Monat: Februar 2015

TERMIN: Vortrag in Kappeln – Samstag, 21.02.15 – 19:30 Uhr

Ich würde euch gerne zu meinem öffentlichen Vortrag am Samstag, 21. Februar, 19:30, im ASC Restaurant “Landgang” in Kappeln an der Schlei einladen!

Ankunft in Heimatgewässern.

Moin Moin!

Mittlerweile bin ich dazu gekommen, die Bilder und Videos des letzten Jahres zu sichten. Allein die Fotos haben sich am Ende auf über 15.000 summiert. Nun möchte ich auch gerne zu einem großen öffentlichen Vortrag im Clubrestaurant meines Kappelner Segelvereins, des ASC, einladen. Stattfinden wird das Ganze am nächsten Samstag, 21. Februar um 19:30 Uhr im ASC Restaurant “Landgang” in Kappeln an der Schlei. Der EINTRITT ist natürlich FREI

LINK zum ASC

Wie kommt ein 24 Jähriger auf die Idee ein halbes Jahr auf einem alten Segelboot zu verbringen? Und wie wird aus dem Plan sich ein halbes Jahr treiben zu lassen  eine Reise, die die Ostsee in all ihren Dimensionen einschließt? Und wie verändert man sich auf so einer Reise? All diesen Fragen werde ich an diesem Abend nachgehen, Verbunden mit den vielen einzigartigen Geschichten aus einem halben Jahr auf See in Europas Osten, kann ich auch also einen interesanten Abend versprechen.

Euch wird ein kurzweiliger Abend mit vielen Bildern, witzigen Geschichten, persönlichen Emotionen, zahlreichen Anekdoten, und vielleicht auch ein paar Anregungen für die eigene große Reise geben. Wem meine Geschichten auf der Website gefallen haben, der wird den Besuch sicherlich nicht bereuen! ich verspreche euch auf jeden Fall einen sehr persönlichen und dafür eher seltenen Einblick. Ein halbes Jahr mit (fast) jedem Tag einem neuen Hafen ist eine lange Zeit, und so dauert der Vortrag  ohne Pausen ca. 2 Std. Die Anreise wird sich also auch aus dem weiteren Umfeld lohnen! ;-)

Ich freue mich auf euch und einen lustigen Abend!

 

One Week After

Ich bin wieder auf Sendung! Eine lange Zeit gab es von mir nichts zu hören. Nach meiner Ankunft in Kappeln war das Schiff noch mehr als einen Monat im Wasser. Stoff für weitere Geschichten gab es also mehr als genug. Doch als die “Nonsuch” am 14. November aber ihren Jahresurlaub angetreten hat, fühlte ich mich ein wenig komisch. Klar – das hatte sicherlich auch mit dem Wiedereinleben zutun, aber irgendwie brauchte ich auch ein wenig Abstand zum Boot und damit auch zur Homepage. Erst in den Weihnachtstagen habe ich “Nonsuch” wieder besucht. Eine halbe Ewigkeit, wenn man normalerweise selbst im Winterlager sein Boot bei jedem Cuxhaven Besuch bei den Eltern mindestens einmal streichelt…

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Mittlerweile ist die Saure-Gurken-Zeit aber wieder voll angebrochen. Trotz Kühlschranktemperaturen wird das Boot bei jeder Gelegenheit wieder betascht, mit in die Hüften gestemmten Armen begutachtet und ich liefer euch die offenen Geschichten nach. In der fiesen Zeit zwischen Ende Januar und dem Krantermin könnt ihr damit vielleicht sowieso mehr anfangen. ;-)

Wenn die Ankunft in Kappeln sich schon komisch anfühlte, war es das Einleben, besonders in der ersten Woche, ganz besonders. Auch wenn sie eher von den kleinen Problemen und Erlebnissen im Alltag als von großen philosophischen Erkenntnissen über die Heimkehr geprägt war. Ich hatte mir ein Auto organisiert um meinen Hausstand vom Schiff räumen zu können. Problem an der Sache war nur, dass ich Geschwindigkeiten über sagen wir mal 7kn, also 14km/h, nicht mehr gewohnt war. Vielleicht mal im Stadtbus kurzzeitig. Aber 100? Auf der Landstrasse?? Ich weiss ja nicht wer von euch schon mal ein halbes Jahr lang freiwillig kein Auto gefahren ist, aber ich habe mich die ersten 100km gefühlt wie ein Mischung aus panischer 18 jährigen Führerscheinnovizin und dem typisch deutschen Mittelspur-Rentner. ;-)

Da ich meine Wohnung während des Sommers nicht im Zugriff hatte, habe ich mich die ersten paar Tage im Hotel Mama einquartiert. Und selbst für jemanden der aus Studentenzeiten die Vollverpflegung bei der Heimkehr ins Elternhaus kennt, war der Empfang überraschend. Die letzten Monate waren meine Essensgewohnheiten ja auf die Möglichkeiten an Bord ausgerichtet. Morgens also schnell ein paar Scheiben Brot reingeholzt, über den Tag unterwegs bevorzugt kleine Snacks, Süßkram, und wenn Wellnesswochen sind auch mal ´ne Banane. Abends dann schnell Nudeln gemacht und am Besten aus dem Topf gegessen. Natürlich um Abwasch zu vermeiden. Und jetzt wurde hier also ein komplettes Abendbrot mit allen Schikanen aufgetischt. Mit Wurst auf Tellern und frischem Brot. Ich habe ja nun wirklich unterwegs nicht schlecht gelebt, aber ein kleiner Kulturschock war das doch. Jeder Deutsche der schonmal eine längere Zeit im Ausland verbracht hat kennt dazu ja bestimmt die Geschichten über das ihnen fehlende deutsche Brot. Und auch vor diesem Erlebnis blieb ich nicht verschont. Eine wirklich gute Bäckerei in Skandinavien ist nämlich eher selten. Mein täglich Brot bestand also buchstäblich eher aus Aufbackbrötchen, Toast, und dem was der Supermarkt ansonsten mal so hergab. Das Frühstück im Hotel Mama war natürlich ein anderes Kaliber…

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Von den ersten Nächten in festen Räumen brauche ich eigentlich nicht viel erzählen. Nur so viel: Das völlige Fehlen von Geräuschen am Rumpf als auch dieser ganz kleinen, kaum wahrnehmbaren, Bewegungen kann einen wirklich in den Wahnsinn treiben. Die erste Nacht ist noch okay. Man freut sich über das gemütliche breite Bett. Aber danach gehts los. Was für eine Wohltat war es, am folgenden Wochenende erstmal in meine geliebte kalt-feuchte Koje mit dem leichten Kinderwagen-Schaukeln zu fliehen. ;-)

Und genau da sollte es so schnell wie möglich wieder hingehen.  Zurück ließ ich erstmal eine kleine weiße Schachtel auf dem Schreibtisch. Schon bei meiner Ankunft zuhause hatte ich sie registriert. Aber für den Moment interessierte sie mich überhaupt nicht……

Vorher stand aber noch der Umzug in die Großstadt an. Hamburg hatte mich also wieder. Und das war nun echt seltsam. Denn Wahrnehmung und Erlebtes fallen hier total auseinander. Ich habe mich überall quasi mit geistigem Tunnelblick bewegt. Mein Kopf befand sich irgendwo zwischen Segeln auf dem Vänernsee, Riggspannung, Ölwechsel, Windfahne einstellen und Hafenmeisterbüro. Und doch bewegte ich mich durch mein “Revier” als ob ich nie weg gewesen wäre. Keine Unsicherheiten in der Wegfindung, kein pseudo-kosmopolitisches “Wie sagt man nokmal in deutsch?” im Umgang mit Mitmenschen, kein Gefühl des Einlebens. Die Begrüßung meines besten Kumpels als ob ich einfach nur eben Brötchen holen war. Ich war einfach irgendwie wieder da. Und genau das machte mich irgendwo dann doch manchmal unsicher.

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Oft hört man Erzählungen von heimgekehrten Langfahrtseglern die berichten, dass ihnen bei der Ankunft der Lärm der Großstadt besonders negativ aufgefallen ist. Das kann ich aus meiner Sicht aber überhaupt nicht bestätigen. An Bord ist immer irgendwie Lärm. Und wenn es nicht der Diesel ist, dann eben die Wellen, der Verkehr am Hafen, oder die Natur. Natürlich hat man auch immer wieder diese komplett stillen Momente und Plätze, aber insgesamt ist immer irgendwie was los.
Etwas anderes ist mir aber sehr prägnant in Erinnerung geblieben. Und das ist der Geruch der Großstadt! Oder sollte ich fast sagen der Gestank? Eigentlich nicht verwunderlich wenn man 6 Monate quasi unter freiem Himmel gelebt hat. Trotzdem überraschend. Dass das Treppenhaus immer nach Kohlroulade riecht ist in HH ja fast Standard, aber egal ob im Supermarkt, in der Ubahn, auf der Strasse, in der Uni oder sogar zuhause. Die Stadt riecht. Mittlerweile fallen mir diese Gerüche wie jedem anderen Stadtbewohner nicht mehr auf, aber doch war es für jemanden der immer mindestens in ´ner Kleinstadt gewohnt hat mal was ganz neues. Wieder wollte ich lieber zu den Gerüchen von dieseligen Lappen, Fischkuttern und natürlich Salzwasser…

Viel zu Erleben gab es also in der ersten Woche “an Land”. Und pünktlich zum Wochenende stand der erste Törn nach der Ankunft mit Freunden an… Wie würde es wohl werden auf einmal wieder mit ein paar guten Freunden, 3 Booten und zahlreichen alkoholischen Kaltgetränken unterwegs zu sein. Meine Kontakte unterwegs beschänkten sich ja meist eher auf neue Bekanntschaften…Seit einigen Tagen führte ich ja nun wieder eine Fernbeziehung mit “Nonsuch”. Und genau so, als ob man seine Liebsten eine Woche lang nicht gesehen hat, fühlte es sich jetzt an am Steg anzukommen. ;-) Kurzes Beladen und zum Auslauf klar machen und schon ging es los. Nur leider n die falsche Richtung. Wir hatten uns mit allen Booten für Schleswig verabredet. Und das große weite Meer liegt ja nunmal eigentlich in der anderen Richtung.

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Das Gefühl der letzten Monate stellte sich aber schnell wieder ein. Jeder Handgriff sitzt mittlerweile. Hier bin ich zuhause. Aber mein mein bester Kumpel Pit dabei. Das heisst zum Einen, dass die Stereoanlage mal wieder Höchstleistungen erbringen muss, aber auch dass es das erste Mal seit langer Zeit ein Bier unterwegs gibt. Manch ich einhand sonst nicht. Und überhaupt, einen guten Freund, auch wenn der nicht viel mit anpackt, dabeizuhaben ist unglaublich geil. Etwas komplett Anderes. Und auch sonst war der Törn komplett anders. Die letzten Monate über standen Entdecken und irgendwo auch Seemannschaft im Vordergrund. Jetzt aber waren wir auf unserem Heimrevier unterwegs. Und der erste Männertörn nach langer Zeit wurde nicht gerade mit korrekter Seemannschaft und gutem Benehmen gefeiert. ;-)

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Nachdem der letzte aus unserer Truppe erst gegen Mitternacht im mittlerweile stockdunklen Schleswig ankam, wurde der Abend feuchtfröhlich mit vielen Geschichten aus 6 Monaten See- und Landleben. Es war für mich der erste Abend mit Freunden seit der Heimkehr. Der nächste Tag begann ausnahmsweise mal spät und es ging eigentlich nur 2 Häfen weiter ans andere Schleiufer nach Fleckeby. Nicht mehr Meilen und neue Ecken, sondern Geniessen stand auf dem Programm. Unterwegs wurden wir dann fast noch von ´nem Partydampfer übergemangelt. Ausnahmsweise haben wir uns nichtmal geärgert. Als der nämlich  kurze Zeit später in Schleswig festmachte, führte er seinen internen Funkverkehr über denselben Kanal wie unsere kleine “Flottille”. Und was die Kollegen dann beim Anlegen von sich gegeben haben, hätte nichtmal für ne Vorspring gereicht. Schon doof, wenn der Kapitän bei nem 40m Stahlkracher live beim Anlegen erstmal erklären muss was ne Vorspring ist… ;-)
Nichtmal der Regen konnte uns Abends was anhaben. Längsseits angelegt, Kuchenbude drauf, und den Grill auf den Betonsteg gestellt. So wird selbst beim Würstchen drehen nur der Arm nass. Wir tranken, aßen und lachten den ganzen Abend.  Und mir ging es sooo gut dabei. Das hat manchmal echt gefehlt. Für das Animationsprogramm hat übrigens wieder unser Partykollege gesorgt. Der tuckerte, vollgeladen mit Stimmungsvieh, in Sichtweite die Schlei rauf und runter und wickelte mittlerweile seinen gesamten Bordfunk inklusive Security und Barbetrieb über Seefunk ab Inklusive der Bitte das Schiff zu drehen, die Abgase würden auf die Tanzfläche ziehen. Königliches Entertainment. :-D

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Irgendwann stand ich dann draußen an Steg und schaute so auf die Schlei. Und dabei fiel mir dann auf wie schön es hier eigentlich ist. Letztes Jahr wollte ich immer so weit weg wie möglich. Einfach um Was zu entdecken. Nun kenn ich jeden Küstenstrich der Ostsee. Und wisst ihr was? Die Schlei gehört auf jeden Fall ganz vorne dazu. Vielleicht muss man wirklich einmal bis nach Russland und fast zum Polarkreis fahren, um das zu realisieren, aber jetzt ist die Erkenntnis auf jeden Fall da. Auf der Rückfahrt nach Kappeln geniesse ich die Schlei dann ganz besonders. Ganze 8 Stunden dauert der Rückweg nach Kappeln bei flauem Wind und bestem Spätsommerwetter.

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Ich geniesse die langsam vorbeiziehende Schlei und stelle zufrieden für mich fest, dass auch nach der ganzen Ostsee ein Wochenende im Heimatrevier nicht an Reiz verloren hat. Im Gegenteil sogar… Vielleicht die wichtigste Erkenntnis der letzten Woche!

 

Film Streaming im segel-filme Shop

Ab sofort können eingeloggte Kunden vom Kundenbereich aus ihre gekauften Filme zusätzlich zum Download auch unbegrenzt auf das Gerät ihrer Wahl streamen. Unser „segel-filme Online Kiosk“ bietet damit browserbasiert einen Funktionsumfang der teilweise sogar über das Angebot der anderen „streamenden Online Kioske“ hinaus geht ;-) Gleichzeitig haben wir den Shop auch in die Mobilansicht, d. h. auf das Smartphone integriert. Die Mobilansicht haben wir dabei nochmals gründlich und umfassend überarbeitet.

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Ihr müsst euch im Shop einfach im Kundenbereich einloggen und  „Meine Downloadartikel“ anwählen. Dort findet ihr eure gekauften Filme und durch einen Klick auf den „Direkt Ansehen“ Link startet der jeweilige Film auf dem Gerät eurer Wahl. Wer möchte, kann also auf den Download oder das lästige Archivieren der Filmdownloads verzichten. Wir archivieren sie für euch.

Wichtig, aus urheberrechtlichen Gründen können wir diese Funktion für Käufe als Gast leider nicht zur Verfügung stellen.

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7. Tag auf See

Etmal: 78 Seemeilen Die Tage haben ein ganz merkwürdiges Muster angenommen. Morgens, zwischen 8 und 10 Uhr frühstücken wir bei herrlichem Sonnenschein im Cockpit und starten danach in den Tag, werfen den Motor an und tuckern los. Marschfahrt, um 5 Knoten. Dabei ist der Spritverbrauch sehr überschaubar. Den ganzen Tag wechseln wir uns alle paar Stunden am Rad ab und kochen zwischendurch Mittag. Gegen 20 Uhr, wenn die Sonne gleißend rot über dem weiten Horizont untergeht, machen wir “Feierabend”, kochen Abendessen. Das Schiff liegt ruhig auf der glatten See, bewegt sich kaum. Wie vor Anker. Ganz merkwürdige Tage. Fühlen sich an wie in sich abgeschlossene Tagestörns. Gestern saßen wir gegen 21 Uhr auf der Koje, haben unsere “Kubanische Reispfanne” gefuttert, der allerdings mittlerweile das Hähnchenfleisch und die Frühlingszwiebeln fehlen – die frischen Sachen gehen langsam aus oder werden schlecht – da schaue ich ungläubig auf den Backofen: “Guck mal, der hängt so schief. Haben wir etwa Lage?” Die Segel hatte ich auf Backbordbug festgelascht, damit der Baum nicht in der Dünung schwingt. Die Windsteueranlage auf Halbwindkurs eingestellt. “Tatsächlich, 3 Knoten Fahrt, genau auf Kurs!” ruft Cati. “Wir segeln wieder!” Was ein Geschenk. Endlich wieder etwas Wind. Die letzten Nächte haben wir das Boot im Prinzip immer mit gesetzten Segeln und eingestellter Windfahne treiben lassen. Die Monitor hat das Schiff auch ab 0,5 Knoten Fahrt schon auf Kurs halten können, während wir alle halbe Stunde mal draußen nach dem Rechten geschaut haben. Seit den Kanaren erst drei Frachter gesehen. Aber statt den üblichen 5 Meilen pro Nacht konnten wir gestern Nacht fast 30 gutmachen! Heute Morgen ab 6 Uhr war der Wind dann wieder weg. Selbst der große, blaue Gennaker ist immer wieder zusammengefallen. Also läuft nun seit 11 Uhr wieder die Maschine. Noch haben wir 85 Liter Diesel. Einen Tag wollen wir noch motoren, denn der 25. Breitengrad, ab dem der Passat eigentlich wehen sollte, ist nur noch 46 Meilen entfernt. Gestern habe ich erfahren, dass sich das für die Flaute zuständige Tief heute entgültig auflösen und ab Freitag der Passat in gewohnter Stärke durchsetzen soll. Das wäre perfekt. Bis dahin machen wir das beste aus der Flaute, liegen in der warmen Sonne und kuttern gemütlich über den platten Tümpel. Heut Mittag sehe ich plötzlich eine große Fontäne an Steuerbord. “Cati, die Kamera, ein Waaaaaaal!” Cati liebt Delfine, hat aber ziemliche Angst vor Walen. Eigentlich schon immer, aber vor allem seit unser Freund Thomas von der “Lilly Marie” auf dem Weg nach Madeira einen Buckelwal gerammt hat. Nichts ist kaputt gegangen, aber der Schrecken bei Cati bleibt. Ich selbst habe mal in St. Lucia eine Najad gesehen, die zwischen einen Mutterwal uns sein junges gesegelt ist. Die Mutter ist ausgeflippt und hat auf die Yacht eingeschlagen. Der Skeg war abgerissen und die Welle hing S-förmig aus dem Rumpf. Also haben wir uns dieses faszinierende Tier aus etwa 50 Metern Entfernung angeschaut. Er war auch nur etwas größer als unsere “Maverick”. Johannes

Von der Idee bis zur Produktion – Wie ein Album entsteht

Eines ist mal klar: Im Sommer hätte ich dafür nicht die Ruhe gehabt. Die Vorproduktionen für die 15 Titel die ich auf meiner Reise geschrieben habe und nun produzieren möchte sind fertiggestellt. So gesehen sind Jahreszeiten auch wieder ganz praktisch. Bei dem Wetter kann man sich wunderbar vor dem Rechner verkriechen und Fleissarbeit leisten. Jeder der schon einmal einen Song geschrieben und im Studio komplett aufgenommen hat, weiss wovon ich rede. Für alle anderen möchte ich hier einmal den übliche Ablauf schildern, auch um zu verdeutlichen wie viel Arbeit und Aufwand hinter jeder Musikproduktion steckt. Kann ein Autor, Maler, Bildhauer seine Ideen oft selbst verwirklichen und vollenden, ist man in der Musik meist auf andere Musiker angewiesen, da man einfach nicht alle Instrumente selber spielen kann. Auch benötigen andere Schaffende oft nur ein überschaubares Umfeld für ihre Arbeit. Eine gute Musikproduktion verlangt jedoch den Einsatz von einer Menge Technik in speziellen Räumlichkeiten um konkurrenzfähig zu sein und auch um einen selbst zufriedenzustellen.

Doch beginnen wir mal von Anfang an. Zunächst kommt ja die Idee für einen Song. Ich habe schon in einigen Postings die Frage gelesen, wie man denn üblicherweise anfängt. Kommt zuerst die Musik und dann der Text, erst die Melodie und dann die Akkorde? Die Antwort ist ganz einfach: Alles ist möglich.

Teilweise war eine Textzeile, die mir im Kopf rumschwirrte, der Anfang. Teilweise ein paar Akkorde auf dem Keyboard oder der Gitarre, aus denen dann mehr wurde. Teilweise eine Melodie meist schon verbunden mit ein paar Worten. Manchmal war auch schon der halbe Song im Traum entstanden und ich musste mich morgens beeilen, ihn so schnell wie möglich festzuhalten. Ein Titel entstand durch einen neuen Bass, auf dem ich etwas rumprobiert hatte. Kurz gesagt: Egal in welcher Reihenfolge, man muss immer aufmerksam in sich hineinhören und bereit sein alle Ideen sofort aufzuschreiben oder als VoiceNote aufzunehmen.In Nashville habe ich dafür einmal dieses Songwriters Journal gefunden. So ist es aufgeteilt, teils schon sehr detailliert, aber auf jeden Fall perfekt geeignet um Ideen sehr schnell festzuhalten.




Damit hat man dann die Basis, den Ursprung des Songs geschaffen. Nun muss daraus ein kompletter Song mit (je nach Genre) Intro, Versen, Chorus, Mittelteil und Outro werden. Dazu kommt dann noch der Text. Das Ganze ist ein meist längerer Prozess, denn man hat selten alle guten Ideen auf einmal. Hier hat es sich für mich bewährt zunächst einmal eine grobe Demoversion des Titels zu erstellen. Also einen Groove zu erstellen, die Harmonien mit den genretypischen Instrumenten einzuspielen und eine Gesangsspur aufzunehmen. Man sollte locker und zügig vorwärtskommen und sich nicht zu früh in Details verbeissen, andererseits lohnt sich dabei nicht allzu schlampig vorzugehen, den interessanterweise gewöhnt man sich sehr schnell an die ersten Instrumentenspuren und mag diese später nicht mehr missen.Gerade in den Arbeitspausen oder auch in den Nächten kommen häufig mehr Ideen, als wenn man probiert diese auf Krampf zu erzwingen. Sollte es also einmal haken, kann es von Vorteil sein einfach ganz andere Dinge zu tun. Dann kommen einem die fehlenden Teile oft von alleine in den Kopf. 

Die Demoproduktion kann man mittlerweile eigentlich an jedem Rechner mit Audiointerface und Sequencersoftware (Cubase, Logic etc. machen). Die Einsteigersoftware der Firmen reicht für 16 Audiospuren auch meistens aus, und mehr benötigt man auch meistens nicht. Alternativ kann man natürlich auch Multitrackrecorder diverser Hersteller benutzen. Wichtig ist es aber jetzt schon, das man mit Einzelspuren für Drums, Bass, Harmonie, Soloinstrumenten und für den Gesang arbeitet, zu diesem Zeitpunkt auch gerne (da wo es geht) noch als MIDI Daten (die sind nämlich in jedem Sequencer sehr einfach und umfangreich zu bearbeiten). Denn bevor man sich zu viel Mühe beim Einspielen von „echten“ Audiospuren macht muss zunächst die Tonart des Songs festgelegt werden. Nicht jeder Sänger kann in jeder Tonart singen, und selbst ein Halbton Unterschied kann die Stimme positiv oder negativ färben. Man kann sich also mit dem geplanten Sänger (falls man es nicht selber ist) gar nicht früh genug zusammensetzen.  


Daher muss man zu diesem Zeitpunkt dann auch den Songtext möglichst weit fertigstellen. Das kann machmal ganz schnell gehen, aber auch richtig fies lange dauern. Denn es muss ja meist eine Story in wenigen Worten erzählt werden, die sich dann oft auch noch reimen sollen. Und das Ganze soll auch noch grooven und nicht nach Kindergedicht oder Geburtstagsreimen klingen. Da kann man manchmal wirklich Stunden an nur einer Textzeile sitzen. Ich habe mir mittlerweile angewöhnt lieber gleich viel zu viele Zeilen zu schreiben (auch erstmal vollkommen wahllos und ohne Struktur) um nachher aus dem ganzen Geschreibsel die besten Teile rauszusuchen. Das funktioniert oft besser als stundenlang nach dem EINEN Reim zu suchen. Der Einsatz von Reimlexika wird hier auch häufig empfohlen. Das ist für mich aber eher die letzte Notlösung, da man dann eher die ganze Story um die Reime herumbaut. Das hört man leider sehr häufig in schlechten Raptexten oder deutschem Schlager. Naja, auch ne Kunst für sich…

Ein Song ist für mich wie ein kleines Kind, das man zu Hause großzieht. Steht nun aber die grobe Songstruktur und der Text, dann muss der Titel erwachsen werden und kommt in die Pubertät. Sprich, er muss Kontakt zu anderen Musikern bekommen um mit ihnen zu wachsen und um einen eigenen Charakter zu bekommen. Übrigens gibt es auch hier gute und schlechte Einflüsse, so das man etwas wählerisch sein sollte wem man sein Kind anvertraut. Wichtig ist es nun auf jeden Fall den endgültigen Sänger  auszuwählen und diesen auf die Demoproduktion singen zu lassen. Mit Glück passt alles, mit Pech muss man noch einmal in eine andere Tonart wechseln und einige Tracks neu aufnehmen. Oft merkt man aber bei den ersten Aufnahmen auch komische Stellen im Text, fehlende Atempausen, zu viele Worte, falsche Ausstrahlung usw. usw. usw. Die Auswahl des Sängers prägt den Song extrem und auch nicht jeder ist für jeden Song geeignet. Man kann einen Titel also auch ruhig einmal mit unterschiedlichen Sängern probieren, wenn man nicht zufrieden ist. Teilweise merkt man aber in dieser Phase auch, das die ganze Idee irgendwie nicht funktioniert. Dann ist das Kind leider einen frühen Tod gestorben oder man verwertet dessen Teile später in anderen Songs (hier wird die Analogie zu den Kindern etwas wackelig). Teilweise kann auch die Hilfe von anderen Musikern einen Titel wiederbeleben. Ein anderer Groove, andere Harmonien oder Instrumente und schon passt doch wieder alles. So kommt es dann, das manche Titel sehr schnell erwachsen werden, andere teilweise Jahre in der Schublade liegen und viel Pflege brauchen. 

Enorm hilfreich ist es auch, die Songs schon einmal mit Band live zu spielen. Hier passieren oft noch die wichtigsten Veränderungen und Anregungen und man merkt was funktioniert und was nicht, oder ob das Tempo passt. Und auch das Feedback des Publikums zeigt einem, ob sich die Mühe am Ende lohnt und motiviert ungemein. Wenn aber nun alles zusammenpasst, wird es Zeit die eingangs erwähnte Vorproduktion fertigzustellen. Nur wenige Bands können es sich leisten einfach mal so ins Studio zu gehen um dann zu sehen was am Ende dabei rauskommt. Wobei das eigentlich kein schlechter Ansatz ist wirklich gemeinsam Musik zu entwickeln, so wie im Film SoundCity von Dave Grohl.

Die Vorproduktion soll den aufzunehmenden Song nun schon so exakt wie möglich wiedergeben. Soll also möglichst alle Instrumente enthalten, den finalen Gesang in guter Qualität liefern, den passenden Groove und das endgültige Tempo haben. Also im Prinzip wie der fertige Song klingen, eben nur in schlechterer Qualität. Diese Vorproduktion geht nun an alle beteiligten Musiker als Vorlage für die Studioproduktion. Studiozeit ist teuer, und man hat in der Regel nicht viel Zeit um hier noch herumzuprobieren. Je fertiger alle Titel ist und je besser alle Beteiligten vorbereitet sind, umso so zügiger und besser wird dann auch die Produktion. Die Einzelspuren der Vorproduktion nimmt man dann nach Absprache mit ins Studio. So kann man sofort anhand der Vorproduktion anfangen aufzunehmen und alle Spuren nun in Studioqualität neu zu produzieren. Es müssen dabei nicht alle Musiker anwesend sein, denn die Vorproduktion reicht als Vorlage um jeden Titel einzuspielen. Das erspart Terminstress und hilft beim zügigen Arbeiten. Üblicherweise beginnt man mit Bass und Schlagzeug und fügt dann nach und nach die anderen Instrumente hinzu. Dann noch die Vocals und die Backgroundvocals. Dann je nach Zeit ein paar Extras, die einem bei der Arbeit noch einfallen. Also aufnehmen, aufnehmen, aufnehmen bis in der Spurplanung alle Kreuze gesetzt sind. 

Nach den Recordingsessions ist meistens erst einmal etwas Pause. Danach muss dann noch jeder Song gemischt werden und dann das Gesamtwerk ins Mastering. Auch das sind noch sehr zeit- und meistens kostenaufwendige Arbeitsschritte bis dann endlich das Endprodukt fertiggestellt ist. Ich habe und werde die ganze Produktion mit der Kamera begleiten und so die Songs von der Geburt auf der Reise bis zu ihrer Fertigstellung begleiten.

6. Tag auf See

Bis gestern haben wir uns hier noch gefühlt wie auf der Nordsee. Es war grau und regnerisch. Aber seit heute früh nun endlich Sonnenschein und Passatwolken. Wir kommen dem Passatgürtel also näher. Wir sind heute nun schon den zweiten Tag mit Maschine unterwegs. Nicht, dass wir einen größeren Teil dieses Ozeans per Motorkraft überqueren könnten – dafür reichen unserer 130 Liter Diesel nicht aus. Aber eigentlich soll der Passatgürtel spätestens einhundert Meilen südlich von uns beginnen. Zumindest, wenn er sich laut Lehrbuch verhält. Gestern schien es, als hätten wir uns unter Motor aus dem Tief befreit. Die dicken Regenwolken sind hinter uns geblieben und über uns ist seitdem klarer Himmel Aber es blieb sehr flau, wir sind die Nacht hindurch nur im Schnitt 1,5 Knoten gelaufen. Dabei lag das Schiff ruhiger, als in La Coruna im Hafen. Von Boris Herrmann habe ich die Wetterinfo, dass ein Tief für unsere Flaute zuständig ist und es sich wohl morgen auflösen soll. Dann kommt hoffentlich bald der Wind zurück – oder wir erreichen den Passatgürtel. Ansonsten macht das Leben hier an Bord aber großen Spaß. Heut früh habe ich Brötchen gebacken und wir haben in der warmen Morgensonne im Cockpit gesessen und gefrühstückt. Hätten sogar den Cockpittisch aufbauen können. Das sonnige Wetter ist herrlich, und der tiefblaue Ozean wunderschön. Wenn wir doch nur schneller vorankommen würden. Außerdem ist hier gerade eine Flottenparade der portugiesischen Galeeren. Alle hundert Meter treibt solch ein Tier an uns vorbei. Wer noch nie davon gehört hat, sollte sie unbedingt mal googeln, faszinierende Tiere! Johannes

„Einmal München – Antalya, bitte“ Der Film

Einige Segler dürften Thomas Kaesbohrer bereits als Blogger (Mare Più) kennen gelernt haben. Poetisch und mit viel Liebe zum Detail schreibt er dort seine Geschichten vom und über das Meer. Und über die Menschen die dort leben.

Zusätzlich zum bereits erschienenen Buch hat er nun einen Film über seine Reise von München nach Antalya produziert. Thomas bleibt sich dabei treu. Ruhig, entspannt, informativ, aber nie langweilig lässt er den Zuschauer an seiner „sinnlich-poetischen Reise mit einem kleinen Segelboot“ teilhaben. Prädikat: Sehr sehenswert.

Einen kleinen Eindruck verschafft euch der Trailer. Der komplette Film ist ab sofort bei uns im Shop erhältlich.

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Gefährliche Kombi – Weltkarte und Charterkatalog

Was bleibt einem bei diesem Wetter denn auch anderes übrig als zu träumen? Vorhin habe ich sehr günstig eine Weltkarte erstanden und mir gefiel die naive Idee, dort mit einem Edding zu markieren wo ich bereits so war. Ich denke, das hat wohl jeder schon einmal so ähnlich in der Schule gemacht. Das Ergebnis: Mickrig!

Europa ist zwar recht gut ausgemalt, aber dann wird es doch schnell sehr, sehr dünn. Dabei bin ich, wie ich dachte, eigentlich recht viel unterwegs. Die Größe der Erde wird mir immer unvorstellbar bleiben. Wenn ich alle meine Linien aneinandermale, würde es einmal um den Äquator reichen (die innerdeutschen Fahrten mal außenvorgelassen). Na toll. Das ist gar nichts. Denn selbst wenn man genau auf jedem Breitengrad einmal um die Erdkugel fahren würde, und die Erde dabei viele Male rundet, hätte man noch längst nicht alle Länder gesehen. Und wenn ich das noch schaffen will, muss ich mich wohl so langsam mal ranhalten :-)

Dazu fiel mir dann eben noch ein Charterkatalog, den ich auf der BOOT eingesteckt habe, in die Hände. Tonga, Seychellen, Bahamas, Brasilien und so weiter und so fort…und WAS? Auf St. Lucia gibt es bereits Boote ab 1.500.- Wochenpreis? Und auch auf den Seychellen gibt es nicht nur Riesenkats? Nun sitze ich hier, starre auf die Weltkarte, blätter im Katalog und überlege wann, wo und mit wem…und vor allem wovon? Wie gesagt, eine gefährliche Kombination…und auch irgendwie reisegierig!

5. Tag auf See

Liebe Leser, wir haben fast 400 Seemeilen geloggt, aber noch immer etwa 500 Seemeilen bis zum ersten Wegpunkt nordwestlich der Kapverden vor uns. Immer noch spielt das Wetter gegen uns. Während wir in der letzten Nacht von einem Flautenloch zum nächsten gesegelt sind und jeweils eine halbe Stunde warten mussten, bis es dann mit 5 Knoten Fahrt weiterging, haben wir seit heute Morgen sogar absolute Flaute. Deshalb mussten wir auf arabische Winde aus dem Tank zurückgreifen. Ich habe gerade vier Stunden am Rad gestanden, einen Teil davon bei schüttendem Regen, und selbst gesteuert, denn unser elektrischer Autopilot tut seinen Dienst ja nicht mehr. Vor dem Regenguss sind mir die Worte aus dem alten Poem “The ancient mariner” eingefallen: “As idle as a painted ship, upon a painted ocean.” – So ruhig (liegt es da), wie ein gemaltes Schiff, auf einem gemalten Ozean.” Ich glaub mit diesen Worten auf den Lippen ist schon so manch ein Segler verrückt geworden ; ) Gestern Abend waren wir durch das elendige Gerolle durch den fehlenden Wind in der alten Dünung sogar richtig seekrank. Ich auch, obwohl mir das ja eigentlich sonst nichts ausmacht. Aber unter dem Strich können wir über die letzten Tage eigentlich nicht klagen, denn immer zwischen den Flautenlöchern gab es Zonen, in denen wir sehr gut vorangekommen sind. Dank der Motorfahrt heute Vormittag haben wir auch wieder ein Etmal von 95 Meilen. Trotzdem können wir es kaum abwarten, den Passat zu erreichen, nach rechts abzubiegen und das Schiff einfach laufen zu lassen. Richtung Karibik. Endlich warme Sonne und schönes Wetter. Johannes

4. Tag auf See

Liebe Leser, gerade haben wir die 300ste Meile geloggt. Damit liegen 10 Prozent der Überfahrt in Kielwasser. Wird Zeit, dass wir endlich in den Süden kommen, denn im Moment ist das Segeln hier eher trist und anstrengend. Von Boris Herrmann, der mit dem Volvo-Racer “Maserati” hier ganz in der Nähe durchgekommen ist, wurden wir gestern mit neusten Wetterdaten versorgt. Heute hat sich ein Tiefdruckgebiet nur ein paar hundert Meilen westlich von uns festgesetzt. Das ist mehr als ungewöhlich, denn eigentlich kommen die nicht so weit runter. Boris ist mit dem schnelleren Boot im Norden des Tiefs durch und hat ein paar nette Rückenwinde bekommen. Wir sind langsamer und auf dem Weg zu den Kapverden, deshalb erwischt und das Tief mit Gegenwinden. Heute früh zwischen 6 und 7 Uhr hat mich Cati aus der Koje geworfen, weil “Maverick” plötzlich nach Nordwesten fuhr. Die Windsteueranlage hat dem drehenden Wind hinterher gesteuert. Aber mittlerweile laufen wir mit 225 Grad wieder einigermaßen auf Kurs zu unserem ersten Wegpunkt, der noch 600 Meilen entfernt ist. Das Wetter ist, dem nahen Tiefdruckgebiet entsprechend, eher bescheiden. Dicke, tiefhängende, graue Wolken, aus denen manchmal auch Regen kommt. Wir sitzen fast die ganze Zeit unter Deck, im Trockenen, und warten, dass die Sonne wieder rauskommt. Vielleicht morgen. Dafür sind wir trotz aller Umwege (die Kurslinie westlich von La Palma ist ein Zickzackkurs …) gut vorangekommen, ein 120er Etmal. Groß im zweiten Reff, die Genua halb weg und trotzdem gute 5,5 Knoten. Also: Alles in Butter auf’m Kutter. Johannes

Die vergessenen Inseln: Amorgos. Der lange Weg zum Kloster. Und das Lächeln des Abtes von Chozoviotissa.

Die Südküste von Amorgos. Mit ungeahnter Einsamkeit und Schönheit warten die östlichste Insel der Kykladen auf. Auf Amorgos erheben sich die Felsen teilweise 500 Meter über dem Meer.

Amorgos.
Ich denke oft an Amorgos.
Aus dem Meer meiner Erinnerungen an meine fünfmonatige Reise von der Nordadria bis in die Südtürkei ragt diese Insel heraus. Wie ein riesiger Felsen aus dem unglaublich tiefen Blau. Vergessene Inseln habe ich auf meiner Reise viele kennengelernt. Die Tremiti-Inseln. Milos. Ithaki. Aber auch Mallorca im Winter. Und viele, viele andere.

Was ist es, was die Erinnerung an eine Zeit, einen Ort stärker werden läßt als an manchen anderen? Vielleicht ist es das längere Verweilen an einem Ort. Vier, fünf Tage, in denen man nicht einfach nur an einem Hafen, einem Ort vorübereilt. Sondern bleibt. Eintaucht. Und sich verbindet. Oder auch nicht. Mit diesem Ort. Mit den Menschen dort. Es braucht Zeit, um sich mit einem Ort zu verbinden. Das ist das eine. Das andere: sind Begegnungen, die einen Ort kostbar machen. Gesichter. Ein paar freundlich gewechselte Worte. Ein kurzes Gespräch. Wohlwollen, Wertschätzung, die warm glimmt. Vielleicht ist es dies, was ihm festen Halt gibt, dem Anker der Erinnerung im Meer des Vergessens.

An der Westspitze von Amorgos hatte ich Luc Besson’s Wrack der OLYMPIA aus dem Film THE BIG BLUE entdeckt. Still rostet und vergeht dort in gottverlassener Bucht, was einst als Komparse in einem Meisterwerk mitspielte. Noch am selben Tag, am späten Vormittag, erreichte ich Katapola, den Hauptort der Insel, die Hafenstadt. Die Erinnerung an Luc Besson’s Film, der hier gedreht wurde, ist für die wenigen Rucksack-Reisenden, die mit der Fähre nachmittags um drei ankommen, in Blau an die handvoll Hotel- und Tavernenwände gepinselt. THE BIG BLUE-Hotel. THE BIG BLUE-Taverna. Es ist der Film, der Reisende anzieht. Es sind die Bilder von Enzo und Jaques, die hier als Kinder tauchen. Es ist auch das Bild eines weißen Gemäuers, eines Klosters in steiler Felswand, das im Film auftaucht, als es ums Sterben geht, und das heute die Reisenden anzieht: Chozoviotissa.

Es ist früher Nachmittag, als ich mich in der Augusthitze aufmache. Der Bus fährt heute nicht, der Himmel weiß: warum? Also zu Fuß. Eine Wasserflasche mit einem Bändsel umgeschnallt, in Flipflops den steinigen Weg hinauf von der Hafenbucht von Katapola. Vermutlich ist dieser schmale Eselspfad mit den ausgeschlagenen Steinstufen die älteste Verbindung, vom Hafen hinauf nach Chora führt, dem Ort, den im hohen Mittelalter die Bewohner von Amorgos an höchster Stelle anlegten, als Schutz vor den türkischen Freibeutern des Chaireddin Barbarossa – „Korsaren laufen nicht gern“ – in einem Jahrhunderte währenden, die Ägäis verheerenden Dauer-Scharmützel zwischen Venezianern und Türken. Der Weg hinauf ist steil, hin und wieder kreuzt er die Straße, an der alle paar Minuten ein Moped vorbeirattert. Oder ein Kleinwagen. Und wo die Windungen gelegentlich ein überladen qualmender LKW hinaufkeucht. Wie auch ich. Der Weg – das Ziel?


Kurz vor Chora auf dem Gipfel, fährt dann der vollbesetzte Bus zum Kloster an mir vorbei. Vielleicht soll das alles so sein. Wie Darwin über die Tugend des Seemanns sagt, „die Kunst aus jedem Geschehnis das Beste zu machen…“: Gelegentlich, gelegentlich gelingt mir auch das. Ich beschließe, daraus eine tägliche Übung zu machen. Und kaum habe ich diesen Beschluß gefasst, hält auch schon knatternd ein Motorrad neben mir. Panagiotis nimmt mich mit. Und während wir von Chora aus die andere Seite des Berges hinunterknattern, zu zweit auf winzigem Motorrad, erklärt mir Panagiotis, der aus Athen stammt, welchen Fluch die EU-Troika über sein armes Griechenland gebracht hat, allen voran La Merkel. Meine Gegenrede ist schwach. Denn Panagiotis heizt die Serpentinen hinunter, was seine Mühle hergibt, zorniger Grieche auf zornigem griechischen Moped, und ich, Deutschland, hinten drauf, wie festgebunden. Mein Kopf formuliert Schlagzeilen wie „Deutscher Segler von griechischem Mob in Leitplanke geknallt“. Und ich denke an meinen guten Darwin, der bringt mich wieder aufs Gleis: „Die Kunst, aus jedem Geschehnis das Beste zu machen…“


Panagiotis und sein Moped geben jedenfalls ihr Bestes. Und dann sind wir da. Das Kloster: ein weißes Lehmnest in der Felskante, irgendwie unerreichbar, von üppigen Bäumen umstanden, wo nichts, aber auch gar nichts wachsen und gedeihen dürfte.
Paradies ist: wenn man etwas Schönes ganz und gar nicht erwartet hat?

Es dauert noch einmal zwanzig, dreißg Minuten, bis ich die letzten Meter zum Kloster erklimme. Vor dem weißen Bau stehe. Mir eine der langen Hosen schnappe, die die Mönche für Besucher über den Zaun gehängt haben, zusammen mit Tüchern, für die Besucher, um Blößen zu bedecken. Die Hose ist viel zu weit. Und dann öffnet sich Punkt fünf auch die niedrige Pforte des Klosters, es geht eine unendlich steile Stiege hinauf, einfach in den gewachsenen Felsen an geweißter Felswand entlang. Noch eine. Und noch eine. Und dann stehe ich in dem schmalen Kirchenraum. Von der Decke hängen Kandelaber. Öl-Lichter, die ewig brennen. Heiligenbilder an den Wänden, Gläubige, die ehrfürchtig die Abbilder der Heiligen auf den Mund küssen. Steinplatten. Schmale Fenster, hinunter aufs heute glatte Meer. Gestühl aus knorrigem Holz für die Mönche, wer hat das nur hier herauf geschleppt? Und: Stille. Stille im Raum. Stille, die ich im Kirchlein der Festung von Santa Mavra auf Levkas erlebte. Stille, die mich ruhig werden läßt. Wind, der den Vorhang der Altarwand bauscht. Ewigkeit.

Der Abt betritt den Raum, einer der drei hier lebenden Möche, ein dampfendes Weihrauch-Fass schwingend. Den wenigen Besuchern liest er die Messe, ein stattlicher Mann, ganz in schwarzer Soutane, nur der braune Lederriemen um den Bauch ist Schmuck, das lange schwarz-graue Haar reinlich nach hinten gekämmt zu einem Zopf. Gestutzt der Bart. In den Augen ein Lächeln. Ein Priester von der „Ich-kenne-meine-Schäflein-ganz-genau“-Sorte, handfest. Nichts Menschliches, das ihm fremd wäre. Einer, bei denen mir schlagartig immer klar war, warum ich nicht anders kann als zu glauben. Einer, der sich an den richtigen Ort im Leben gestellt hat.

Es macht nichts, dass der Abt seine Gebete, die ich nicht verstehe, mit fester Stimme und doch monoton spricht. Monoton und statisch jedem einzelnen der Heiligen seine Fürbitte vorträgt. Litanei: Nicht nur die katholische, sondern auch die orthodoxe Kirche, und vor allem die, kennt diese Art des Gebets. Es macht nichts. Es ist irgendwie schön an diesem Ort, hoch über dem Meer. Es macht auch nichts, wenn der Abt hängenbleibt im Text, nicht weiter weiß: Eine Gläubige neben ihm, wohl aus der Umgebung, aus Amorgos, steht ihm zur Seite. Souffliert ihm gekonnt in diesem Stück, hilft ihm lächelnd, wenn er die Brücke über den Abgrund der fehlenden Worte gerade nicht findet. Teamwork von Mann & Frau im Angesicht Gottes.

Und noch etwas gefällt mir am Abt. „Tritt schnell auf. Mach’s Maul auf. Hör bald auf.“ Martin Luther hat dieses Destillat an Rhetorik-Know-How seinen Predigern mit auf den Weg gegeben. Nur wenige, die reden, kennen die Regel, oft ist „lieber lange labern“ Grundsatz. Der Abt von Chozoviotissa weiß um die Regel. Kaum dass die Messe begonnen hat: ist sie auch schon vorbei. Ich bleibe noch einen Moment im Kirchenraum, der jetzt leer ist. Leer und still. Ein bisschen Weihrauch in der Luft. Ich bin allein mit dem Winde, der durch die schmale Tür weht. Allein mit den Bildern der Heiligen.

Doch dann wartet Chozoviotissa auf mit einem Highlight: Die Mönche bitten ihre Besucher in ihre gute Stube.


Die Fenster geöffnet, unter den Portraits gewesener Metropoliten und gefallener griechischer Freiheitshelden vergangener Jahrhunderte bewirten die drei Mönche ihre Besucher in ihrer guten Stube. Es ist ein kleiner Raum, wie in einer engen Berghütte. Alles ist penibel sauber und reinlich. Ein paar einfache Stühle. Zwei Sofas darin. Ein großer Tisch. Der Blick hinunter, hinunter aus der Felswand ins unglaublich tiefe Blau. Sitzen. Ruhig sitzen. Und den Geräuschen lauschen. Dem Wind. Den leisen Stimmen der Besucher. Dem Klappern der Helfer, die den Gästen auftragen: Jeder bekommt Wasser. Ein Glas „Psimeni“, „roasted“ Raki. Und süße Loukoumi: dicke honigsüße gelbe Stücke, in Puderzucker gewälzt. Der Abt, der vor dem alten Telefon am schmalen Schreibtisch sitzt. Und freundlich mit den Besuchern spricht, das Lächeln in den Augen. Alles, alles ist: als wäre ich wieder ein kleiner Junge, bei der alten Tante, der Großmutter zu Besuch. Alles ist Wohlwollen. Wohlige Wärme. Ein Geborgensein in der Wertschätzung, die die drei Mönche ihren Gästen zuteil werden lassen in Einfachheit.

Es könnte einfach sein, in der Welt.

Epilog:
Der Wind wird in den nächsten Tagen blasen über Amorgos. Mit zehn, elf Windstärken, am kommenden Dienstag, 9.2. um fünf Uhr morgens.

Amorgos ist ein rauher Ort. 
 
Ich denke an den Abt. An die drei Mönche. Wie es Ihnen wohl ergehen mag, in ihrer Felswand? Bei so einem Wetter? Wenn ein sieben, acht Grad kalter Orkan mit zehn bis elf Windstärken über die Insel wie mit einer eiskalten Drahtbürste schrubbt? Und die engen, zugigen Steingänge des Gemäuers herunterkühlt auf Kühlschrank-Temperatur?

Ich denke an sie. Und an Amorgos.
 

 

3. Tag auf See

Liebe Leser, wahrscheinlich wird unsere Reise hinüber auf die Kanaren als die Langsamste aller Zeiten in der Geschichte eingehen. Seit unserem Start am Donnerstagnachmittag begleiten uns sehr, sehr leichte Winde. In der Vergangenen Nacht der Tiefpunkt: Zeitweise nur 1 Knoten Fahrt. Gleichzeitig aber auch genug Wellen, damit es uns nicht langweilig wird. Wahrscheinlich ist es vor allem der Strömung zu verdanken, dass wir in den letzten 24 Stunden trotzdem 85 Seemeilen zurückgelegt haben. Seit dem Morgen ist der Horizont von dicken, dunklen Wolken verhangen. Etwa alle Stunde kommt auch mal für eine Viertelstunde etwas stärkerer Wind heraus. Das heißt dann: Ständiger Wechsel zwischen Vollzeug und zweitem Reff und halber Genua. Gegen Mittag haben wir das Treiben und Geschüttel satt gehabt, und haben den Motor angeworfen. Cati steuert Maverick gerade im leichten Nieselregen mit 5 Knoten gen Las Palmas. Dort werden wir ganz knapp vorbei kommen. Vielleicht sind wir sogar wieder auf dem AIS zu sehen. Aber wir segeln vorbei und nehmen Kurs auf die Kapverden. Genauer gesagt einen Wegpunkt knapp westlich davon. Wir können nur hoffen, dass wir südlich der Kanaren auf besseren Wind treffen. Die Batterien sind jetzt nach der zweistündigen Motorfahrt wieder voll und gleich werden wieder die Segel gesetzt und getrieben. Ansonsten haben wir uns aber ganz gut wieder ins Seeleben eingefunden. Gestern gab es sogar schon ein richtiges Abendessen an Bord, eine leckere Gemüsepfanne mit Reis. Die Wachwechsel klappen super, Cati war noch nicht einmal seekrank, hat aber glaube ich schon zwei Bücher durchgelesen. Ich lese gerade “Auf acht Metern um die Welt” von Sebastian Pieters. Das Buch ist gerade zur Bootsmesse in Düsseldorf erschienen und ich habe schon lange darauf gewartet. Denn ich habe Sebastian als eine meiner letzten Aufgaben als YACHT-Redakteur porträtiert. Nachzulesen in Heft 19/2014. Tolle Geschichte: Er war 22 Jahre alt und wollte unbedingt um die Welt segeln. Aber Geld und Boot fehlten natürlich. Also hat ihm sein ehemaliger Lehrer dessen acht Meter langes Sperrholz-Boot geliehen und Sebastian ist losgesegelt. Eine Tolle Geschichte, sehr lesenswert! Bin schon fast durch, schade eigentlich. Johannes