitter heraus wehte, war es herrliches Segeln.

Noch eineinhalb Stunden bis Sciacca.
10 Seemeilen. Der Himmel wurde im Norden düsterer, das dunkle Bleigrau breitete sich immer weiter aus am Nordhimmel, wo es doch vorher nur einen Viertel des Himmels über der Küste eingenommen hatte. Kein gutes Zeichen. LEVJE spurtete, auf der Seite liegend, durch die kleinen Wellen dem Hafen von Sciacca zu.

Noch eine Stunde bis Sciacca.
Sechs Seemeilen. Der Wind, der heraus wehte aus dem Gewitter, hatte jetzt auf 5- 6 bft. zugenommen. Er wehte aber stabil und sehr beständig aus dem Unwetter heraus. Seine Temperatur hatte abgenommen, der Himmel nördlich und nordwestlich von mir hatte von hellem graublau in dunkles Bleiblaugrau gewechselt. Weder sah noch hörte ich Blitze, was mir Mut machte, dass es so schlimm nicht werden würde. Natürlich beschäftigte mich bei diesem Spielchen die Frage: Wann müsste ich reffen? Wann könnte ich es mir zeitlich leisten, zu reffen?

Es war wie eine Regatta. Nur keine Zeit verschwenden mit Korrekturen der Segelfläche. Lieber mit voller Lage und hohem Ruderdruck weiterpreschen auf Sciacca zu, denn fünf Minuten Zeitverlust wegen Reffen könnten dafür sorgen, dass ich meinen Anleger im Hafen im Platzregen fahren würde. Oder wegen einsetzenden Starkregens und schlechter Sicht gar nicht den Hafen ansteuern und das Gewitter vor dem Hafen kreuzend abwettern müsste. Ich entschied mich dafür, obwohl zu viel Tuch drauf war, vorerst nicht zu reffen. Aber ich müsste höllisch aufpassen, um frühzeitig auf dem Wasser im Norden und Voraus die ersten Gewitterböen zu erkennen. Und in ihrer Stärke richtig einzuschätzen. Und genau im richtigen Moment die Segelfläche zu kürzen. Oder die Segel ganz einzuholen. Die Regatta gegen das Gewitter ging also weiter.

Eine halbe Stunde bis Sciacca.
Das Gewitter war nun ganz nah und bedeckte den Himmel nördlich von uns vollständig. Ich war noch etwa zwei, drei Seemeilen von der Küste entfernt – die richtige Distanz, damit der Wind keine Welle aufbauen konnte. Blitze sah ich keine,  Donner war nicht zu hören – was trügerisch war. Denn im Internet sah ich, wie sich „jüngere“ Blitze weiter Richtung Sciacca entwickelten und Kurs darauf zu hielten. Genau wie LEVJE und ich. Der schwarze Himmel war jetzt ganz nah. Ich beobachtete das Wetter unablässig, ich schenkte der dunklen Front mehr Aufmerksamkeit als Segel und Boot. Ein erstes Warnzeichen: Ein kurzer Schlauch, der genau nördlich aus einer dunklen Wolke zu ragen begann, Wolkenfetzen, die um den Stummelschlauch aus der Wolke herumwehten. Eine Windhose in der Entstehung? Ich wartete drauf, wie sich der Schlauch, das Kreiseln weiter entwickeln würde; ob der Rüssel sich bis zur Wasseroberfläche aufbauen würde. Aber das Kreiseln um den Schlauch verebte, plötzlich war der Rüssel weg. Und nur noch seine Mutter, die grauschwarze Wolke war da.

Die Distanz zur Gewitterfront war jetzt nur noch gering – es ist immer schlecht zu schätzen, wie groß die Distanz denn nun wirklich exakt ist. Nordwestlich vor mir ein kleines Schiff, das kleine, weiße Boot eines Fischers, verloren in der Weite, das ebenfalls auf die Hafeneinfahrt von Sciacca zustrebte, allerdings eng unter der Küste. Plötzlich – gerade eine Viertelstunde vor der Hafeneinfahrt – aufgeworfene Schaumkronen zwischen dem kleinen Fischer und mir, ein Moment, in dem ich ihn aus den Augen verlor, weil ich mich auf die Windböen konzentrierte, die nun von Norden – finalmente – heranrollten. Zeit, endlich den Bug in den Wind zu stellen. Zeit, blitzschnell alle Schoten und Fallen loszuwerfen. Zeit, zuerst die knatternde Genua, dann das Groß zu bergen. Zeit, sich geschlagen zu geben. Im Rennen mit dem Gewitter zum Hafen von Sciacca.

Denn die Regatta gegen das Gewitter: Die hatte ich verloren. Es begann, über dem Hafen von Sciacca zu regnen, ich sah die Blitze voraus im Westen. Das Gewitter: es hatte die Ziellinie als erstes und eine Viertelstunde vor mir passiert. Ich hielt den Bug einige Zeit im Wind, motorte mit langsamer Fahrt. Und lief im regennassen Sciacca eine halbe Stunde später ein. Glück gehabt.

Ich geh‘ segeln – Offizielles Video

Hier ist es nun endlich…das erste offizielle Video zum Song „Ich geh‘ segeln“. Zusammen mit einem „Making Of“ des Songs welches die Entstehung des Titels ein wenig begleitet.

Viel Spaß beim Anschauen!

Ich geh‘ segeln – Offizielles Video

Making Of „Ich geh‘ segeln“

Kochen an Bord: Trennkost mal anders

Ein neues Rezept, perfekt für den Bordgebrauch. Die Saison neigt sich dem Ende zu und da müssen die Reste weg. Dazu zählen halt auch die Gemüsekonserven, die ich eigentlich nicht gebraucht habe. Eigentlich ist das hier kein großartig kompliziertes Rezept und sehr einfach zuzubereiten. Und gerade bei den einfachen Ideen zur Resteverwertung oder um was ganz Schnelles auf dem Tisch zu bekommen, kommt man ja manchmal ins Schleudern. Die Zutaten bekommt man wieder überall, die Füllung ist beliebig austauschbar und die Reste können auf See am nächsten Tag prima verwertet werden. Also eigentlich wieder alle meine Kriterien erfüllt.

Die Rede ist von Weizentortillas mit einer mexikanisch angehauchten Hack-Mais-Käsefüllung. Und wenn man darauf keine Lust hat, oder der dänische Supermarkt gerade leider keine gefräste Kuh im Angebot hat, könnte man sich ja zum Beispiel auch ne Chicken Ceasar Füllung basteln. Oder doch vegetarisch? Der Fantasie sind jedenfalls keine Grenzen gesetzt. Die Tortillas mache ich an Bord allerdings nicht selber. Das wäre dann doch etwas zu aufwendig. Fertige Tortillas halten sich ohne Kühlung viele Monate und eignen sich an Bord hervorragend zur Resteverwertung mit Stil. Also, los gehts:

Zutaten (2 Personen):

4 Weizentortillas
1 ganze Hühnerbrust
2 kl. Schalotten oder 1 Zwiebel
1-2 Knoblauchzehen
4 Tomaten
1 Paprika
ca. 150g Salat
100g Käse (z.B. geriebener Emmentaler)
1 Mozzarella
200g Salsa
Limone
gemahlener Koriander
gemahlener Kreuzkümmel
Paprikapulver
ggf. gemahlene Chilis
Pflanzenöl
Etwas Butter
Etwas Zucker
Salz Pfeffer
Balsamico

P1100278

Zubereitung, ca. 20 Min

1.Zwiebeln und Knoblauchzehen in kleine Würfel hacken, die Paprika in feine Streifen schneiden und die Tomaten ebenfalls separat würfeln.

P1100280

2. Die Hühnerbrust waschen und ebenfalls in etwa 2cm große Stücken schneiden.

3. Nun eine Marinade aus 2 Esslöffeln Pflanzenöl, 1 Esslöffel Kreuzkümmel, 1 Esslöffel Paprikapulver, 1 Esslöffel gemahlenem Koriander, einem halben Esslöffel Zucker und einer halben ausgepressten Limette (die andere Hälfte lässt sich super zu Cuba Lieber verwursten;) ) anrühren. Das Ganze je nach persönlichem Geschmack mit Salz, Pfeffer und gemahlenen Chilis schärfen und würzen. Anschließend die Zwiebeln, Paprika und das Hühnchen in der Marinade durchrühren.

4. Alles zusammen in der Pfanne etwa 10 min. mit etwas Butter anbraten. Den Salat waschen, klein zupfen und den Mozzarella in kleine Würfel schneiden. Anschließend alles zusammen mit dem geriebenen durchmixen.

5. Nun kommt die Trennkost ins Spiel. Für die Männer wird jetzt zu gleichen Teil die Hühnchenpfanne und die Salatmischung in einen Wraptortilla gegeben und gerollt. Alternativ gehen natürlich auch Brötchen, Pitataschen oder Ähnliches. Für die Damen und Figurbewussten lässt sich das Ganze jetzt auch einfach als Salat anrichten. Jetzt noch passende Getränke und einen Sonnenuntergang dazu, dann ist jeder glücklich. Wohl bekommt! ;)

 

Guten Appetit! Auf den Koch und den Skipper, den Abspüler und die klugen Ratschlaggeber am Niedergang! ;)

 

 

Viel Spaß beim Nachkochen!

Unwetter, Stillstand und der VNF – Teil 3

Nico und die White HeavenWas treibt der VNF eigentlich, wenn Stillstand herrscht? Wer sich das, so wie ich, auch schon mal gefragt hat, bekommt heute eine Teilantwort, wenn auch aus Jugendschutzgründen sehr zurückhaltend und verschachtelt formuliert.
Ich würde diese Geschichte selbst nicht glauben, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte. Aber ihr müsst nicht denken, dass die Schleusenmeister jetzt, wo Stillstand herrscht, die Zeit nutzen, um mal ein bisschen was an den vergammelten Dingern zu machen!? Die machen an ganz anderen Dingern was ganz anderes!
Als ich mit dem Fahrrad in Sichtweite dieser abgelegenen Schleuse kam, habe ich mich zunächst erschrocken, denn ich dachte im ersten Moment ernsthaft, dass dort in der Ferne ein Unfall passiert ist und sich jemand vor Schmerzen auf der frisch gemähten Wiese wälzt. Als ich näher kam, konnte ich erkennen, dass es zwei Personen waren. Jetzt dachte ich an einen Kampf…
Es war natürlich kein Kampf. Die beiden Turteltäubchen hatten ziemlich viel Spaß.
Ich fand es zunächst eigentlich auch ganz Ok. Hey, ich meine, das ist Frankreich. Es ist Sommer, die Hormone spielen verrückt und die Schleuse war abgelegen.
An dieser Szene gab es nur zwei Kleinigkeiten, die mich ein wenig gestört haben: Die vergammelte Schleuse und sein T-Shirt mit den drei großen Buchstaben!
Falls jetzt der Gedanke an Mittagspause aufkommen sollte: NEIN, die war bereits lange vorbei!

Aber ich will mal froh sein, dass der VNF überhaupt etwas unternimmt, um den Erdrutsch zu beseitigen. Nur Samstags nicht und am Sonntag verständlicherweise nicht und zwischen 12 und 14 Uhr auch nicht und in der zweiten Woche auch am Freitag nicht und wegen der EM nicht so richtig und…
Naja, ich kann ja gut verstehen, dass der eine Mensch, der den Bagger bedient und der andere Mensch, der den Lkw fährt auch mal Pause machen wollen und ein Wochenende zum erholen brauchen, aber mal ehrlich, hier steht seit über zwei Wochen nahezu die gesamte Schifffahrt auf dem Rhein-Rhone-Kanal! Einhundertzwölf Schleusen werden kaum noch bewegt! Die Schiffe liegen bis in die Saone runter nach Macon im Hafen und warten! In Richtung Rhein sieht es nicht besser aus. In den Schleusen verrecken die Karpfen und die Restaurantbesitzer zwischen Rhein und Rhone jammern, weil die Kundschaft fehlt! Es ist Hauptsaison und die Leute haben ihre Boote zum Teil verlassen und sind nach Hause. Stillstand!
Und während alles steht, beschäftigt der VNF einen Baggerfahrer und einen Lkw-Fahrer mit einem der schlimmsten Unglücksfälle des Kanals. Besonders „effektiv“ ist vor allem der eine Lkw. Ihr könnt euch denken was der Bagger in der halben Stunde macht, die der Lkw braucht um den Aushub weg zu fahren und zurück zu sein…
Ich würde am liebsten noch mehr von dem erzählen, was ich im Laufe der Zeit hier mitbekommen habe. Aber manches würde man ohnehin kaum glauben können und an anderem könnte ich mir die Finger verbrennen, so lange ich noch in Frankreich bin.

Deshalb jetzt ein Schwenk zum erfreulichen Teil.

Michael hat es einen Tag nach unseren erfolglosen Versuchen doch geschafft einen Schleusenmeister zur kurzzeitigen Öffnung des Sperrtores in Baume-les-Dames zu bewegen. Ich glaube, er wollte auch den schönen Ort Clerval besuchen…
Jedenfalls bin ich sofort los, als mich die Nachricht erreichte. Habe einen Rucksack mit Proviant und Rettungsweste gepackt und das Faltrad, das ich übrigens erst in Macon in einem Decathlon gekauft hatte, startklar gemacht.
Dann ging es los. Fünfzehn Kilometer bin ich geradelt, um Michael wenigstens die Hälfte der Strecke ein wenig zu unterstützen.
In Clerval habe ich auf ihn gewartet. Als er schließlich dort ankam, musste er „leider“ gleich weiter, denn der Anleger war ja nach wie vor gesperrt. Wie wir später erfahren haben, im übrigen bereits seit vielen Jahren! So lange liegen auch die Fingerstege schon neben dem Gebäude der Feuerwehr und sollen repariert werden, aber das ist eine andere Geschichte.

White Heaven kurz vor Clerval
Jedenfalls bin ich in der Schleuse hinter Clerval an Bord und durfte auf der folgenden Strecke auch mal die White Heaven fahren. War eine schöne Tour und hat sehr viel Spaß gemacht.

White Heaven auf dem Doubs Cockpit-Perspektive

Wir waren am späten Nachmittag in L’Isle-sur-le-Doubs. Eckhard und Annemarie standen da auch schon am Hafen und haben uns begrüßt.
Nachdem die Leinen fest waren, hat es nicht lange gedauert, bis der VNF um die Ecke kam. Die Mitarbeiterin bekam fast Schnappatmung, als sie das Schiff gesehen hat.

Eos und White Heaven in L'Isle-sur-le-Doubs
Dann haben wir uns hier eingerichtet.
Ich bin in den folgenden Tagen mehrmals täglich zur Unfallstelle geradelt, um den Fortschritt zu dokumentieren. Mittlerweile sind die Baggerarbeiten auch abgeschlossen. Die Strecke bleibt trotzdem gesperrt, denn es gibt ein weiteres Problem in Schleuse 19, wie sich vor kurzem herausgestellt hat. Dort wird nun seit heute auch gearbeitet. Wann es weiter geht, ist also immer noch nicht klar. Der VNF macht zwar Angaben zur Öffnung der Passage, hängt aber jedes mal ein „vielleicht“ hinten dran. Deshalb gebe ich diese Schätzungen hier auch nicht wieder. Also abwarten…

Zum Schluß noch eine Panorama-Fotoserie der Räumungsarbeiten an der Unglücksstelle (Jeden Tag ein Foto):

Erdrutsch 2016-06-30 Erdrutsch 2016-07-02 Erdrutsch 2016-07-03 Erdrutsch 2016-07-04 Erdrutsch 2016-07-05 Erdrutsch 2016-07-06 Erdrutsch 2016-07-07 Erdrutsch 2016-07-08 Erdrutsch 2016-07-09 Erdrutsch 2016-07-10 Erdrutsch 2016-07-11 Erdrutsch 2016-07-12

Senheim: Skippertreffen trotz Regenschauer voller Erfolg

Senheim/Mosel: Trotz Regenschauer sind am 02. Juli 2016 zahlreiche Gäste der Einladung der Ortsgemeinde Senheim zum 4. Skippertreffen in den Yachthafen Senheim gefolgt. Pünktlich um 11 Uhr wurde die Veranstaltung durch den Ortsbürgermeister Lothar Stenz eröffnert.

Senheim Skippertreffen 2016

Auch die Regenschauer am Veranstaltungstag konnten die zahlreichen Besucher nicht abschrecken.

Neben der Weinkönigin Verena mit ihren beiden Prinzessinnen Maike und Sabrina überbrachte auch der ADAC Mittelrhein, vertreten durch Jürgen Joras, einige Grußworte und betonte dabei, wie stolz er ist, den Yachthafen Senheim als Stützpunkthafen des ADAC zu wissen.

Eröffnung Skippertreffen Senheim

Ortsbürgermeister Jürgen Stenz bei der Eröffnung des Skippertreffens, unterstütz durch Weinkönigin Verena mit ihren beiden Prinzessinnen Maike und Sabrina.

Auch wenn einige Bootsfreunde aufgrund des hohen Wasserstandes der Mosel in den vergangenen Wochen nicht mit dem Boot anreisen konnten, waren zahlreiche Skipper und Gäste im Yachthafen versammelt und ließen sich auch von den Regenschauern nicht abschrecken.

Nach einem ersten Austausch, begleitet von Sekt und einem Imbiss, genossen die Gäste das Angebot rund um das zeitgleich stattfindende Weinfest. Nicht nur für die Skipper, sondern auch für die angereisten Schlepperfahrer mit ihren Traktoren und allen anderen Gäste gab es ein facettenreiches Rahmenprogramm.

 

Unwetter, Stillstand und der VNF – Teil 2

Mit dem Fahrrad auf dem Weg zum ErdrutschZwei Nächte bleibe ich mit Eos an der Schleuse liegen, bevor der Pegel endlich wieder fällt und der VNF die Schifffahrt auf dem Doubs freigibt. Aber es dauert an diesem 27. Juni bis zum Nachmittag, bevor sich der Verwaltungsapparat in Bewegung gesetzt und den „grünen Knopf“ gedrückt hat.
Während dieser Wartephase begegne ich ihr zum ersten Mal. Sie, die Schleusenmeisterin, gegen die ich vermutlich im Armdrücken verlieren würde, macht mir unmissverständlich, aber eigentlich grundlos klar, wer hier an dieser Schleuse der Boss ist. Revier markiert, ich dackel ab und warte. Und warte… und warte…
Sie macht Mittagspause…

In der Zwischenzeit treffe ich den Schleusenmeister, der (Achtung) das Schleusenhaus an dieser Schleuse bewohnt, aber für eine andere Schleuse zuständig ist und frage ihn, weil er im Gegensatz zu seiner Kollegin Englisch spricht, ob er denn wüsste, wann es weiter geht. Kurze Antwort: „Nein“
Meine nächste Frage: „Wissen sie etwas von einer zweiwöchigen Sperrung des Kanals in L’Isle-sur-le-Doubs?“
Seine Antwort war eine Gegenfrage: „Wer behauptet denn so etwas!?“
Ich: „Das hat mir ihre Kollegin erzählt.“
Er: „Also, wenn hier um die Ecke der Kanal für zwei Wochen gesperrt wäre, dann wüsste ich das! Da müsste schon ein Schleusentor brechen oder etwas schlimmeres passieren, damit hier zwei Wochen nichts mehr geht. Glauben sie so einen Unfug nicht!“

Ich bin beruhigt und warte weiter. Irgendwann kommt Sie wieder, schaltet die Anlage ein, sagt mir kurz bescheid und ist weg. Ich sprinte mit Eos los. Den Bukh hatte ich da bereits auf Betriebstemperatur vorgehalten. Man weiß ja nie.
Also hoch mit Eos, raus aus der Schleuse und mit Vollgas den immer noch stark strömenden Doubs stromaufwärts schleichen. Dann die nächste Schleuse. Läuft problemlos. Anschließend nur noch eine weitere Schleuse und ich wäre im Kanal. Aber sie funktioniert nicht!
Also festmachen am Warteponton, hoch laufen… Kennt ihr ja mittlerweile.
Nach einer Weile taucht hinter mir ein anderes Schiff auf. Zu groß, um an Eos längsseits festzumachen. Also laufe ich wieder nach oben, um dem VNF zu sagen, dass mittlerweile zwei Schiffe im Fluß warten. Man erzählt mir wieder etwas von „Twenty Minutes“. Wie immer. Beim VNF dauert alles „Twenty Minutes“!
Als ich wieder zurück beim Boot bin, fährt die Motoryacht an mir vorbei und macht in der Schleuse fest. Macht Sinn. Am Heck lese ich den Heimathafen: Düsseldorf.
Ja Hallo, jemand aus der Heimat. Also laufe ich wieder nach oben zur Schleuse und komme mit Silke & Michael ins Gespräch. Wir tauschen uns kurz über die Schleusenkammer aus und die beiden probieren ein paar Tricks. Irgendwann funktioniert die Anlage wieder. Ich fahre allerdings nicht mit Eos hinein, sondern lass die beiden alleine nach oben. In der Zwischenzeit ist Sie auch da. Die Schleusenmeisterin, die ich bereits kenne. Viel Palaver. Ich lass sie stehen und geh zurück zum Boot.
Irgendwann ist dann auch Eos oben und nach einem kurzen Stück im Kanal bin ich neben der „White Heaven“ von Silke & Michael fest.

Eos in Baume-les-DamesEs folgt ein Nachmittag mit vielen Gesprächen vor Ort. So langsam werden aus Gerüchten Tatsachen, später dominieren wieder die Gerüchte. Ich telefoniere, höre mich um und verlege Eos am Abend schließlich in eine ruhigere Ecke, an das hintere Ende dieses Stadtanlegers in Baume-les-Dames.
Es gab tatsächlich einen Erdrutsch im Kanal vor mir und es ist Fakt, dass es eine ganze Weile dauern wird, bis es weiter geht.

Ich bin ziemlich traurig an diesem Abend. Kann es kaum noch fassen, wie unmöglich dieser Weg wird, umso weiter ich fahre und frage mich, ob ich hier richtig bin. Ist es vielleicht das, was ich hier oben, so kurz vor der Scheitelhaltung finden sollte? Die Erkenntnis, dass Eos hier nicht hin gehört?
Ich werde das Gefühl nicht los, das umso näher ich dem Gipfelpunkt der Reise komme, umso mehr irgendetwas versucht, mich davon abzuhalten.
Hätte ich doch besser zurück segeln sollen?

Am nächsten Tag dann mehr Gerüchte als Tatsachen. Es kursieren Zeitangaben zur Sperrung zwischen 2 Wochen und 3 Monaten. Beim VNF weiß auch keiner richtig bescheid. Nur eins ist klar: Das Sperrtor zur nächsten Passage ist geschlossen, die Anlage abgeschaltet.

Also denke ich über einen Rückzug mit anschließendem Umweg über andere Kanäle nach. Bevor ich allerdings eine Entscheidung treffe, wollte ich wenigstens wissen, wo der Kanal genau gesperrt ist und ob an der Unglücksstelle gearbeitet wird. Da vom VNF auch am folgenden Tage kaum verlässliche Infos zu bekommen sind, bin ich am 30. Juni mit einem Rad vom örtlichen Fahrradverleih selbst dorthin gefahren. Was anderes als Fahrräder gibt’s hier nicht. Kein Bus, kein Mietwagen, Roller oder Motorrad. Zug wäre noch möglich gewesen, aber von dem hat mir die Mitarbeiterin im Tourismusbüro abgeraten, wegen Ausfällen und der zerstörten Bahntrasse. Also das Rad, war mir sowieso am liebsten…
85 Kilometer standen am Abend auf dem „Tacho“ und ich war platt! Habe ja hier keine Kondition mehr. Michael ist mit seinem Elektrorad auch mitgefahren und auf dem Rückweg musste er ab und zu auf mich warten. Mein Muskel-Akku war da bereits kurz vor Brennschluss, während er noch einen zweiten Lithium-Akku dabei hatte.

Erdrutsch in L'Isle-sur-le-Doubs
Die Unglücksstelle sah leider sehr bescheiden aus und ist schwer zugänglich. Wenn man das Foto sieht, könnte man meinen, es wäre nicht so schlimm, tatsächlich ist aber der Kanal auf 50m Länge so mit Geröll zugeschüttet und so flach, das man mit Gummistiefeln von der einen zur anderen Seite gehen könnte.
Aber ein Bagger auf einem Ponton und ein Lkw standen immerhin schon bereit. Die ersten Bäume waren auch bereits geborgen und zerlegt.
Im Hafen vor der Unglücksstelle war Platz. Hier waren nur zwei Dauerlieger festgemacht. Also habe ich mich für Weiterfahren entschieden und einen Tag später den VNF dazu gebracht, das Tor in Baume-les-Dames kurz für Eos zu öffnen und mich in den eigentlich gesperrten Bereich zu lassen.
Es war eine lange Diskussion und es hat auch nur geklappt, weil ich nicht alles erzählt habe. Geschwindelt habe ich auch nicht, denn ich wollte ja wirklich den schönen Ort Clerval besuchen, zumindest kurz. Ganz kurz. Und da ich wegen der Radtour entlang der Strecke wusste, dass alle Schleusen innerhalb des gesperrten Bereichs in Betrieb waren hatte ich die Hoffnung, dass es vielleicht klappen könnte.
Die ersten Schleusen funktionieren auch problemlos. Als ich schließlich in Clerval bin und mit meiner Fernbedienung die Anlage hinter dem Ort aktiviert habe, da hatte ich allerdings ein wenig bammel, dass man mich an der Schleuse danach stoppen könnte. Eine Ausrede hatte ich aber auch schon parat, denn der Stadtanleger in Clerval war ja offiziell gesperrt. Das wusste nur der VNF in Baume-les-Dames nicht…

Jedenfalls war Eos an diesem Abend 14 Schleusen weiter. Leinen fest in L’Isle-sur-le-Doubs. Tagesziel erreicht. Es gab vor Ort nur ein wenig Gefuchtel mit dem erhobenen VNF Zeigefinger, mehr nicht.
Yeah!!!

Eos in L'Isle-sur-le-Doubs
Kaum sind die Leinen fest, kommt jemand vorbei und sagt nicht Bonjour, sondern Hallo. Eckhard steht neben mir und fragt mich nach dem Woher und Wohin. Eckhard ist jemand, den man im ersten Moment für den liebenswürdigen Hausmeister von nebenan halten könnte. Einer, der nicht viel quatscht, sondern macht. Auch mit über Siebzig hat er fast jeden Tag den Arbeitsanzug an und ist in Aktion. Erst nach und nach erfährt man, wer Eckhard wirklich ist. Er erzählt mir von den Jura-Vipern in dieser Region, die in der Lage sind einen Menschen zu töten, wenn man nicht aufpasst. Das kommt zwar nur noch selten vor, aber diese Schlangen sind durchaus gefährlich. Davon lese ich dann auch nochmal zwei Tage später in einem Buch, das mir Michael in die Hand drückt. Auch in diesem Buch findet man etwas über Eckhard.
Später erfahre ich dann noch ganz nebenbei vom Master of Science in Mathematik und Physik, der Zeit als Pilot bei der Luftwaffe der Bundeswehr, der genauesten mechanischen Kirchturmuhr in Südfrankreich und noch viel mehr. Eine Lebensgeschichte, über die man ein Buch schreiben könnte. Allein die Sache mit der Transall und den beiden MiG-17… Leute, Leute…

Mit Eckhard am Sperrtor in Baume-les-Dames
Aber bleiben wir in der Gegenwart, Eckhard betreibt zusammen mit seiner Frau Annemarie das Hotel „Maison au canal“ hier in L’Isle-sur-le-Doubs. Es liegt direkt am Kanal, kurz vor der Schleuse. Also gegenüber von Eos. Ich habe das Glück, dass ich über Eckhards Router per Wifi ins Internet darf und liege nur knapp 2 Kilometer vor der Baustelle am Kanal. Jetzt bin ich optimal mit Infos versorgt.

Ich erzähle Eckhard natürlich auch von den Problemen mit dem VNF und der Idee, die White Heaven von Michael so schnell wie möglich hier her zu holen. Also bietet er mir am nächsten Tag an, mich zurück nach Baume-les-Dames zu fahren. Ich will Michael bei der Aktion helfen, da seine Frau Silke in den ohnehin geplanten Heimaturlaub ist und er das 15 Meter lange Schiff noch nicht Einhand geschleust hat.
Ich gebe Michael bescheid, schonmal alles vorzubereiten und bin gegen Mittag wieder im letzten Hafen. Das Gespräch mit dem VNF führt Eckhard für uns. Er spricht perfekt Französisch. Die Gegenseite klingt ein wenig überrumpelt und will so gleich einen Schleusenmeister vorbei schicken. „Twenty Minutes“!
Also legen wir den Bügel, damit die White Heaven durch die Brücken passt und machen die Leinen los. Michael fährt sein Schiff bis zum Sperrtor und wir warten. Twenty Minutes, dreißig Minuten, vierzig Minuten. Nichts passiert. Also setzt er mich am Tor ab und ich fange am Telefonkasten eine lange Diskussion mit dem VNF an. Ergebnis: Verwirrung, Gelaber, falsche Behauptungen!
Wir setzen zurück, machen wieder fest, kontaktieren Eckhard, der schon wieder mit dem Auto auf dem Rückweg ist. Er will nochmal beim VNF anfragen. Es vergeht Zeit. Irgendwann kommt von Eckhard die Info, dass der VNF nach der Mittagspause einen Schleusenmeister vorbei schickt, um das Tor zu öffnen.
Die Mittagspause ist lang. Sehr lang. Und dann sehen wir endlich das Auto vom VNF. Als ich erkenne wer aussteigt, sacke ich innerlich zusammen. Sie ist es!
Ich versuche es zunächst ganz sachlich, sogar auf Französisch (ja, so langsam wird’s). Aber gegen Sie habe ich keine Chance. Irgendwann wird sie laut, ich auch, jetzt driftet das Gespräch langsam ab in Richtung Spanisch. Wir trennen uns in etwa so:
Ich: „Das Schiff fährt nach L’Isle-sur-le-Doubs und zwar heute!!!“
Sie: „Das Schiff bleibt hier und zwar drei Wochen!!!“

Ich dackel wieder ab. Es ist klar, wer hier der Boss ist.

Michael und ich entwickeln noch eine Strategie für den nächsten Tag, trinken eine Cola, dann mache ich mich auf den Fußweg zum Bahnhof. Dort schaue ich auf den Plan und sehe, dass der Zug in zwei Minuten fährt! Ich buche panikartig durch gefühlte 23 Untermenüs in Französisch an einem Ticketautomaten eine Fahrkarte nach L’Isle-sur-le-Doubs und bin stolz wie Oskar. Ja, es wird wirklich, ist aber in diesem Einzelfall vermutlich dem Adrenalin zu verdanken.
Danach warte ich. Es kommt kein Zug. Dann finde ich den Ersatzplan und bin froh, dass bald ein Zug kommt. Dann finde ich den Ausnahmeplan für den 3. Juli für den Ersatzplan der Woche vom… Ach lassen wir das. Es gab jedenfalls wirklich einen Ersatzplan vom Ersatzplan und demnach fährt erst heute Abend wieder ein Zug, allerdings nur bis Clerval. Von dort aus soll dann ein Bus eine Sonderfahrt machen.
Clerval… Wollte ich ja sowieso besuchen…

Fahrkarte gebucht! Komme ich heute noch zurück zu Eos?

Naja, ich bin dann zunächst zurück zur White Heaven. Dort haben Michael und ich etwa eine Stunde lang zusammen über den VNF geflucht. Dann wieder zurück zum Bahnhof, Zug bekommen, Bus in Clerval bekommen.
Eckhard kam mir kurz vorm Hafen zufällig entgegen, hat mich fragend angeschaut und am Ende die Hände überm Kopf zusammen geschlagen.

Wie es Michael gelungen ist sich einen Tag später durch das Sperrtor zu mogeln, warum ich dann doch noch die White Heaven gefahren bin und was so manch ein Schleusenmeister treibt, wenn gerade Stillstand herrscht, erfahrt ihr wahrscheinlich im nächsten Beitrag.

Bis dahin könnt ihr ja mal bei Silke & Michael vorbei schauen: Ferienaufdemwasser.eu

Einhand um Sizilien. Im Gewitter.

Sciacca, an der Südküste Siziliens gelegen, sollte auf meiner Reise zu einem besonderen Highlight werden.

Aber davon ahnte ich nichts, als ich am Morgen den Hafen von Porto Empedocle verließ und gen Nordwesten motorte. Der Tag hielt anderes für mich bereit.

Er begann mit schwachem Wind. Erst am späten Nachmittag gewann er an Kraft und ließ sich blicken. Aber er kam nicht allein: Am Nachmittag zeigten sich über der nahen Küste im Norden Gewitterwolken. Es begann harmlos. Das Gewitter stand nordnordöstlich von uns, bei vorherrschendem Nordwest sollte es also einfach nördlich an uns vorbeiziehen.

Tat es aber nicht. Es blieb zuerst, wo es war. Und erfreulicherweise nahm der Wind weiter zu, drehte jetzt und kam aus dem Gewitter heraus. Halber Wind also. Und schnelle Fahrt. Das wichtigste am Gewitter ist immer wieder, Klarheit über seine Zugbahn zu bekommen. Wohin zieht es? Liegen wir „genau auf dem Weg“? Oder zieht es an uns vorbei? Oder hat das alles gar nichts mit uns zu tun? Weil das Gewitter fernab seiner Wege geht.

Um das zu bestimmen, gibt es verschiedene Methoden:

1. Das Gewitter beobachten.
2. Im Internet verfolgen, in welcher Richtung sich das Gewitter entwickelt.

Wir hatten dazu in unserem Buch „Gewittersegeln“ verschiedene Webseiten vorgestellt, die in Echtzeit die Blitzentwicklung darstellen. Anhand der Echtzeit-Darstellung erkennt man am unterschiedlichen „Alter“ der Blitze, wo ein Gewitter entsteht. Wohin es gerade zieht.

Mein Rätselraten, wohin das Gewitter zog, hatte nach einem Blick ins Internet also ein Ende. Es bewegte sich – erstaunlicherweise – nicht mit dem Wind von Nordwest, sondern genau in entgegengesetzter Richtung. Von Südost nach Westnordwest – und damit im spitzen Winkel genau auf uns zu. Irgendwo dort vorne, 10 oder 20 Kilometer weiter, bei dem Ort Sciacca, würde es entweder vor uns durchgehen. Oder uns erreichen.

Ich beschloss, alles auszureffen, um mal zu sehen: Wer kommt schneller an in im Hafen von Sciacca: Das Gewitter? Oder LEVJE und ich?

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Was wirklich im Gewitter passiert – 
Herausgegeben vom Autor von Mare Piu: 



40 Segler berichten ihre Erfahrungen.
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Mit mehr als 100 Learnings über richtiges Verhalten im Gewitter.

Live-Interview im hessischen Rundfunk ansehen?

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Weiterlesen über Gewitter hier auf MARE PIU: 
Ist es gefährlich, im Gewitter zu segeln? Hier.

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Im Buch Gewittersegeln haben wir dargestellt, dass man Gewitter nicht „umsegeln“ kann. Und kurz gesagt: Einem Gewitter „davonsegeln“ klappt auch nicht. Es zieht schneller, als wir segeln. Vorausgesetzt, es entwickelt sich nicht (was gelegentlich vorkommt) orografisch über einem bestimmten Punkt, einem hohen Berg. Oder einem Gebirgszug. Und bleibt dort stehen einen ganzen Nachmittag, bis es zur vollen „Blüte“ kommt.

Mein Gewitter tat derlei nicht. Es zog gemächlich weiter in spitzem Winkel zu unserem Kurs. Der Wind nahm zu, aber da er genau von querab kam, aus dem Gewitter heraus wehte, war es herrliches Segeln.

Noch eineinhalb Stunden bis Sciacca.
10 Seemeilen. Der Himmel wurde im Norden düsterer, das dunkle Bleigrau breitete sich immer weiter aus am Nordhimmel, wo es doch vorher nur einen Viertel des Himmels über der Küste eingenommen hatte. Kein gutes Zeichen. LEVJE spurtete, auf der Seite liegend, durch die kleinen Wellen dem Hafen von Sciacca zu.

Noch eine Stunde bis Sciacca.
Sechs Seemeilen. Der Wind, der heraus wehte aus dem Gewitter, hatte jetzt auf 5- 6 bft. zugenommen. Er wehte aber stabil und sehr beständig aus dem Unwetter heraus. Seine Temperatur hatte abgenommen, der Himmel nördlich und nordwestlich von mir hatte von hellem graublau in dunkles Bleiblaugrau gewechselt. Weder sah noch hörte ich Blitze, was mir Mut machte, dass es so schlimm nicht werden würde. Natürlich beschäftigte mich bei diesem Spielchen die Frage: Wann müsste ich reffen? Wann könnte ich es mir zeitlich leisten, zu reffen?

Es war wie eine Regatta. Nur keine Zeit verschwenden mit Korrekturen der Segelfläche. Lieber mit voller Lage und hohem Ruderdruck weiterpreschen auf Sciacca zu, denn fünf Minuten Zeitverlust wegen Reffen könnten dafür sorgen, dass ich meinen Anleger im Hafen im Platzregen fahren würde. Oder wegen einsetzenden Starkregens und schlechter Sicht gar nicht den Hafen ansteuern und das Gewitter vor dem Hafen kreuzend abwettern müsste. Ich entschied mich dafür, obwohl zu viel Tuch drauf war, vorerst nicht zu reffen. Aber ich müsste höllisch aufpassen, um frühzeitig auf dem Wasser im Norden und Voraus die ersten Gewitterböen zu erkennen. Und in ihrer Stärke richtig einzuschätzen. Und genau im richtigen Moment die Segelfläche zu kürzen. Oder die Segel ganz einzuholen. Die Regatta gegen das Gewitter ging also weiter.

Eine halbe Stunde bis Sciacca.
Das Gewitter war nun ganz nah und bedeckte den Himmel nördlich von uns vollständig. Ich war noch etwa zwei, drei Seemeilen von der Küste entfernt – die richtige Distanz, damit der Wind keine Welle aufbauen konnte. Blitze sah ich keine,  Donner war nicht zu hören – was trügerisch war. Denn im Internet sah ich, wie sich „jüngere“ Blitze weiter Richtung Sciacca entwickelten und Kurs darauf zu hielten. Genau wie LEVJE und ich. Der schwarze Himmel war jetzt ganz nah. Ich beobachtete das Wetter unablässig, ich schenkte der dunklen Front mehr Aufmerksamkeit als Segel und Boot. Ein erstes Warnzeichen: Ein kurzer Schlauch, der genau nördlich aus einer dunklen Wolke zu ragen begann, Wolkenfetzen, die um den Stummelschlauch aus der Wolke herumwehten. Eine Windhose in der Entstehung? Ich wartete drauf, wie sich der Schlauch, das Kreiseln weiter entwickeln würde; ob der Rüssel sich bis zur Wasseroberfläche aufbauen würde. Aber das Kreiseln um den Schlauch verebte, plötzlich war der Rüssel weg. Und nur noch seine Mutter, die grauschwarze Wolke war da.

Die Distanz zur Gewitterfront war jetzt nur noch gering – es ist immer schlecht zu schätzen, wie groß die Distanz denn nun wirklich exakt ist. Nordwestlich vor mir ein kleines Schiff, das kleine, weiße Boot eines Fischers, verloren in der Weite, das ebenfalls auf die Hafeneinfahrt von Sciacca zustrebte, allerdings eng unter der Küste. Plötzlich – gerade eine Viertelstunde vor der Hafeneinfahrt – aufgeworfene Schaumkronen zwischen dem kleinen Fischer und mir, ein Moment, in dem ich ihn aus den Augen verlor, weil ich mich auf die Windböen konzentrierte, die nun von Norden – finalmente – heranrollten. Zeit, endlich den Bug in den Wind zu stellen. Zeit, blitzschnell alle Schoten und Fallen loszuwerfen. Zeit, zuerst die knatternde Genua, dann das Groß zu bergen. Zeit, sich geschlagen zu geben. Im Rennen mit dem Gewitter zum Hafen von Sciacca.

Denn die Regatta gegen das Gewitter: Die hatte ich verloren. Es begann, über dem Hafen von Sciacca zu regnen, ich sah die Blitze voraus im Westen. Das Gewitter: es hatte die Ziellinie als erstes und eine Viertelstunde vor mir passiert. Ich hielt den Bug einige Zeit im Wind, motorte mit langsamer Fahrt. Und lief im regennassen Sciacca eine halbe Stunde später ein. Glück gehabt.

Teaser „Der schönste Hafen der Ostsee“ – Im Zweifel für den Segelsommer

Pünktlich zum Sonntagabend gibt es einen neuen Teaser für euch. Ein paar bewegte Bilder aus dem schönsten Hafen der Ostsee. In Einer Woche ist es endlich soweit: Im Zweifel für den Segelsommer! :-)