Kategorie: Atanga

Verrückte in der Wüste

28.Jan.24,  Australien/SA/Roxby Downs, Tag 59 Roadtrip,  4.894 km total, 101 Tages-km

Per Tagesausflug fahren wir von Roxby Downs nach Andamooka. Es sind nur dreißig Kilometer, aber diese Kilometer bringen uns in eine andere Welt. In eine Welt von Bessenen. Von Glücksrittern. Von Abenteurern und Aussteigern. Die dreihundert Leute, die in Andamooka wohnen, buddeln in der Wüste nach Opalen. Die Minen beginnen direkt hinter ihren Häusern, ja im Vorgarten des Nachbarn. Beim Wettbewerb ‚unser Dorf soll schöner werden‘, braucht Andamooka nicht antreten. Der Schrott alter Fahrzeuge, Bagger und Baumaschinen steht überall herum. Die Opal-Sucher wohnen in Wohnwagen oder Container artigen Häusern. Es gibt keinen Laden und die einzige Kneipe sieht geschlossen aus.

Die Anfahrt auf Andamooka – wie übergroße Maulwurfhügel liegen die Minen direkt am Ort

Wo fängt Mine an – wo hört der Ort auf?

Leben in einer überdimensionalen Sandkuhle

Baumlos – Schattenlos – Schmucklos

 

Geöffnet hat nur die Post. Witziger Weise befindet sich im Keller ein kleines Museum. Liebevoll wurden Fotos der einhundert jährigen Geschichte in Andamooka zusammengestellt. In Vitrinen verstauben ein paar Opal-Fundstücke.

 

Glücksritter aus allen Ländern der Welt haben sich hier eingefunden: Griechen, Tschechen, Italiener, Ungarn. Der Friedhof gibt Auskunft.

Einer der ersten Opal-Sucher. Es heißt, dass man alle von der Polizei gesuchten Männer in Andamooka finden konnte.

Aus Andamooka stammt einer der größten Opale der Welt.

South Australien schenkte Königin Elisabeth anlässlich ihres Besuchs 1953 diesen Opal aus Andamooka. Sie trug ihn genau einmal. Jetzt liegt er in der Schmuckschatulle.

Opal schimmert in den unterschiedlichsten Farben. Versetzt mit Feuern, Blitzen und Sternefunkeln. Besonders begehrt ist Opal bei Indern und Chinesen. Dort dient er häufig auch als Glücksbringer.

Am April 1930, der Monat ist verbürgt, begannen hier zwei Schatzjäger mit dem Graben nach Opalen. Die ersten Siedler haben in Lehmhäusern gewohnt, halb in den Berg gebaut, um sich etwas Kühle in der Hitze der Wüste zu verschaffen. Ein paar Häuser sind noch erhalten. Viel besser wohnen die modernen Opal-Sucher allerdings auch nicht. Entweder sie legen keinen Wert auf Komfort oder sie können ihn sich nicht leisten, da die Opalsuche weniger erfolgreich ist als man es sich erhofft hat.

Die ersten Wohnhäuser – aus Lehm, Kartons und Jutesäcken gebaut

Gleich neben den alten Häusern stehen die modernen Unterkünfte

Opalsuche ist Handarbeit. Für Bergbaugesellschaften lohnt sich der Abbau nicht. Als Glücksritter kauft man sich eine Schürf-Lizenz, eine Hacke und Spaten und dann kann es auch schon los gehen. Bis zwanzig Meter tief wird gegraben. Immer mit der Zuversicht auf den großen Fund. Opal ist ein Mineral, was sich in ausgetrockneten Meeren unter Druck vom umgebenden Stein gebildet hat. Es verläuft in gläsern schimmernden Adern im umgebenden Gestein. Wer eine tiefe Ader findet, kann Glück haben und tatsächlich Geld verdienen. Aber statt diesen verrückten Ort zu verlassen, wird sich ein Presslufthammer oder Minibagger gekauft und nach der noch größeren Ader gesucht. Opalsucher sollen besessen sein und nur wenige schaffen den Absprung in ein anderes Leben.
Friedhöfe erzählen ja immer ihre Geschichten, aber der Friedhof in Andamooka ist etwas ganz besonderes. Nicht nur, dass er von den Sandhaufen der Minen fast eingeholt wird, er zeigt auf besondere Art die Leidenschaft der Opal-Sucher. Spitzhaken, Schaufeln und Bohrer als Grabdekoration und Inschriften als Zeitzeugen der Hingabe zu ihrem gewählten Leben. Ob freiwillig oder nicht ist nicht überliefert.

Die Buddelei macht knapp vor dem Friedhof halt

Leidenschaftliche Opal-Sucher mit Herz dabei.

Auf den meisten Gräbern sind Schaufel zu finden

Bulldog Bill

Leidenschaft oder Besessenheit?

Friedhof mit Humor – Biggus Dickus – der Bruder von Schwanzus Longus (aus dem Film ‚Live of Brian‘)

Hinter Andamooka führt die Schotterpiste weiter bis zum Lake Torrens. Alle Lakes in Südaustralien sind Salzseen. Nur selten führen sie Wasser an einigen Stellen. Aber wir haben Glück. Letzte Woche hat es in der Region heftig geregnet und es sind noch Wasserlachen übrig. Ungenießbar salzig, aber etliche Vögel genießen ein Bad und Kängurus waren auch schon da.
In der Region Roxby Downs fallen jährlich ungefähr 130 mm Regen, verteilt auf 40 Regentage, somit sind die Tagesmengen nicht nennenswert. Der Regen ist verdunstet, bevor er auf den Boden fällt. Umso erstaunlicher jetzt der „gefüllte“ See.

Endlose Wüste

Lake Torrens hat die Größe von

Ein paar Wasserlachen sind noch übrig

Der Kleine lebt perfekt getarnt zwischen Steinen und Salz

Auf halber Strecke nach Andamooka – der Regen sorgt für Leben – lilienartige Blumen überall

Am Horizont eine Fata Morgana – Wasser oder kein Wasser? In diesem Fall egal, da das Wasser nicht genießbar ist

Alles was blau ist heißt Lake – aber es sind nur Salzseen

 

Die baumlose Landschaft, lebensfeindlich, fremd und so anders als alles, was wir kennen, passt gut zu den Opal-Suchern. Hier fügt sich alles zu einem stimmigen Bild zusammen. Ein wundervoller Ausflug.


24

Abenteuer Outback

26.-27.Jan.24,  Australien/SA/Roxby Downs, Tag 57-58 Roadtrip,  4.694 km total, 315 Tages-km

Von unserer Hitze-Schutz-Unterkunft bis zum Ende der normalen Welt sind es noch einmal 120 Kilometer Asphalt-Highway. In Marree gabelt sich die Straße – man hat die Wahl: entweder Schotter ostwärts oder Schotter westwärts. Hunderte Kilometer durch unbewohntes Land. Durch unwirtliches Gebiet. Durch das Outback.

Ein Trupp Keilschwanzadler hat sich an einem tot gefahrenen Känguru gütlich getan

Die Wüste lebt – Emus sieht man häufig hier im Nichts – Kängurus sind seltener geworden

Marree ist heute ein staubiges Nest mit einhundert verbliebenen Bewohnern. Einst war Marree ein blühendes Nest. Zuerst Station für die Kamelkarawanen, die vor der Eisenbahn das Land versorgten und bereisbar machten. Später ein wichtiger Umschlagplatz für Vieh, was hierher getrieben und auf die Bahn verladen wurde.  In Marree trafen zwei Spurbreiten aufeinander. Güter mussten umgeladen werden. Das führte nach dem Bau einer neuen Trans-Australischen Eisenbahn 1980 zur Schließung des Bahnhofs in Marree.

Marree – das Ende von asphaltierten Straßen

Ein paar Artefakte hat Marree sich bewahrt

Keine Züge mehr in Marree

Wir kommen mit zwei älteren Frauen ins Gespräch, die unter der Gemeinschafts-Überdachung mit Grillplatz den „Australia Day“ feiern, der heute anliegt und kontinentweit ein Feiertag ist. Wir erfahren jetzt auch, wer in dem gut sortierten Geschäft in Leigh Creek für Umsatz sorgt. Klar, wenn man keinen Laden hat, muss man 120 Kilometer zum Einkaufen fahren. „In Leigh Creek ist es aber teuer. Ich war letzte Woche zum Einkaufen in Roxby Downs. Billiger und mehr Auswahl.“
Roxby Downs ist zweihundert Kilometer entfernt – alle Kilometer Schotterpiste.

Und genau da wollen wir hin. Die Piste ist mal besser und mal schlechter in Schuss. Mal rappeln wir über Bodenwellen. Mal ist der Belag glatt wie Asphalt. Kurz vor Roxby Downs wird der Weg besonders schlecht. Hier muss es vor Kurzem geregnet haben und mehrere Trucks haben tiefe Spurrillen in den Matsch gefahren, die jetzt ausgehärtet sind und für Fahrfreude sorgen.
Wenn Straßen nach Regenfällen gesperrt sind und man sie trotzdem befährt, kostet es tausend Dollar Strafe. Pro Reifen. Wobei Reservereifen mitzählen sollen. ;-)

Viele Autos sind uns nicht begegnet – vielleicht fünf Stück. Die wichtigste Regel bei einer Panne – niemals das Auto verlassen. Lebensgefahr. So viel Wasser kann man nicht mit sich schleppen, bevor man verdurstet ist. Passiert trotzdem immer mal wieder.

Unendliche Weite

Baumlos bis zum Horizont

Überreste der alten Bahntrasse neben der heutigen Autopiste

Modonia Sculpture Park auf dem Oodnadatta Track – auf halber Strecke mal etwas anderes als nur Sand und Schotter

Kakadus nisten in den Flugzeugwracks

Alle Figuren sind aus Industrie-Müll – wie zum Beispiel den überflüssigen Schienen der ehemaligen Eisenbahn

Roxby Downs ist eine ganz junge Stadt. Erst 1988 gegründet für die Arbeiter im zehn Kilometer entfernten Bergwerk Olympic Dam. Einem der größten Kupferbergwerke Australiens in dem als Nebenfunde noch Silber, Gold und Uran in nennenswerten Mengen abgebaut werden. Obwohl man hier seit 35 Jahren buddelt, soll noch nicht mal die Spitze des Eisbergs abgebaut worden sein.

Roxby Downs kümmert sich gut um seine knapp vier tausend Bewohner. Meistens junge Familien, die es hier in die Wüste zum Arbeiten getrieben hat und die bereit sind 500 Kilometer entfernt von einer richtigen Stadt zu wohnen. Kino, Schwimmbad, Bibliothek, Schulen, ein toller Supermarkt und ein freundliches Stadtbild.

Erst weiß man nicht – was falsch ist im Stadtbild – es ist der super grüne Rasen

Roxby Downs versucht Farbe ins Leben zu bringen – kostenloser Wasserpark – Wasser wird einer großen Blase entnommen, die unterhalb der Osthälfte Australiens existiert und dann entsalzen.

Der Campingplatz auf dem wir unterkommen, hat über 200 Hütten, die er überwiegend an Arbeiter der Mine vermietet, die eingeflogen kommen und nicht dauerhaft hier wohnen.
Wir lernen Mike kennen, der in seinem Wohnwagen wohnt und als Straßenarbeiter auf dem Minengelände arbeitet. Die Bezahlung sei sehr gut, berichtet er.Und da mit Chemikalien gearbeitet wird und wegen des Urans, bekämen alle Mitarbeiter Arbeitskleidung gestellt, die das Gelände nicht verlassen sollen und für alle Arbeiter gewaschen wird. Seinen Stellplatz zahlt ebenfalls sein Arbeitgeber. Allerdings arbeitet er in einem brutalen Schichtdienst: Zwei Wochen, sieben Tage, zwölf Stunden Schicht. Dann eine Woche frei. Trotzdem sei einfach für die Mine Arbeiter zu finden.


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Heatwave in Australien

25.Jan.24,  Australien/SA/Leigh Creek, Tag 53-56 Roadtrip,  4.379 km total, 138 Tages-km

Wir sitzen in der Camp-Küche in Leight Creek. Der Gefrierschrank läuft auf Hochtouren.  Vier Wasserflaschen haben wir am Start. Regelmäßig legen wir eine geleerte Wasserflasche aufgefüllt zurück in den Eisschrank. Fünf Liter trinken wir jeder über den Tag verteilt. Direkt aus dem Wasserhahn. Wir brauchen nicht mal Trinkwasser schleppen. Herrlich!
In der Küche erreicht die Temperatur 43 Grad. Der beste Platz im weiten Umkreis. Vier Tage hocken wir in dem Kabuff und sind glücklich, es so gut getroffen zu haben. :mrgreen:

In Australien werden regelmäßig Hitzewellen-Warnungen ausgerufen. Je nach Region im Land bei unterschiedlichen Temperaturen. Der Süden, in dem wir uns aktuell befinden, ist im Sommer sowieso schon brüllend heiß mit Durchschnittstemperaturen im Januar von 36 Grad. Per Definition wird erst von Hitzewelle gesprochen, wenn die ortsübliche Temperatur drei Tage oder mehr deutlich erhöht ist.

Von Westen her ist die letzten Tage eine Hitzewelle fast über den gesamten Kontinent gerollt, die sich nur langsam ostwärts bewegte. Daher schafften es vier Tage lang die Temperaturen auf 46 bis 49 Grad. Von drei Gefahren-Klassifizierungen reicht dies aber grade für mittlere Stärke.

Okay, wir sehen das anders. Für uns hat das hohe Qualität an Hitze.

Heatwave – das wo das weiße Kreuz ist, da ist Leigh Creek. Wir hätten nur entkommen können, wenn wir zur Küste zurück gefahren wären. Viele Kilometer.

Aus dem Berg-Camp waren wir auf Grund dieser Vorhersage geflohen. Es kommt dort kein Trinkwasser aus der Leitung und es existiert dort nur ein offener Überstand, der Schatten spendet. Das erschien uns zu mau. Und einkaufen wäre auch mal wieder an der Zeit.
Die 150 Kilometer Schotter zum asphaltierten Highway zurück verliefen problemlos. Die Städte-Dichte mit Laden und Campingplatz ist dünn im Outback, somit haben wir uns Leigh Creek nur per Zufall ausgewählt. Und wir haben Schwein. Aber richtig Schwein mit der Wahl.

Telefonisch fragen wir an, ob das Camp überhaupt geöffnet hat, weil die Beschreibung im Internet Zweifel gestreut hat. „Doch wir haben geöffnet. Ich gebe euch den Code vom Toiletten-Schloss und die Küche steht sowieso offen. Sucht euch irgendeinen einen Platz und wenn ihr wieder abreist, wenn die Hitze vorbei ist, zahlt ihr eure Übernachtungen (35 Dollar) einfach bei der Tankställe gleich neben an“.

Hauptgeschäft des Campingplatzes ist es Cabins zu vermieten. Alle Hütten stehen zurzeit leer. Drei der Hütten wurden für Camper als Toiletten und die Küche freigegeben. Somit haben Achim und ich je ein komplettes Bad für uns. In der Küchen-Hütte stehen Tische und ein Sofa und eben der überlebenswichtige Gefrierschrank.

Auch nicht super viel Schatten – aber wenigstens ein wenig. Die Nachmittage verbringen wir aber in der Küche. Unter der Markise sind 49 Grad.

Die Hütten – die in der Mitte ist unsere Küche

Unser Campingplatz – hier die Hüttenanlage – alles steht leer – kein Mensch da. Nicht mal der Vermieter. Auch etwas gruselig.

Eine Küche für uns ganz allein – sogar einen Ofen gibt es – der erste in einem Camp – das schenkt uns mal eine Pizza. Klar, Ofen an bei der Hitze ;-)

Das ursprüngliche Leight Creek befand sich ein paar Kilometer nördlich. Ein lebendiger Ort mit bis zu 2.500 Einwohnern. Die meisten arbeiteten in der angrenzenden Kohlemine. Dann wurde die Kohlemine erweitert und man verlegte Leigh Creek in den 80er Jahren auf seinen heutigen Standort.

2016 wurde die Kohlemine geschlossen. Und die Leute zogen weg. Jetzt wohnen noch 200 Menschen in dem etwas unheimlichen Ort. Viele der nicht mehr benötigten Häuser wurden abgerissen bzw. abtransportiert und wo anders wieder aufgestellt. Um den inneren Kern von Leigh Creek findet man überall die Reste von ehemaligen Straßen und Fußwegen.

Die verbliebenen Einheitsbauten sind von hohen Wellblech-Zäunen eingefasst. Kaum ein Mensch ist auf der Straße oder in den winzigen Garten-Verschlägen zu sehen. Im überdachten Einkaufskomplex hat nur noch ein Medic-Center, der Schnapsladen und Supermarkt geöffnet. Alles andere steht leer.
Der Supermarkt ist nicht sehr groß, aber insbesondere die Frische-Abteilung ist ungewöhnlich gut sortiert: zwei Sorten Melonen, Zuckerschoten, frische Champignons – und so weiter. Eine tolle Auswahl. Für so wenig Menschen, wie kann das sein? Aber unser Überleben ist prima gesichert – keine zehn Minuten Fußweg vom Gefrierschrank entfernt.

Ich dachte schon, dass ich etwas für meine Haare tun könnte. Nein, leider geschlossen.

Jeder Regentropfen wird in Leigh Creek aufgefangen. Wasser aus dem Hahn ist feinstes Trinkwasser – aufbereitet mit einer Osmoseumkehranlage in Leigh Creek.

Die Kirche im Einkaufskomplex – von hinten alles Fake

Die Menschen wohnen in Leigh Creek irgendwie eingezäunt – da wir wir stehen – befinden sich alte Straßen

Farblos und eingesperrt – Wohnen in Leigh Creek

Mich gruselt der Ort etwas

Wir beschließen, die Hitzewelle hier abzuwettern. Durch die Gegend zu fahren, macht keinen Spaß. Und wandern ist fast ausgeschlossen. Diese Hitze ist schon belastend. Vor allem, weil es nachts nicht mehr abkühlt. Üblicherweise fällt  in Wüstenregionen die Temperatur nachts deutlich ab. Während einer Hitzewelle nicht. Morgens um sechs Uhr – der kühlsten Stunde des Tages-  herrschen bereits (oder noch – wie man will) 33 Grad.

Unser Zelt hat an drei Seiten Gaze, so dass wir Luft rein lassen können, aber die ersten Nächte weht da kaum ein Lüftchen hinein. Am späten Nachmittag des vierten Tages ist die Hitze dann vorbei. Von jetzt auf sofort. Es kommt Wind auf, viel Wind. Die Temperatur fällt innerhalb von zwei Stunden um zehn Grad. Die Nacht wäre herrlich, würde es nicht so stürmen. Und morgens beim Frühstück sitzen wir mit Fleecejacke in der Sonne. „29 Grad – gefühlt wie 25“, sagt der Wetterbericht. Da kann man schon mal frieren. ;-)


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Heißer Besuch in Arkaroola

21.Jan.24,  Australien/SA/Arkaroola, Tag 51-52 Roadtrip,  4.241 km total, 158 Tages-km

Nach Minenstadt Blinman geht es 160 Kilometer (drei Stunden Fahrzeit) über Schotterpiste Richtung Vulkathunha-Gammon Ranges Nationalpark. Dieser ist der nördlichste Teil der Flinders Kette und am wenigsten besucht. Tatsächlich kommt uns auf der gesamten Streck kein einziges Auto entgegen. Das einzige Fahrzeug, was wir sehen, ist ein Wohnwagen-Gespann, das wir überholen.
Die unbefestigte Straße wäre auch mit normalen Autos befahrbar, wären nicht die Furten, die durch ausgetrocknete Bäche führen. Hier gibt es häufig Auswaschungen oder es liegen angespülte Steine auf dem Weg.

160 Kilometer Schotterpiste – mal eben

mal bergig und ohne Fernsicht

Und das erste Mal machen wir mit Bodenwellen Bekanntschaft. Die sehen aus wie die Wellen im Watt, wenn sich das Wasser zurück gezogen hat. Langsam sind diese Wellen nicht befahrbar. Bundy schüttelt sich. Die Zähne klappern. Alles rappelt und wackelt. Achim gibt Gas. Und tatsächlich, wie einschlägig beschrieben, kann man klapperfrei fahren, wenn man nur schnell genug ist. 60 plus km/h müssen es aber schon sein. Das birgt dann natürlich die Gefahr, dass man ein heftiges Schlagloch oder ähnliches nicht rechtzeitig sieht.
Aber der Kutscher bringt uns sicher zum Ziel.

Felsformation auf dem Weg zum Camp

Unser Ziel ist ein Eco-Camp, was bereits 1968 gegründet wurde. Die Familie vom Geologen Sprigg (eben jener, der den wundersamen Fund machte, der mit dem goldenen Spike gekennzeichnet ist) betreibt einen Mix aus Luxus-Lodges, Zeltplatz, 4WD-Spielplatz und drei Observatorien.

Von den Lodges (über sechzig an der Zahl) sind nur drei, vier Häuser besetzt. Den riesigen Zeltplatz teilen wir uns mit dem Aussie-Ehepaar, was wir vorher überholt haben. „Wir steigen jetzt in unseren klimatisierten Landcruiser und gehen off-roaden. Und wir steigen heute auch nicht mehr aus“, verkündet uns der ältere Haudegen, Typ Crocodile Dundee.
Richtig machen die das, finden wir. Auf dem fast baumlosen Gelände hocken wir den Rest des Nachmittags unter unserer Markise und hecheln. 39 Grad sagt die Vorhersage – 39 Grad zeigt unser Thermometer.

Stellplatz fast komplett ohne Schatten – bei den Temperaturen schon eine kleine Herausforderung

Der Sonnenuntergang mal die Berge bunt

Am nächsten Morgen gehen wir rechtzeitig los zur Wanderung in dieser wundervollen Landschaft. Es ist noch kühl: 33 Grad! :lol: Aber dank niedriger Luftfeuchtigkeit und mit viel Wasser schaffen wir eine schöne Runde. Am Nachmittag geht gar nichts mehr – die Temperatur erreicht 43 Grad.
Und die weitere Vorhersage ist nicht positiv. Eine Hitzewelle von Westen kommend, überrollt die nächsten Tage fast gesamt Australien. In Arkaroola sind Spitzenwerte von 47 Grad angesagt.

Wandern geht nur noch am Vormittag – ab Mittag wird es viel zu heiß

Die Observatorien sind unser Ziel

Kleine Observatorien – man kann Vorführungen buchen – wir leider nicht – der Mond ist fast voll und überstrahlt den Sternenhimmel

Dies ist ein Model des Ein-oder Vielzellers den der Geologe Sprigg entdeckt hat. Wir sind unten dran vorbei gegangen und haben es für Parkplatzmarkierungen gehalten. :lol:

Die letzten Ausläufer der Flinders Kette

Neben der Hitze machen uns auch die Fliegen das Leben schwer. Waren sie in den ersten Camps in den Bergen noch erträglich, so nerven sie hier schon gewaltig. Mit dem Netz überm Kopf geht es, aber beim Abendessen ist es böse. Die Fliegen setzten sich in Augen, Nase und Mund, weil sie scharf sein sollen auf das Eiweiß in unseren Körperflüssigkeiten.
Wir haben es mit einem Fleischopfer etwas abseits auf einem Teller versucht. In der Tat, das interessiert sie gar nicht. Aber unsere Nudelsauce mit Sahne, da sind sie scharf drauf.  Brrrrr. Eklig. Hunderte kommen aus allen Ecken angesaust. Mit einer Hand wedeln wir, mit der anderen versuchen wir die Nudeln in den Mund zu stopfen. Möglichst ohne Fliegeneinlage. Pfui.

Der Familienrat entscheidet, dass wir fliehen und nach nur zwei Tagen wieder abreisen. Wir fliehen den Fliegen und der Hitze, beides auf einmal ist zu viel für schwache europäische Gemüter im Outback. ;-)

Der Australische Gruß – Fliegen vor dem Gesicht weg wedeln

 

Fliegen und Kuhscheiße Talk

Die Fliegen gab es schon vor Ankunft der weißen Siedler in Australien. Brav haben sie ihre Eier in die harten Ködel von Kängurus abgelegt und sich vernünftig vermehrt. Dann kamen die Rinder. Dreißig Millionen sollen es in Spitzenzeiten gewesen sein (heute noch 22 Millionen).
Mit den Rindern kamen die Kuhfladen. Was fehlte, waren Mistkäfer. Sorgen diese Scheiße liebenden Tiere in Europa und Amerika für eine ökologisch saubere und rasche Entfernung der Fladen, so bleiben sie in Australien einfach liegen. Dreißig Millionen Kühe fladdern ungefähr dreißig Quadratkilometer mit ihrem dünnflüssigen Dung zu – täglich.
Der Australische Mistkäfer kann damit nichts anfangen. Es schmeckt ihm nicht. Fliegen hingegen lieben die weichen Kuhfladen und konnten sich unkontrolliert vermehren.
In den 60er, 90er Jahren und 2015 brachte man verschiedene Mistkäfer ins Land, um die Fliegen-Plage einzudämmen. Zum Teil mit Erfolg. Aber es dauert noch, bis sich ein vernünftiges Gleichgewicht eingestellt haben wird.

Da die Kuhfladen zu lange in Australien liegen bleiben, nützen sie nicht nur den Fliegen, sondern schaden auch den Weideflächen. Sie bedecken zu lange die Grasnarbe. Neues Gras wächst nicht nach, Flächen verdorren. Erosion folgt. Weideland ist für immer verloren.
Ein Hoch auf die euro-amerikanischen Mistkäfer. Guten Appetit – haut bloß ordentlich rein.


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Minenstadt  Blinman

19.Jan.24,  Australien/SA/Blinman, Tag 49 Roadtrip,  4.089 km total, 44 Tages-km

Nach drei Tagen im Busch soll es eine heiße Dusche geben. Wir stoppen in Blinman und landen auf dem hässlichsten Campingplatz der Reise. Abgestellt auf Schotter (28 Dollar) hinter dem „Hotel“,  was dazu gehört. Der Dorf eigene Generator wummert im Hintergrund.
In der Küche hängt ein Warnhinweis, bitte kein Leitungswasser in den Wasserkocher geben. Dieser ginge  davon kaputt. Na, das lesen meine Haare ja ganz besonders gerne. :mrgreen:
Im Duschraum riecht es nach Schwefel und sämtliches Porzellan hat schwarze Verfärbungen. Die  Armaturen sind übelst angelaufen. Dass Australien voll mit Metallen, Mineralien und Bodenschätzen ist, war klar. Aber in dieser Heftigkeit?

Blinman Hotel

Unschöner Campingplatz

Schlechtester Platz bisher

Alles andere im Dorf hat geschlossen.  Der Dorfladen. Das Café. Und die Information, die auch Touren durch die Mine anbietet. Saure Gurken Zeit. Wir sind mal wieder die einzigen Gäste. Staubige Straßen führen durch den Ort. Eine Hauptstraße und eine Nebenstraße. Wikipedia verrät, dass in Blinman noch 43 Menschen leben.

Blinman heute – fast verlassen und aufgegeben

Alte Häuser sind verlassen in Blinman

Das war einmal anders, wie wir auf einem Rundweg rund um die alte Kupfermine erfahren. In die Mine kommen wir zwar nicht, aber der oberirdische Teil ist kostenlos zugänglich und vom Feinsten mit Schautafeln bestückt. Da hat Australien echt was drauf. Klasse.
1859 entdeckte ein Schäfer, Robert Blinman, Kupfer auf seiner Weide. Schnell wurde dieser Fund ausgeschlachtet. Mit einigen Unterbrechungen arbeitete die Mine von 1862 bis 1918 und die Bevölkerung wuchs in der Hochzeit der Förderung auf zweitausend Personen an.

Blindman Mine 1907

Zwei riesige Schlackeberge werden hier „für immer“ liegen – mit Schubkarren wurde das glühende Zeug über die Kante gekippt – wer nicht aufpasste, verbrannte jämmerlich bei dieser schweren Arbeit

Allerdings kann Blinman kein Wohnort der Freude gewesen sein. Der Schmelzofen lief 365 Tage rund um die Uhr. Häcksler, die das Gestein zermalmten, müssen einen furchtbaren Lärm gemacht haben. Der Abraum der noch glühenden Schlacke leuchtete in den Nachthimmel. Lungenkrankheiten und eine hohe Kindersterblichkeit waren zu beklagen. Nach der Aufgabe der Förderung verließen die Arbeiter diesen abgeschiedenen Ort. Zudrück  blieben ein riesiger Berg erkalteter Schlacke, ein großes Loch in den Felsen und ein paar Bauruinen. Und 43 Menschen, die heute von der Schafzucht und Tourismus leben.

Blinman Friedhof

 

Insekten Talk

Spinnen:  Es ist nicht so schlimm, wie erwartet. Darüber bin ich sehr glücklich (Achim im Geheimen auch – hehe ). Zumal die ein oder andere Spinne ja auch giftig ist. Wir hatten zwar schon ein fettes Exemplar im Türinneren vom Auto hängen. Das konnte mit Hilfe von zwei Stöckern an die Luft gesetzt werden.
Meine Anfangsidee immer alle Autotüren geschlossen zu halten, entpuppte sich als Witz. Nicht umsetzbar.  Zeitweise stehen alle fünf Klappen offen.
Ab und an huscht ein mausgroßer Widerling um die sanitären Einrichtungen. Das ist aber alles erträglich.

Ameisen: Wir wussten nicht, dass Australien von Ameisen bevölkert, ja wahrscheinlich zusammen gehalten wird. Kein Quadratmeter, der ohne Ameisen ist.

Winzlinge, die sofort zur Stelle sind, fällt auch nur ein Stück Apfel auf den Boden. Super Staubsauger. Am nächsten Morgen ist alles aufgeräumt und verputzt. Leider kriechen sie auch in jeder Mülltüte. Da kann man sie dann gut weg transportieren, wenn wir den Müll nicht auf dem Campingplatz lassen können (Nationalparks).

Etwas größere Ameisen, die über alles krabbeln, was in ihrem Weg liegt. Tische, Hände, Zelt. Die sind ebenfalls harmlos. Wohnen jetzt allerdings auch im Auto und reisen mit uns weiter. Das muss man im Auge behalten, ob Vermehrung ansteht.
Daneben gibt es noch große Krieger-Ameisen, die ganze Autobahnen in den Waldboden latschen und Ameisenhügel aus Steinen errichten. Die lassen uns Menschen ebenfalls in Ruhe.

Von zarten Armeisenfüssen gelaufene Furche

Im letzten Camp gab es Killer-Ameisen. Auch sehr kleine Exemplare. Bleibt man nur fünf Sekunden an der falschen Stelle stehen, wird man überfallen.  Oder sie belagern sofort die entsprechenden Stuhlbeine. Die Biester krabbeln hoch bis zum Knie, zunächst unbemerkt, um dann zig-fach mit ihren winzigen Zangen zuzukneifen. Da bleibt einem nur noch zu springen und die Flucht zu ergreifen. Die Macht des Kleinen über den Großen – wird viel zu wenig angewendet ;-) Komischer Weise kann man zwei Meter weiter stehen ohne, dass etwas passiert. Dort patroulieren sie an den Füßen einfach vorbei.

Fliegen Im Grunde die gemeine Stubenfliege, wie man sie kennt. Etwas kleiner vielleicht. Das sind die wahren Plagegeister denen wir bisher begegnet sind.  Sie fallen über uns Menschen her, um sich an unseren Körperflüssigkeiten satt zu trinken. Gezielt fliegen sie in Nasenlöcher oder setzten sich in den Augenwinkeln fest. Versuchen in die Ohren zu kriechen. Beim Wandern bitte nicht sprechen – schnell ist eine verschluckt (Achim :mrgreen: )
Hartnäckig verteidigen sie ihre frisch gefundene Quelle. Wenn man sie verscheucht, setzten sie sich sofort zurück an die gleiche Stelle.
Es sind hunderte Fliegen, die uns um den Kopf kreisen. Super nervig. Da man das nicht länger aushält als ein paar Stunden, hat die Australische Camping-Industrie Kopfnetzte erfunden. Achim versucht es als erster. „Dein Leben wird ein Wunderbares sein“, verspricht er mir. Ich bleibe vorerst beim Wedeln, aber dann stülpe ich mir auch ein Netz über. Und siehe – mein Leben ist ein wunderbares. Die Netze sind zwar auch etwas lästig, aber kein Vergleich zu den Fliegen.

Brille unter dem Fliegennetz wechseln – nicht so einfach


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Wo das Leben begann – Ikara-Flinders Ranges

18.Jan.24,  Australien/SA/Trezona, Tag 44-48 Roadtrip,  4.045 km total, 203 und 52 und Tages-km

Bevor wir den Ort finden, wo das Leben auf Erden begann, haben wir einen Tod zu beklagen: den Tod meiner Haare.
Wir befinden uns im Ikara-Flinders Ranges Nationalpark im ersten Camp am südlichen Eingang. Das Wasser aus den Leitungen sei kein Trinkwasser warnen Schilder.  Pro Tag Übernachtung darf man sich deswegen zehn Liter Trinkwasser im Camp-Shop abholen. Eine sehr großzügige Regel.
Ich gehe abends unter die Dusche und merke schon beim Ausspülen vom Shampoo, halt – hier stimmt was nicht. Die Haare fühlen sich stumpf an. Ich trockne sie vorsichtig ab und versuche zu bürsten. Keine Chance. Am Pony komme ich noch durch, am Hinterkopf ist alles spontan verfilzt. Es fühlt sich an wie Pferdehaare.
Achim sieht meine Verzweiflung und spendiert eine Spülung mit Trinkwasser. Alles bleibt wie es ist. Die Haare sind unkämmbar. Seinen Vorschlag einer Speiseöl-Kur lehne ich ab. Dann fällt mir meine Bodylotion ein. Ja, damit geht es. Zumindest komme ich halbwegs mit der Bürste durch die Haare. Ich sehe aus wie John Travolta. Jetzt fühlt es sich an wie fettige Pferdehaare.

Am nächsten Tag im Shop dann die Überraschung. Der winzige Laden hat nur ein paar Lebensmittel und – jawohl – drei Sorten Haarspülung und eine Familienpackung mit breitzinkigen Kämmen. Ja, woher das wohl kommt? Ich bin wohl nicht der erste Gast mit Haar-Problemen, oder wie? Ich kaufe eine Packung. Die Fetthaare kommen unter den Hut.
Abends ein Versuch  mit Spülung plus Leitungswasser. Mehr Trinkwasser möchte ich nicht opfern. Wir wollen noch tiefer in den Flinders-Park und Trinkwasser  ist heilig. Ich bürste noch unter der Dusche die Spülung raus und trockne die Haare gar nicht ab. Das Ergebnis ist zum Kotzen. Die Haare stehen ab, als hätte ich in eine Steckdose gegriffen.

Einmal mit den Fingern durchs Haar – es steht einfach nur noch ab

Abgesehen vom ätzenden Wasser (wahrscheinlich mineralisch angereichert und extrem alkalisch) ist das Camp toll. Es ist Nebensaison. Nur ein paar Leute sind mit uns auf dem riesigen Gelände. Den meisten Besuchern ist es im Hochsommer zu heiß in dieser Region. Die Temperaturen können schon mal über 40 Grad ansteigen. Die Ikara-Flinders Ranges liegen am Rande zum unwirtlichen Outbacks mit seinen Halbwüsten.

Wilpena Pound Camp – unten in der Mitte unser Auto

Das ertse Mal campen ohne Rasen – entweder staubig oder es spritzt bei Regen alle Stuhlbeine voll  ;-)

Erste Attraktion ist ein riesiger Kessel in den Bergen, der sogenannte Wilpena Pound. Nur ein Durchbruch existiert zwischen den schroffen Hängen in die Ebene.

Einen Blick in den Kessel erarbeiten wir uns auf einer acht Kilometer langen Wanderung. Die ersten Siedler haben versucht hier Rinder zu halten. Das Projekt scheiterte an einer Dürre-Periode. Dann kam Familie Hill auf die Idee in dem Kessel Weizen anzubauen. Ihre knapp 150  Jahre alte Hütte steht noch immer. Tafeln berichten über das entbehrungsreiche Leben aus Sicht der jüngsten Tochter, deren Tagebuch überliefert ist. Dagegen werden Zitate einer Aborginalen Frau gestellt. Ein Abkömmling der ungewollten und vertriebenen Erstbewohner Australiens, die wie Vieh von den neuen Siedlern behandelt wurden.
Ein bitterer Lehrpfad in phantastischer Kulisse.

Trotz Hitze ist alles üppig grün – das verführte die Siedler zur Annahme, dass es hier immer regnet – leider ein Irrtum

Ein steiniger Weg führt uns zum Rand

Wilpena Pound – ein Kessel – aber nicht vulkanischen Ursprungs

Emus – Ein Weibchen alleine unterwegs

Ein Küken ist gar nicht scheu

Nach drei Nächten fahren wir nur 50 Kilometer weiter. Eine 4WD-Strecke bietet entweder sagenhafte Aussichten oder führt durch zwei Schluchten. In der letzten Nacht hat es heftig geregnet. Der Boden ist noch etwas weich, in den Flussbetten steht noch etwas Wasser. Eine coole Strecke durch altes Gestein.

Tolle Aussichten zwischendrin

Die Flinders Kette

Gewundene Schotterpisten führen zum nächsten Camp

Spannende Strecke

ab und an müssen wir durch Bachläufe fahren

Unsere ersten roten Riesen-Kängurus – noch auf der Flucht

An einem Steilhang soll eine Kolonie der seltenen Gelbfuß-Kängurus leben. Und tatsächlich – die Gruppe weiß, dass sie hier wohnt und ist tatsächlich zu Hause. Im Schatten warten sie auf Ende der heißen Mittagssonne.

Stopp bei den Gelbfuss-Kängurus – die wissen – wo man chic leben kann

Relativ kleine Kängurus – aber die buntesten – besonders hübsch ist der Ringelschwanz

Wie niedlich

 

Das neue Camp ist rustikal. Typisch Nationalpark geführt, hat es nur eine Toilette und kein Internetempfang. Aber die Lage! Direkt an einem zurzeit ausgetrocknetem Flussbett. Zur anderen Seite hat man über eine wellige Ebene den freien Blick auf die Gebirgswände des Wilpena-Kessels.

Camp direkt aus ausgetrockneten Creek

Der Blick von der anderen Seite

Wir sind allein. Da niemand außer uns Wasser benötigt, nehme ich mir aus dem Regenfass, was vom Dach des Toilettenhäuschens gefüllt wird einige Liter Regenwasser zum Haare waschen. Achim assistiert. Es ist wie aus Jenseits von Afrika wo Robert Redfort die Haare von Mariel Streep im afrikanischen Busch shampooniert. Nur, dass Achim keine edlen Verse zitiert, sondern alle erdenklichen Witze über meine Haare reißt. Das Ergebnis mit Regenwasser ist das Beste seit Tagen. Aber die Haare sind kaputt. Tot. Total entfettet und rau. Ein irgendwann zu findender Friseur wird wohl die Hälfte abschneiden müssen.

Am nächsten Tag führt uns ein Wanderweg zum Golden Spike. Dem einzigen auf der Südhalbkugel. Goldene Spikes sind über den gesamten Erdball verteilt und markieren eine zeitliche Referenz innerhalb der verschiedenen geo-geschichtlichen Epochen. In den Felsen der Flinders Berge fand man die ersten tierischen Mehrzeller der Welt. Ein neues Zeitalter musste her. Das Ediacarium wurde benannt. Wir stehen auf Steinen, die über 620 Millionen Jahre alt sind. Damit nicht genug: gleich nebenan befinden sich versteinerte Stromatolite. Diese Urform an Einzellern war die erste Lebensform auf der Erde, die Sauerstoff produziert hat. Diese Ablagerungen haben den Startschuss für das Leben gesetzt, wie wir es heute kennen.

Der Golde Spike in Australien – tatsächlich ist überall auf der Welt eine Platte in Stein eingelassen worden

Stromatolite – womit alles begann

Viele Tafeln mit schwierig zu durchschauenden Erklärungen über die Entstehung dieser Steine. Viel Theorie – noch interessanter für Geologen. Wird man allerdings vom Jauch eingeladen, kann man ohne, dass die vier Antworten eingeblendet sind auf die Frage „wo befindet sich der Golden Strike das Ediacariums?“, Flinders Ranges heraus posaunen.  Bitte, geht doch.

Total schön hier. Die Landschaft ist einmalig – Alter hin oder her.


15

Strecke machen bis zur Outback-Kante

13.Jan.24,  Australien/NSW/Peterborough, Tag 41-43 Roadtrip,  3.790 km total, 348 und 264 und Tages-km

Wir verlassen mit zwei größeren Tages-Etappen die fruchtbare Riverina-Ebene. Damit hört die Landwirtschaft aber noch lange nicht auf. Aus plattem Land werden leichte Wellen. Wir arbeiten uns aus der Ebene kontinuierlich auf 550 Meter hoch. Auf dieser Hochebene ziehen endlos Weinfelder und andere beackerte Flächen an uns vorbei. Unweigerlich stellt man sich die Frage: wer erntet das alles?
Die Frage wird beim ersten Zwischenstopp in Cobdogla beantwortet. Ein Glücksgriff Campingplatz (28 Dollar). Die Stellplätze ohne Strom liegen direkt am Fluss. Malerisch stehen ein paar alte Baumgerippe im Fluss. Ein Keilschwanzweih (whistling kite) Paar hat sein Nest direkt vor unserer Nase. Die Jungen sind knapp flügge.

Zwei – die auf ihr Futter warten

Der Futterlieferant ist da

und holt auch schon wieder Nachschub

Neben uns zelten vier, fünf Work and Holiday Pärchen. Die campieren nicht in Cobdogla, weil es so schön ist. Tatsächlich ist hier der Hund begraben. Für zweihundert Einwohner gibt es nicht mal einen Laden.  Die jungen Leute sind hier, um zu arbeiten. Die Regel für ein Work and Holiday Visum besagt, dass man 88 Tage arbeiten muss. Nicht alle Jobs werden anerkannt, aber Erntehelfer zählt. Da die Temperaturen tagsüber gerne Mitte dreißig Grad erreichen, gehen die Worker nachts arbeiten. Zurzeit sind die Wassermelonen reif. Eine ziemliche Schufterei, wie sie uns erzählen. Tagsüber schlafen sie neben dem Auto im Schatten. Hei, da können 88 Tage aber lang werden.
Wir genießen jedenfalls zwei Tage den tollen Standort, spazieren am Fluss entlang und beobachten den Nachwuchs der Weihe. ;-)

Ein super Platz mit Blick auf das Nest – bei den großen Überflutungen in Australien 2022/23 standen hier 4 Meter Wasser. Kaum vorstellbar.

Perfekte Fluss-Idylle

Der Rest vom Campingplatz ist nicht so schön – wo es Strom gibt – haben sich die abenteuerlichsten Bauten um Wohnwagen etabliert

Weiter geht es nach Peterborough. Jetzt ziehen endlose Weideflächen an uns vorbei. Zum Teil gemäht und längst zu Heu gepresst. Zum Teil versuchen Rindviecher und Schafe auf braunen Wiesen nicht zu verhungern. Baume für Schatten sind Mangelware. Schön erscheint uns so ein Rinder-Leben nicht.

Endlose Weiden

Peterborough ist eine Eisenbahn-Stadt. Lebt noch heute von den goldeneren Zeiten, als sich hier drei Gleise trafen. Alle mit unterschiedlicher Gleisbreite. Ein Kuriosum in Australien. Jeder State hat in der Gründerzeit sein eigenes Gleisbreiten-Süppchen gekocht. Fahrgäste mussten tatsächlich die Züge wechseln, um weiter fahren zu können.
Heute rattert nur noch zweimal in der Woche der Indian Pacific Train durch Peterborough, der in 65 Stunden auf 4.352 Kilometer von Sydney nach Perth (und zurück) fährt. Angehalten wird nur an einer Handvoll Haltestellen. Aber trotzdem zählt diese Zugstrecke unter Bahnfans zu einer der attraktivsten Zugfahrten, die man unternehmen kann. Im Luxus-Waggon ist man im Schnitt mit 5.000 Dollar dabei.

Peterborough hungert aus. Die Einwohnerzahl ist von fünftausend auf nicht mal zweitausend geschrumpft. Viele Häuser stehen leer. Immobilen sind preiswert zu haben. Die Bevölkerung ist überaltert. Arbeit geniert sich aus sich selber heraus. Die Leute schaffen entweder bei der Gemeinde oder im Krankenhaus.
Aber der Ort überrascht uns. Alles ist tip-top in Schuss gehalten, auch der Campingplatz ist super (25 Dollar).
In einem alten Waggon finden wir eine schön gemachte und kostenlose Ausstellung über den Ort. Und der Supermarkt hat eine größere Auswahl als so manches Geschäft in den großen Städten.
Ein perfekter Ort, um sich für das Outback vorzubereiten. Australien, wie man es sich vorstellt – wir stehen an der Schwelle. Morgen geht es los.

Cowboystädtchen Peterborough – auch in der Provinz gibt es immer was zu entdecken

 

 

Bundy Tracking

Ich habe hier einen schönen Link über unsere Route. Die App Polarstep zeigt prima, wo wir uns gerade befinden.  Klick  .Roadtrip Australien

Technik Talk

„Alles nur noch China-Schrott“, der Satz fällt einmal wöchentlich.

Nach nicht mal vierzehn Tagen sind die Bolzen der Verschlüsse vom Dachzelt-Deckel durchgebrochen. Achim mein Held hatte aber mitten im Wald in Barrington Tops alles dabei, was der ambitionierte Camper braucht. Woher er wusste, dass er 5 mm Edelstahlschrauben brauchen würde … ich weiß es nicht.

Bolzen gebrochen und weg – zum Glück haben wir nicht auch noch den Schließer verloren. Die sind jetzt mit Karabinern gesichert.

Unser Ofen (eigentlich ein tolles Teil. Die zwei Brenner schaffen richtig Hitze. Ich kann kochen, was ich will) ist schon der zweite. Zum Glück haben wir den bei BCF – einer großen australischen Laden-Kette gekauft. Reklamationen in jeder Filiale möglich. Man stellt sich nicht an, Beschwerden werden ernst genommen. Der erste Ofen hat grade mal drei Wochen gehalten, da war ein Brenner kaputt.
Vom Ersatzofen ist nach zehn Tagen der Gastschlauch geplatzt. Nicht das innere Gewebe, aber doch die Umhüllung, obwohl wir immer drauf achten, dass er im Schatten steht. Anstandslos gab es einen Ersatz.

Lammhaxen – alles kein Problem mit dem Kocher – hoffentlich hält er durch – er gefällt mir

Unsere Campingstühle haben fünf Wochen gehalten. Immerhin. :mrgreen: Aber nur, weil Achim gebrochene Nieten (bereits nach zwei Wochen) durch Schrauben ersetzt hat. Die Konstruktion der Stühle ist aber so blöd, dass auch das nicht gehalten hat. Gekauft ebenfalls bei BCF. Rückgabe der Stühle und Geld zurück kein Thema. Unsere neuen Stühle sind von Anaconda – dem zweiten großen Ausrüster in Australien.

Mal sehen, wie das weiter geht.


3

Angeschmiert, mit Butter lackiert

09.Jan.24,  Australien/NSW/Balranald, Tag 39-40 Roadtrip,  3.179 km total, 134 Tages-km

Dieser alte Kinderreim beschreibt sehr gut unsere letzten drei Tage in der Riverina. :mrgreen:
Der große Regen verschont uns in Hay, sorgt allerdings örtlich für heftige Überschwemmungen.  Aber der Campingplatz im Mungo Nationalplatz ist zur Buchung wieder freigegeben, wie uns eine Prüfung im Buchungsformular wissen lässt. Allerdings erst in zwei Tagen. Okay, das macht nichts, wir überbrücken halt (nach den ersten drei) die zwei Tage auch noch. Wir buchen zwei Nächte: vom 10. bis 12. Januar. Die Abbuchung erfolgt sofort – 50 Dollar! Dass uns das Camp-Formular anschmiert, wissen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Da wir in Hay alle Sehenswürdigkeiten abgeklappert haben, beschließen wir einen Ort näher zum Mungo NP aufzurücken und dort die Wartezeit zu verbringen.

Durch die Plains – wenig Veränderung über endlose Kilometer – und dann noch regnerisches Wetter

In Balranald schmiert uns als nächstes der Campingplatz an. An der unkooperativen Dame an der Rezeption beißen wir uns die Zähne aus. Die auf der Homepage ausgewiesenen ‚unpowered sites‘ für 25 Dollar kann (will) sie uns nicht geben. Es hätte zu sehr geregnet letzte Nacht. Dass uns etwas Wasser auf der Wiese nicht stört, da wir ein Dachzelt haben, interessiert sie nicht. Dass die Plätze mit Strom genauso nass sind, ebenfalls nicht.
Ein Stellplatz mit Stromanschluss kostet 40 Dollar. „Wir stöpseln nicht ein“, versichert Achim. „Das mag sein, aber es könnten ja andere Gäste kommen, die Strom wollen, also muss ich den vollen Preis euch haben“. Lächerlich. Ein Blick genügt – der Platz ist leer (und soll sich bis zum Abend auch nur zu einem Viertel füllen).
Balranald hat zwar auch einen Showground, allerdings nur für 24 Stunden Standzeit. Uns gehen die Alternativen aus. Wir schlucken die Kröte und zahlen der doofen Ziege zwei Nächte für je 40 Dollar – und stöpseln ein ;-) .

Der Campingplatz ist ganz nett – aber 15 Dollar für Strom (den wir nicht brauchen) – lächerlich

Das Dorf mit tausend Einwohnern ist schnell abgelaufen. Es gibt auch hier ein altes Gefängnis. Der letzte Mann, der 1967 in Australien gehängt wurde, saß hier ein, weil er ausgerechnet hier mit einem Banküberfall seine Verbrecherkarriere begonnen hat. Mehr Sensationen hat der Ort nicht zu bieten.

Die Foto-Sensation in Balranald – klar braucht ein tausend Seelenort eine Hundewasch-Anlage

Wer viel Platz hat – kann großzügige Straßen bauen – hier kann ein Space Shuttle landen

Allerdings eine Touristen-Information, die Touren eben auch in den Mungo Nationalpark anbietet. Wir schwätzen mit der netten Dame hinter dem Tresen. Und wieder werden wir angeschmiert: „Die Straße in den Park ist gesperrt! Ich glaube nicht, dass die Übermorgen wieder aufmachen. Nein, ganz sicher nicht.“
Wir sind verwirrt. Wie kann die Parkverwaltung Buchungen für einen Zeltplatz frei geben, wenn man gar nicht hin kommen kann? „Der Park entscheidet nicht über die Zufahrten“, lernen wir. „Das macht die Gemeinde. Mit uns als Info-Zentrum spricht der Park aber nicht, wir müssen jeden Morgen im Internet raus suchen, ob der Park geöffnet hat. Wenn ihr in Zukunft plant, dann schaut ihr besser auf die Veröffentlichungen der Gemeinen, die über Straßensperrungen informieren.“

Wir sind jetzt schlauer – die Straßen sperren die Gemeinden

Na, das läuft ja. Unter den Umständen würden wir Morgen abreisen. Balrandal ist nicht so spannend und wer weiß, wie lange es dauert, bis die Straßen wieder frei gegeben werden.  Aber die Ziege an der Camp-Rezeption brauchen wir gar nicht fragen, ob wir für die zweite Nacht unser Geld wieder bekommen. Sie hatte gleich gewarnt als Achim gleich für zwei Nächte bezahlt hat (wahrscheinlaich das erste Mal in der Geschichte des Platzes, dass sowas vorgekommen ist), eine Rückzahlung wird es nicht geben.

Wir recherchieren, wie wir unser Geld vom Nationalpark wieder bekommen können. Im Kleingedruckten steht, dass man auf Rückzahlung nur Anspruch hat, wenn das Camp geschlossen hat. Status im Internet: ‘Alles geschlossen, alle Wanderwege, alle Tracks, nur das Camp ist geöffnet.“

Wir vertagen einen Anruf auf den nächsten Tag. Der bringt endlich wieder Sonnenschein. Zu spät. Wege sind noch feucht und matschig. Die Straße nach Mungo bleibt geschlossen.  Wie lange, kann uns keiner sagen. Wir drehen eine große Runde um das gesamt Dorf. Viel gibt es in der Tat nicht mehr zu entdecken.
Am Nachmittag dann der Anruf bei der Parkverwaltung. Es braucht fünf Anläufe und zwei verschiedene Kontakte im Callcenter. Dann ist es geschafft. Wir werden die Gebühren erstattet bekommen.

Insgesamt haben wir in der Riverina Region sieben Nächte verbracht. :lol: Bestimmt hat es auch das noch nie gegeben. Die Hauptattraktion auf der Strecke ist eindeutig der Mungo Nationalpark. Schade.

Angeschmiert, mit Butter lackiert.
Abgeleckt, hat gut geschmeckt.

P.S. Update heute am 11. Januar: Park geschlossen bis 15. Januar. Also war es richtig, nicht zu warten.


21

PitStop in der Provinz

03.-07.Jan.24,  Australien/NSW/Hay, Tag 34-38 Roadtrip, 2.3042 km total, 186+269 Tages-km

Ein Reifen verliert Luft. Und zwar schon seit kurz nach Weihnachten. Wegen der Feiertage konnten wir bisher keine geöffnete Werkstatt finden. Achim hat jeden Tag mit einem kleinen Kompressor (extra gekauft) Luft  nachgepumpt, so konnten wir uns ganz gut behelfen. Aber der Luftverlust wird größer, wir brauchen dringend einen Reifen-Höker. Wir verlassen endgültig die Berge und den dicht besiedelten Osten. Orte, die diese Bezeichnung verdienen, liegen plötzlich fünfzig Kilometer und mehr auseinander. Nach 200 Kilometern erreichen wir Wagga Wagga. Mit 50.000 Einwohnern eine Stadt, die alles haben sollte. Da wir nicht wissen, ob und wie schnell uns geholfen wird, und im Zentrum bleiben wollen, reservieren wir auf dem örtlichen Showground einen Zeltplatz. Fast jedes Dorf in Australien hat einen Showground für seine lokalen Veranstaltungen und ist oft zum Übernachten geeignet.
Nach dem Bezahlen (30 Dollar mit heißer Dusche) bekommt wir einen Code zugeschickt mit wir die Schranke zum Gelände öffnen können. Wir staunen, wo wir gelandet sind. Auf dem Grundstück gibt es eine Hunderennbahn – gut ausgestattet mit Flutlichtlampen. Für den Wochenmarkt steht eine extra Halle zur Verfügung und der jährliche Viehmarkt findet im September statt, wie eine Werbung verspricht. Am äußersten Ende stehen Pferdeställe und dahinter dürfen wir unser Zelt aufschlagen. Die Duschgebäude wirken alt und ramponiert. Man möchte umdrehen. Aber nein, das wäre ein Fehler. Ein Rentner-Paar mit Blumentöpfen vor dem Wohnwagen sorgt für Ordnung. Und Mutti macht das richtig gut. Mit dem C-Schlauch rauscht sie morgens durch die Bude. Die saubersten Toiletten und Duschen unserer Tour. Keine Spinnweben oder Kokons in den Ecken, obwohl die ganze Nacht die Türen offenstehen und das Licht unfassbar viele Insekten herbei lockt.

Der Blick auf die Ställe vom Zelt aus

Hinterm Zelt ein Zaun – dahinter Schienen – angeblich nur sieben Züge am Tag – aber alle fahren nachts :mrgreen:

Showground in Wagga Wagga

 

 

Beim Reifen-Höker läuft es ebenso gut. Nach zehn Minuten Wartezeit ist der Reifen runter. Eine Viertelstunde später repariert. „Ihr habt euch einen Nagel reingefahren. Ich hab’s geflickt und das hält bis zum Lebensende des Reifens“, versichert der Monteur.  Wir staunen und freuen uns – 35 Dollar (22 Euro) statt zwei neue Reifen. Sehr schön.

Da alles so gut klappt, haben wir noch viel Zeit, um uns Wagga Wagga anzusehen. Ein netter Ort mit moderner Innenstadt und hübschen Geschäften und Cafés. Das nagelneue Heimatmuseum ist kostenlos (eine Spendenbox steht bereit) und informiert ganz nett über die Region Riverina.

Wertvolle Ausstellungsstücke im Museum – typisch für Neuseeland und Australien. Aber wir lernen auch, dass die Bee Gees als Teenager in Wagga Wagga ihre ersten Songs komponiert haben. Bitte – Reisen bildet.

Trotzdem alles nett gemacht im Wagga Wagga Museum

Der fruchtbare Boden und drei Flüsse haben aus der weiten Ebene einer der wichtigsten landwirtschaftlichen Gebiete Australien gemacht. Unfassbare Quadratmeter (fast zwei Milliarden) werden bewässert und dienen dem Weinanbau, Reis, Weizen und Zitrusfrüchten. An den trockenen Rändern  grasen Kühe und Schafe. Die Region gilt schon seit zweihundert Jahren als wohlhabend. Als andere Neuankömmlinge in Australien sich weiter im Süden dem Goldrausch hingegeben haben, haben die Farmer der Riverina erkannt, dass so viele neue Siedler viel essen müssen.

Wir fahren knapp dreihundert Kilometer weiter. Die Landschaft ändert sich kaum. Entweder Ackerbau – zweimal sehen wir, dass per Flugzeug Pestizide oder Dünger gespritzt werden. Oder Schafe. Aus leichten Hügeln ist längst ein Teller geworden. Platter als Ostfriesland.

Hunderte Kilometer verändert sich die Landschaft kaum – Orte gibt es nicht mehr – nur noch verstreute Höfe

Wir landen in Hay. Hay liegt in der Mitte-Mitte der Riverina. Ist Drehkreuz für alle, die die über tausend Kilometer durch die Ebene fahren müssen. Dreitausend Einwohner. Provinz. Tiefste Provinz. Ein wenig scheint hier die Zeit stehen geblieben zu sein. Alles ist adrett. Die Grünflächen vor den Häusern sind gemäht und die Häuser in einem guten Zustand. Das öffentliche Schwimmbad inklusive Spaß-Springbrunnen kostet keinen Eintritt. Es muss der Gemeinde sehr gut gehen.

Hübsche Gärten

und hübsche Häuser in Hay

So etwas gibt es gar nicht im richtigen Leben – ein Rondell mit Stickgarn in allen RAL Farben. So was gibt es nur im 3000 Menschen-Ort Hay im Handarbeitsgeschäft.

Charmant altmodisches Schild vom Motel – so schlimm ist die Situation nicht – es gibt nicht nur Direktwahltelefon – sondern sogar Internet im ganzen Dorf

Hay hat ein Touristen-Information-Zentrum (jawohl!), die kostenlos Fahrräder verleihen und eine Dusche für zwei Dollar anbieten. Zwei gut sortierte Supermärkte, fünf Motels und zwei Museen. Ein Museum liegt im herausgeputzten alten Bahnhof. Das andere im ehemaligen Gefängnis. 1878 hatte man entschieden, dass ein Knast hermuss, da die Schwarzbrennerei von Schnaps überhand genommen hat.

Das ehemalige Gefängnis – war auch schon Hospital und Besserungsanstalt für unerzogene Mädchen bis in die 60er Jahre. „Hölle auf Erden“, lautet ein Zitat in der Ausstellung. Hier Eintritt 5 Dollar – die Ausstellungsstücke sind ähnlich wie in Wagga Wagga ;-)

Hier hängen wir nun. Haben uns extra einen Campingplatz mit einem Aufenthaltsraum für schlechtes Wetter ausgesucht, denn seit Tagen wird vor Niederschlägen bis zu 60 mm gewarnt – im Umkreis von fünfhundert Kilometern übrigens. Ein Entkommen scheint zwecklos. Der Nationalpark in den wir als nächstes wollen, ist gesperrt bis Dienstag. Und tatsächlich, heute regnet es schon ganz ordentlich.
Also warten wir in der Weltstadt Hay auf gutes Wetter. Wir hätten es schlechter treffen können.

Noch scheint die Sonne – der Campingplatz ist ganz nett – knapp zur Hälfte gefüllt – 35 Dollar die Nacht


4

Frühstück mit Kängurus ***

02.Jan.24,  Australien/NSW/Burrinjuck, Tag 31-33 Roadtrip, 2.587 km total, 285 Tages-km

Das nächste Camp am Burrinjuck Lake wählen wir nur, weil es auf dem weiteren Weg liegt und dort über Silvester ein Stellplatz zu bekommen war. Der Zeltplatz ist riesig – bestimmt einen Kilometer breit – und trotzdem rappelvoll. Es gibt keine abgesteckten Parzellen, sondern jeder hat freie Wahl auf dem wilden Gelände. Familien haben ganze Zeltstädte errichtet mit Kocheinheit und Wohnbereich. Dazwischen stehen Boote oder Jet-Skis auf Trailern. Wir finden kaum eine halbwegs gerade Ecke auf die wir unseren Bundy quetschen können. Es gibt viel zu wenig sanitäre Einrichtungen und die sind endlos entfernt. Besser man geht schon los, bevor man muss. Das finden alle so, deshalb wird ab Einsetzen der Dämmerung rechts und links in die Büsche gepinkelt. Außerdem ist das Internet total überlastet – kein Empfang.

Über den Spaß-Verfall nach dem letzten traumhaften Camp hilft eine Flasche Silvester-Champagner (vom Aldi! In jedem größeren Ort gibt es mindestens eine Aldi-Filiale mit gutem Angebot und den niedrigsten Preisen Australiens) und ein brauchbares Huhn mediterrane Art hinweg. Wir tütteln uns einen an und gehen einfach um 22:00 Uhr ins Bett. Unsere Nachbarn scheinen es genau so zu machen, denn unser Schlaf wird um Mitternacht durch nichts gestört.

Kochen an Silvester

Essen und gute Getränke trösten die Enttäuschung weg

Die Ruhe hält bis fünf Uhr morgens an. Da hören wir neben dem Zelt einen alten Mann sich räuspern, der ein paar Tausend Zigaretten zu viel in seinem Leben geraucht hat. Dann wieder. Hust, hust, räusper. Wer zum Henker ist das und warum hustet er genau bei uns? Ich zippe das Fenster auf meiner Seite auf. Es beginnt gerade zu dämmern. Die hustenden Übeltäter stehen keine fünf Meter entfernt: Kängurus. Zwei junge Männchen messen ihre Kräfte. Sie boxen und treten aufeinander ein nach übelster Känguru Art. Erst wird mit den Vorderbeinen geboxt, es folgt ein Klammergriff und dann treten sie dem Gegner beide Hinterfüße mit voller Wucht in den Magen. Als Standbein dient jetzt der kräftige Schwanz. Wenn sie treten, ertönt dieser menschliche Hust-Räusperer. Total spannend. Was für ein nettes Geschenk für den ersten Tag des Jahres. Bitte, so darf es weiter gehen. :-

Liebenswerte Kängurus

 

Normale Touristen wie uns gibt es auf diesem Zeltplatz keine. Nur Aussies, die am See ihre Kinder bespaßen. Alles, was es für Geld zu kaufen gibt, schwimmt am Seeufer. Boote knattern über den See.

Silvestervergnügen in Oz

Der Wanderweg am Ufer vom Lake Burrinjuck ist fein

Zur Quelle vom See verjüngt er sich Fjordartig mit vielen Windungen

Wir treffen auf einen ausgewachsenen Waran. Dieser ist ungefähr ein Meter fünfzig. In Ausnahmefällen erreichen sie über zwei Meter.

Die Krallen sind sicher sechs Zentimeter lang

 

Überraschender Weise erfolgt bereits Neujahr eine große Abreise-Welle. Vierzig Prozent der Gäste packt zusammen. Der Familienvater von vier Kindern neben uns fängt um 7:30 Uhr an. Die beiden Jüngsten sind zu klein, um zu helfen und die Teenager-Töchter kämmen ihr Haar oder trödeln anderweitig herum (Internet gibt es ja nicht). Um 13:00 Uhr ist alles verpackt und er fix und fertig. Er freut sich über ein Lob von uns, dass er erstaunlicher Weise alles wieder verstaut bekommen hat.
Am nächsten Tag reist die zweite Hälfte ab. Plötzlich haben wir ein riesiges Areal für uns alleine. Das macht uns für einen vierköpfigen Känguru Mob interessant. Mangels anderer Opfer, fallen sie bei uns ein, gerade als wir uns zum Frühstück hingesetzt haben. Was es bei uns zu essen gibt, interessiert sie mächtig. Es sind drei zierliche Weibchen, behütet von einem kapitalen Männchen. Langsam hüpfen sie näher und näher. Eigentlich wollten wir noch einen Brie aus dem Kühlschrank geholt haben, aber nun mag keiner von uns mehr aufstehen, um keine unnötige Aufmerksamkeit bei dem Männchen (in den Waschräumen wird tatsächlich auf Känguru-Übergriffe hingewiesen) zu erregen. Es geht auch mal ohne Käse.
Die Weibchen kommen zögerlich bis an den Tisch – während es sich der junge Mann lässig hinter Achim gemütlich macht. Wenn er so liegt, sieht er harmlos aus, aber dann steht er wieder auf und zeigt seine muskulösen Oberarme.
Wir haben schon entspannter gefrühstückt :mrgreen: – finden Kängurus aber trotzdem einfach liebenswert. Ob wir sie jemals satt haben, ist anzuzweifeln.

Die Dame mit ihren zarten Ärmchen ist harmlos

Mein Platz – meine Regeln

Wenn er aufsteht, sind seine Arme echt auffällig gegen die der Weibchen. Achim mag sich kaum noch umdrehen :lol:

 

*** Titel eines empfehlenswerten Buchs von Bill Bryson über Australiens Geschichte und Bräuche.


9

Abercrombie – ein gewagter Umweg zum Camp

30.Dez.23,  Australien/NSW/Abercrombie, Tag 29-30 Roadtrip, 2.302 km total, Etappen km 149

Wir verlassen unseren Zeltplatz (durch diverse Weihnachtszuschläge kostet er 58 Dollar die Nacht – sehr teuer) die Blue Mountains auf dem gut ausgebauten Great Western Highway. Dieser Highway war der Durchbruch, den die ersten Siedler durch die, von Schluchten und Steilhängen durchzogenen, Blue Mountains gefunden hatten. Viele Expeditionen wurden damals erfolglos abgebrochen. So brauchte man fünfundzwanzig Jahre, um auf die andere Seite zu gelangen. Ausgerissene Kühe hatten längst einen Weg gefunden und labten sich an dem köstlichen Grasland, was sie vorfanden. Durch dieses hügelige Grasland, heute überwiegend von Schafen befressen, führt unser Weg in den Abercrombie River National Park.

Aus Weideland wird Eukalyptus-Wald. Aus Highway wird Schotterpiste. Aus Schotterpiste wird 4WD-Strecke. Echte 4WD-Strecke. Immer häufiger lässt der Fahrer ein „Ui, das ist aber steil“, vernehmen. Zwei Apps haben uns auf diese Strecke gelockt: Maps me und wikicamps.  „Bei Nässe gefährlich“, informiert die Park Service Information. Aber es ist trocken, alles ist in bester Ordnung.

Waldweg der es in sich hat

Unser Bundy (einen Name muss der Große ja haben ***) zeigt, was er kann. Wo wir Schweiß auf der Stirn haben, rattert er ohne mit der Wimper zu zucken hoch. Keine durchdrehenden Reifen, kein Wegslippen – total cool! Eine Stunde werden wir mächtig durchgeschaukelt. Achim ist angespannt, kann den Spaß, den er hat, aber nicht verbergen. Ein Dauergrinsen ist in sein Gesicht getackert. Das schüttet mehr Endorphine aus als zwei Tafeln Schokolade. :mrgreen:
Zweiundzwanzig Kilometer Holperpiste. Wir messen Pfützen auf ihre Tiefe und müssen dicke Äste zur Seite räumen und dann sind wir fast am Camp angekommen als sich uns ein echtes Hindernis in den Weg stellt – ein kleines Flüsschen.

Sicher ist besser

Wie tief die Furt sein mag, können wir nicht schätzen. Ohne dass einer durch watet, wird das nicht. Einen Schnorchel für den Motor haben wir leider nicht. Der einzige Makel unseres feinen Autos. Was wie ein albernes Statussymbol am Geländewagen aussehen mag, ergibt in Australien tatsächlich einen Sinn.
Ich erbarme mich und gehe auf die andere Seite. Grünes Licht für Achim. Das Wasser reicht mir nur bis zum Knie.
Als wir das Camp am Mittag erreichen, schaffen wir grade noch das Zelt und die Markise aufzubauen als es zu regnen beginnt. Wie war das noch? Bei Nässe gefährlich?

Da müssen wir durch – wollen wir nicht über 20 Kilometer zurück fahren

Achim kommt

Kein Problem – er kommt super durch

Der Zeltplatz ist großartig. Direkt an dem eben überquerten Little Hole Creek gelegen. Eingerahmt von einer Steilwand an die sich Eukalypten krallen. Es gibt eine Plump-Toilette und Gary als einzigen Camping-Nachbarn. Der Platz ist kostenlos – man muss nur einmalig sechs Dollar für eine Registrierung bezahlen. Auch so ein Covid-Ding, was nicht wieder abgeschafft werden wird.

Für ein Bergkänguru stellt die Wand kein Problem dar

Wunderschön

Ausblick direkt neben dem Zeltplatz

Ein kleiner Waran mit strammen Schenkeln schleicht durchs Camp

Gary wohnt in der Nähe, ist ein echter Naturbursche, der im Dunkeln mit der Taschenlampe im Busch umherwandelt und super nett. „Hier habt ihr gute Chancen auf Wombats“, verspricht er. Und er lacht über den Weg, den wir gekommen sind. Es gäbe einen zweiten Eingang. Bessere Strecke und nur acht Kilometer lang. ;-)

Wenn es heftig regnet, sitzen wir unter unserem tatsächlich regendichten Sonnenschutz. In Phasen, wo es nur nieselt, streifen wir am Flussufer entlang. Entdecken fette Eingangslöcher der Wombat-Höhlen. Und nichts ist so schlecht als es nicht für etwas gut ist! Das dunkle Wetter treibt die nachtaktiven Wombats schon bei Tageslicht aus ihren Höhlen. Eine Mutter mit ihrem Jungen watscheln am Ufer entlang.

Etwas unscharf – es war schon arg dunkel – aber der Beweis – die sagenhaften Wombats existieren tatsächlich

Was für niedliche Tiere. Würste auf Stummelbeinen, kann man sagen. Sie werden bis 1,20 Meter lang und bringen 40 Kilo auf die Waage. Wie es sich für echte Australier gehört, sind es Beuteltiere. Damit der Beutel nicht voll Erde gerät, ist er nach hinten offen, damit die Mutter in Ruhe ihre bis zu dreißig Meter langen Gänge buddeln kann. Die Wombats sind Einzelgänger, aber in Gegenden mit hoher Wombat-Dichte können die Tunnelsysteme auch schon mal miteinander verbunden sein.

Etwas größeres Wombat Baby – es verlässt den Beutel nach acht Monaten

Am nächsten Morgen scheint die Sonne. Wir lassen uns nach dem feuchtkalten Abend und einer frischen Nacht die Knochen durchwärmen.
Schnappen unsere Wanderschuhe und gehen den Weg zurück, den wir gestern gekommen sind. Wo das Auto souverän  hoch gefahren ist, haben wir durchdrehende Füße. Wir schnaufen uns die Hügel hoch und runter oder ströpern am Flussufer entlang. Dabei  scheuchen ein paar Kängurus auf. Wahrscheinlich Berg-Kängurus, denn sie hüpfen sogar die Steilwand leichtfüßig hoch. Wie schafft man das mit rechtwinkligen Beinen, die immer wie falsch angewachsen aussehen?

Am nächsten Tag beim Wandern müssen wir noch einmal durch das Flüsschen

Die Steigung ist schwer zu schätzen – wir müssen aber echt kraxeln

teile ausgewaschene Wege mit vielen Bodenwellen – die dienen dazu große Auswaschungen zu verhindern

Nach zwei Nächten verlassen wir das Camp über die wirklich so viel bessere Ausfahrt. Egal. Der Umweg hat sich gelohnt. Ein herrlicher Platz, der glücklich macht.

Wir wünschen Euch ein ebenso glücklich machendes Jahr 2024. Viel Gesundheit, Zufriedenheit und jeden Tag Endorphine, wie es zwei Kilo Schokolade schaffen.  Prost Neujahr!

 

*** Von Bundy nach Bundy mit Bundy – Bundaberg, unser Start- und Zielort wird von den Aussies Bundy genannt.

Blue Mountains

28.Dez.23,  Australien/NSW/Blackheath, Tag 26-28 Roadtrip, 2.120 km total

Von Newcastle ist der logische Weg eigentlich nach Sydney. Noch drei Tage bis zum berühmtesten Feuerwerk der Welt. Noch drei Tage bis Silvester. Man könnte meinen, wir hätten es so geplant. ;-)
Die Internetsuche ist ernüchternd: alles ausgebucht. Schon seit Wochen. Selbst Hotel-Suiten mit Blick aufs Feuerwerk für 1.500 Dollar die Nacht. Will man das Feuerwerk vom Ufer aus sehen, muss man sich bereits mittags anstellen, um einen guten Platz zu bekommen. Nein, danke. So gut kann ein Feuerwerk nicht sein. Wir verzichten.

Von unserem Haus aus telefonieren wir uns unsere nächste Unterkunft zusammen. Ein einziger Campingplatz in den Blue Mountains hat für drei Nächte Platz für uns. Allerdings müssen wir einmal umziehen auf eine andere Parzelle.  Was solls’s – die Blue Mountains möchten wir nicht auch noch ausfallen lassen.  Einer der besuchtesten Nationalparks Australiens.
Berühmt sind seine ‚Three Sisters‘, eine imposante Dreier-Felsformation. Am Aussichtspunkt wissen wir, warum alles ausgebucht ist. Halb Australien hängt an der Balustrade.  Wie vorhergesagt, hat sich der Regen der letzten sechs Tage verzogen. Schön. Gepokert und gewonnen.

Sehr hübsche Schwestern

Three Sisters in den Blue Mountains

Selfie-Manie

Nur ein paar Kilometer weiter, in Blackheath, liegt unser Campingplatz. Einige Wanderwege beginnen nur zwei Kilometer entfernt direkt am ‚Grose Valley‘. Eine riesige Schlucht, eingerahmt von imposanten Bergformationen.
Am nächsten Tag machen wir uns auf die Socken. Hier stehen nicht ganz so viele Besucher an der Balustrade. Das Gute, neunzig Prozent will nur gucken und der Rest verteilt sich auf der Strecke (Cliff Top Walking Track). Gute drei Kilometer führt der Track an der Schlucht entlang. Viele Treppen, bergab, bergauf. Aber immer wieder mit sensationellen Ausblicken auf das Tal.

Ein imposantes Loch – es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Blue Mountains ihren Namen den Ausdünstungen vom Eukalyptus-Wald verdanken sollen. Das kann nicht stimmen, andere Länder haben auch Blue Mountains und  „Von den blauen Bergen kommen wir“ ist wohl nicht in Australien entstanden.

Über den Zufluss zum Wasserfall führt unser Weg entlang – immer an der Kante

Schöne Klippenwanderung

 

Wir haben gerade das Ende erreicht, als dunkle Wolken aufziehen. Zehn Minuten später schüttet es aus Kübeln. Mit ein paar anderen Wanderern finden wir Unterschlupf in einer kleinen Hütte. Wir geben unseren Wetter-Engeln high five: gut gemacht! Nach einer halben Stunde tröpelt es nur noch. Wir müssten den gleichen Weg zurück, da aber vor weiteren Schauern gewarnt wird, entscheiden wir uns durch den Ort zurück zu gehen. Satte fünf Kilometer, aber vielleicht besser als rutschige Wanderwege und über die Ufer steigende Bäche.
Wir haben unseren Zeltplatz fast erreicht – nur 750 Meter sind es noch – da öffnen die Wetter-Engel richtig die Schleusen. Was für Dreckschippen!

Unterstellen witzlos – wir sind tropfnass als wir am Zelt ankommen

Am nächsten Morgen herrscht wieder eitel Sonnenschein. Das richtige Wetter für den Grand Canyon Track. Dieser Weg ist ein Rundweg und fast sieben Kilometer lang. Er ist Himmel und Hölle in einem.

In einem Einschnitt zwischen den senkrechten Felswänden geht es steil bergab. Fast dreihundert Meter müssen wir – überwiegend über Treppen – die Höhenmeter abbauen. Aber es lohnt sich. Wir überqueren Bäche, kommen vorbei an Wasserfällen und überhängenden Felsen. Die Stufen beißen in die Oberschenkel.
Die Schlucht wird eng und enger. Fast kann man beide Seiten berühren. Der Weg ist super in Schuss. Ein großes Kompliment an den National Park Service. Menschen ohne hochalpine Kenntnisse würden diesen verwunschenen Ort gar nicht erreichen können.  Eine der schönsten Schluchten, in der wir je waren.

Toller Weg – leider nur ein Foto – Akku leer. Wenn’s läuft.

Unter anderem geht es hinter Wasserfällen lang

Kleine Agame – wie ein Drache mit deutlichen Stacheln

Ans Tageslicht zurück kommt man über andere Treppen – dreihundert Meter wieder steil bergauf.  Die Stufen beißen in die Waden. Das ist aber nicht der Teil, der den Weg zur Hölle macht. Es sind die anderen Wanderer. Es ist einfach zu voll. Viel zu voll. Würden alle in die gleiche Richtung laufen, ginge es noch. Aber es kommen uns ebenso viele Personen entgegen, wie mit uns laufen. Die Schlucht könnte magisch sein. Ist mal für dreißig Sekunden Ruhe, erhascht man kurz den Zauber. Auf den schmalen Steigen muss man ständig stehen bleiben und Platz machen. An Engstellen kommt es schon zu Staus. Dazu diverse Duftnoten von Deos und Mückensprays. Alle brabbeln und rufen durcheinander. Schnelle Läufer treten einem fast in die Hacken. Wichtig für mich, dass ich keine Kinder um mich habe. Die kleinen Bewegungswunder zeigen schmerzlich, wie viel Leichtfüßigkeit mir in den Jahren verloren gegangen ist. :mrgreen:

Nein, das war nichts. Wir müssen raus aus dem Weihnacht-Neujahr-Touri-Trubel. Morgen geht es weiter nach Abercrombie River National Park. Das scheint eine gute Wahl. Nicht mal unser Zeltnachbar – wohnhaft in Sydney, keine 200 Kilometer entfernt – kennt diesen Park. Ein gutes Zeichen.


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