Monat: April 2018

“Um den Tiger“ von Guido Dwersteg (Folge 7)

Das große Finale von “UM DEN TIGER”. Nach der erfolgreichen Passage des Nordkaps, geht es für Guido nun wieder zurück Richtung Süden. Noch einmal über 1000 Seemeilen liegen vor dem Koblenzer Einhandsegler. Ein Highlight der abenteuerlichen Reise sind dabei natürlich die Lofoten. Aber auch sonst passiert so einiges: Nordlichter, Wetterkapriolen, einsame Inseln sowie die vielen Begegnungen “am “Wegesrand” machen diesen letzten Teil der Video-Serie zu einem echten Leckerbissen. Jetzt in voller Länge bei uns.

Anders als bisher gibt es bei “UM DEN TIGER” keine langen Einzelfilme, sondern  – ganz zeitgemäß –  eine richtige Serie über Guidos Reise. Die 7-teilige Videoreihe setzt sich aus 2 kostenlos verfügbaren Folgen (1 und 7) sowie 5 Kauffolgen (2 bis 6) zusammen. Dabei habt ihr die Wahl zwischen Einzel-Downloads  oder einem Staffelpass. Im Vergleich zum Einzelfolgenkauf zahlt ihr mit dem Staffelpass knapp 5 Euro weniger.

Folge 2, Folge 3, Folge 4, Folge 5, Folge 6 sowie der ermäßigte Staffelpass sind im segel-filme Shop erhältlich.

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Blauwasser.de

Do., 19.Apr.2018, Las Perlas/Contadora, Tag 1418, 12.486 sm von HH

Soenke Roever, Weltumsegler und dreifacher Buchautor, hält regelmäßig Seminare auf Messen und präsentiert erfolgreich seine Bilder-Show ‚1200 Tage Samstag‘ der eigenen Langfahrt.
Vor ein paar Jahren hat Sönke die Internet-Plattform Blauwasser.de ins Leben gerufen.
Verschiedene Autoren und er selber berichten über alles, was den Blauwassersegler interessiert: Technik, Alltag an Bord, Kommunikation und Ausrüstung.

Für mich bot sich jetzt die Möglichkeit einen Gastartikel auf Blauwasser.de zu schreiben.
Tipps für das Arbeiten auf Langfahrt.

Viel Spaß beim Lesen.

Contadora

Mo., 16.Apr.2018, Las Perlas/Contadora, Tag 1416, 12.486 sm von HH

Contadora – genau meine Insel. Contadora heißt Buchhalterin und die Insel erhielt ihren Namen wegen der zahlreichen Verstecke, die sie für Raubgut von Piraten bot.
Bereits 1513 entdeckten die Spanier die vorgelagerten Inseln im Golf von Panama. Indios tauchten hier erfolgreich nach Perlen. Die Spanier rotteten in kurzen Kämpfen die gesamten Ureinwohner aus und besiedelten die ‚Las Perlas‘ – ‚Die Perlen‘ mit Sklaven, die fortan zum Tauchen nach den Perlen eingesetzt wurden.
Zunehmend diente die Inselgruppe auch Piraten und Freibeutern als Unterschlupf.

Die wohl berühmteste Perle der Welt ‚La Peregrina‘ stammt von hier. Sie war zunächst 15 Hundert Krug in Besitz der spanischen Krone, wurde Königin Maria I von England zur Hochzeit geschenkt und 1969 schließlich von Richard Burton für 37.000 USD ersteigert, der sie Liz Taylor zum Valentinstag schenkte.
Frau Taylor verlor die Perle als sie aus Freude über das Geschenk (wie Gollum am Schicksalsberg) durchs Wohnzimmer tanzte. Während sie noch vorsichtig den Teppich abtastete, kaute bereits einer ihrer Hunde darauf herum. Sie konnte die Perle retten und 2011 für 10,5 Millionen USD verkaufen. Ob der Hund überlebt hat, ist nicht überliefert. Der Sklave, der einst die Perle fand, soll seine Freiheit geschenkt bekommen haben.

Heute ist Contadora das Epizentrum des Tourismus auf den Las Perlas. Hier geht es trotzdem beschaulich zu. Am Wochenende kommen einige Boote aus Panama City. Private große Motoryachten und ein paar Ausflugs-Katamarane.
Sonntags ab 17:00 Uhr kehrt Ruhe ein, zurück bleiben ein paar Hotelgäste und eine Handvoll Segler.

"Überfüllte" Strände am Wochenende, wochentags ist es dann wirklich menschenleer

„Überfüllte“ Strände am Wochenende, wochentags ist es dann wirklich menschenleer

Die gepflegten Apartmenthäuser, Privatvillen und Hotels sehen zum größten Teil unbewohnt aus. Alles ist gut in Schuss, kein Müll liegt herum, nur ein paar Golf Carts knattern um die Insel. Keine 300 Einwohner hat Contadora. Zum Ende der Trockenzeit tragen die Bäume fast kein Laub mehr, eine herbstliche Stimmung herrscht im Inselinneren.
Die zwei Supermärkte haben weniger zu bieten als die kleinen Minimärkte auf den Antillen. Frisches Obst oder Gemüse sind Fehlanzeige. „Am Dienstag gibt es wieder Fleisch“, bekomme ich zu wissen.
Na, noch ist unser Gemüse-Netz halbvoll, der Hungertod noch abgewehrt.

Gediegen Urlaub machen auf Contadora

Gediegen Urlaub machen auf Contadora – nur die Gäste fehlen

Herbststimmung zum Ende der Trockenzeit

Herbststimmung zum Ende der Trockenzeit

Kirche und Schule in einem Gebäude für knapp 300 Einwohner

Kirche und Schule in einem Gebäude für knapp 300 Einwohner

Die Las Perlas unterscheiden sich komplett von den San Blas Inseln auf der karibischen Seite von Panama. Dort sind es nur palmenbewachsene, flache Sandhaufen, hier gibt es Steinküste, die sich mit malerischen Sandbuchten abwechselt. Bis 200 Meter erheben sich die Las Perlas und geben einen schönen Blick auf die nächsten Inseln frei.

Schon der Blick zur nächsten Insel

Schon der Blick zur nächsten Insel

Weiterfahrt auf die Las Perlas

Fr., 13.Apr.2018, Las Perlas/Cortadora, Tag 1413, 12.486 sm von HH

Die drei Meilen zum Ankerplatz ‚La Playita‘ noch am Kanaleingang sind schnell abgearbeitet. Die neuen Instrumente sind gewöhnungsbedürftig. Das Auge muss die richtige Stelle für Wassertiefe und Geschwindigkeit noch suchen. Da fällt mein Blick auf die Anzeige „22,3“. Was ist das denn für ein Wert? Ach du heiliger Strohsack, das kann doch unmöglich sein! Es ist die Wassertemperatur!
Wir können es nicht glauben und schicken den Tauchcomputer mit integriertem Thermometer auf Tauchstation. Er kommt mit dem gleichen Ergebnis an die Oberfläche.
Selbst wenn das Wasser am Ankerplatz sauber wäre, hiermit haben sich dann sämtliche Badefreuden erledigt. In der Shelter Bay und im Gatun See hatten wir noch brave 28 Grad.

Für das Wohnklima ist der große Eisschrank in dem wir schwimmen von Vorteil. Der Holzboden ist kühl, nachts fällt die Temperatur im Schiff auf 22 Grad. Achim braucht tatsächlich eine Decke.
Nach 48 Stunden ist sogar das Wasser in unseren Wassertanks deutlich kühler.

Am Ankerplatz treffen wir die ‚Alrisha‘ (unsere Not-Kühlschrank-Verleiher) wieder, die hier seit zwei Monaten krankheitsbedingt gefangen sind. Kein sehr schöner Platz für so einen langen Aufenthalt. Sie sind so nett und nehmen uns mit an Land. Gemeinsam gehen wir Pizza essen, dann trennen sich schon wieder unsere Wege.

Am Freitag entscheiden wir, nicht länger auf Wind zu warten. Die große Bucht von Panama City gilt als windarmes Loch. Da kann man warten bis man schwarz wird. Wir möchten jetzt endlich schöne Strände und klares Wasser.
Und es kommt, wie erwartet, wir müssen die 37 Meilen bis zu den Las Perlas motoren.

Unterwegs glauben wir schon wieder an eine Fehlfunktion der Instrumente. Nach nur wenigen Meilen Fahrt steigt die Wassertemperatur auf die tropen-normalen 28 Grad.
Wo kommt an der Küste nur dieses kalte Wasser her? Die einzige Erklärung, die wir haben, klingt unglaubwürdig: Ein schmaler Arm, sehr schmal, vom kalten Humboldtstrom muss von Ecuador direkt an der Küste bis nach Panama kriechen. Kalte Quellen wird es wohl kaum geben.

Kurz vor Erreichen der Inseln müssen wir uns im Zick-Zack einen Weg durch eine Flotte an Fischern bahnen. Mehr als fünfzig Boote können wir zählen. Fiese Meeresboden zerstörende Schleppnetzte grasen jeden Millimeter vom Grund ab.
Pelikane, Tölpel und Fregattvögel kämpfen ebenfalls um einen guten Brocken. Sogar eine große Schule Delphine ist dabei. Willkommen im fischreichen Pazifik. Wir hatten natürlich keinen an der Angel.

Fischer-Flotte vor den Las Perlas Islands

Fischer-Flotte vor den Las Perlas Islands

mit brutalen Schleppnetzen

mit brutalen Schleppnetzen

Dann fällt der Anker auf neun Meter. Nach drei Jahren haben wir das erste Mal wieder mit nennenswerter Tide zu tun. Bis zu sechs Meter beträgt der Unterschied, im Mittel sind es drei bis vier. Wer bei Hochwasser auf fünf Meter ankert, der sitzt auf. In La Playitas trafen wir Franzosen beschäftigt mit der Beseitigung des Schadens nach so einem Fehler.

Auf der anderen Seite

Mo., 09.Apr.2018, Panama City/Balboa, Tag 1402, 12.404 sm von HH

Jetzt sind wir auf der anderen Seite und wissen nicht, was wir machen sollen. Der Plan sah eine schnelle Weiterreise auf die Las Perlas Inseln vor. Nur knappe 40 sm entfernt, ein Tagestrip. Aber wir haben keinen Wind. Erst am Donnerstag soll es welchen geben.

Ich bin nicht böse drum. Wir liegen im verschrienen Balboa Yacht Club direkt hinter dem Kanalausgang: „der Platz ist schwellig, das Wasser hat schlechte Qualität.“ Stimmt beides. Und trotzdem gefällt es mir. Den ganzen Tag ziehen die großen Pötte dicht an uns vorbei, die durch die Schleusen kommen oder wollen. Lotsenboote und Schlepper düsen geschäftig hin und her und sorgen für den beklagten Schwell. Ich mag das den ganzen Tag beobachten. Nach drei Monaten Shelter Bay Marina freut sich das Auge über Abwechslung. Ich mochte im Nordostseekanal auch schon immer gerne in Brunsbüttel liegen.

Schlepphilfe vom Tug-Boot, die unglaublich Schwell verbreiten

Schlepphilfe vom Tug-Boot, die unglaublich Schwell verbreiten

Jakobsleitern sind auch nicht mehr das, was sie mal waren

Jakobsleitern sind auch nicht mehr das, was sie mal waren

Mit dem Kanal vor Augen können wir unsere eigene Fahrt stimmungsvoll verdauen. Das braucht einige Zeit. Am Samstag sind die Jungs und ihre Leinen plus Fender vom Wassertaxi abgeholt worden. „Thank you Ma’m, thank you Sir“, artig bedanken sie sich für ein extra Trinkgeld (300 USD beträgt übrigens der vereinbarte Lohn). Nette Jungs.
Wir sind trotzdem froh wieder allein zu sein. So ein Schiff wird zum Hühnerstall mit so vielen Menschen. Platt sinken wir in die Kissen.
Was für ein aufregendes Erlebnis durch dieses Wunderwerk der Technik auf eigenem Kiel zu reisen.
Seit 1914 läuft der Kanal störungsfrei – drei kleine Ausfälle hat es erst in über hundert Jahren Betrieb gegeben.

Wir hängen an der Boje mit Blick auf die ‚Brücke der Amerikas‘, einem Teil der berühmten Panamericana. Das Stück Brücke, das den durchgeschnittenen Kontinent wieder zusammenfügt; Nordamerika und Südamerika wieder zusammenkittet.
Die Panamericana verbindet über 27.000 Kilometer Alaska mit Feuerland. Wenn ich den Verkehr auf der Brücke so betrachte, fahren morgens mehr Leute nach Alaska. Die meisten kommen bereits abends wieder zurück.

Ein Stück Heimat kommt vorbei

Ein Stück Heimat kommt vorbei

 

Brücke der Amerikas - großartig

Brücke der Amerikas – großartig

Ein toller Liegeplatz, der in jeder Hinsicht nach der großen weiten Welt riecht.

Er hat nur einen Haken: er ist schweineteuer. Ankern ist verboten und die Bojen kosten schlappe 35 USD am Tag. Dafür gibt es gutes Internet und ein kostenloses Wassertaxi, was uns 24 Stunden am Tag an Land bringt.

Gleich um die Ecke gibt es zwei Ankerbuchten, die kosten nix. Die haben mehrere Haken: wir müssten das Dinghy zu Wasser lassen (okay, machbar, aber für zwei Tage sind wir nicht motiviert), das Dinghy Dock kostet 55 USD Miete in der Woche und ist nicht für einzelne Tage buchbar. Somit spart nur, wer nicht an Land geht. Ist doch verhext.
Und der Blick auf die Brücke ist weg. Dafür gäbe es allerdings einen Blick auf die sagenhafte Skyline von Panama Stadt. Wir wissen nicht, wozu wir uns durchringen sollen. eiern den ganzen Tag herum und dann fällt die Entscheidung: Morgen geht es um die Ecke zu den kostenlosen Ankerplätzen und falls Wind sein sollte, starten wir einfach zu den Perleninseln durch. :-)

Panama Stadt - Weltstadt

Panama Stadt – Weltstadt

Durch den Panama Kanal

Sa., 07.Apr.2018, Panama Kanal, Tag 1400, 12.444 sm von HH

Das Tor öffnet sich und dann liegt er da. Der Pazifik. Unendliche Weiten, die nie zuvor ein Mensch gesehen hat. Ein wow-Moment, Gänsehaut. Das ist nicht einfach nur eine Schleuse, nein, dieser Moment rührt. Ich fühle mich klein, ob der Weiten, die vor uns liegen und doch so groß, da wir es bis hierher geschafft haben.

Der Trip beginnt gemischt. Unsere Line-Handler sind drei schwatte Jungs, noch halbe Kinder, grad erst 17 und 18 Jahre alt. Nur Santiago ist über 20 und spricht etwas Englisch.
Sie interessieren sich mehr für ihr Handy als für ihre Kunden, ein Gespräch kommt erst zu Stande als die Akkus leer gespielt sind. Nette Jungs tauchen plötzlich hinter den Handys auf.
Mein Hähnchen-Curry kommt mäßig gut an. Nicht scharf genug, es wird nach Chili verlangt. Ich nehme es nicht persönlich, wer vor dem ersten Probieren Salz verlangt, ist kein ernstzunehmender Testesser.
Zum Schlafen bringen wir zwei Jungs wir im Salon unter, einer bekommt das Cockpit.

Kurz nach 5:00 Uhr wird der Advisor gebracht. Larry informiert uns, dass es um 7:00 Uhr losgeht und haut sich im Salon erst mal aufs Sofa und nimmt eine Mütze Schlaf. Während Larry sein Nickerchen hält, bereite ich das Frühstück. Eier, Würstchen und Toast. Gefällt den Jungs schon besser. Jetzt wird auch Larry wieder munter.

Und dann geht’s los. Vor der Schleuse werden wir in ein Dreierpäckchen geschnürt. Wir docken an der rechten Seite an. Die Segelboote sind nahezu gleichwertig und das ‚Nesting‘ klappt reibungslos.

Unser erstes Paket wartet auf uns

Unser erstes Paket wartet auf uns

 

Zusammengepackt als Dreier-Nest
Einlauf in die Gatun Schleuse

 

Ein wirklich dicker Frachter steckt schon in der Schleuse. Das nenne ich Millimeter-Arbeit. Schwer beeindruckend, wie die Loks den Frachter von den Schleusenwänden fernhalten. Da passt kaum ein Taschenbuch dazwischen.
Jetzt fängt es an Spaß zu machen, dass wir drei Profi-Line-Handler haben. Ich brauche mich um nichts zu kümmern. Die Jungs fangen die Affenfäuste, bedienen die Leinen, kümmern sich um die Fender. Manchmal passen sie nicht richtig auf und vertrödeln nach Kinder-Art ihren Einsatz, aber alles klappt wunderbar.

Ob das passt?

Ob das passt?

Knappes Höschen

Knappes Höschen

 

Als ‚Morning Courier‘ den Propeller anwirft, wird es spannend. Es sprudelt und wirbelt. Ganz unerwartet zerren unglaubliche Kräfte an unserem Dreier-Paket. Die Leinen dehnen sich, das Paket schwingt hin und her, Tampen knarzen. Noch mehr Dehnung. Für die nächsten zwei Schleusen verdoppeln wir die Verbindung innerhalb des Paketes. Mit so viel Druck hat keiner gerechnet.
Achim schwitzt. Unsere dänischen Nachbarn auch. Den Kanal mit dem eigenen Schiff zu fahren, ist ungleich aufregender als nur als Gast mitzufahren. Puh!

Verlorene Segler in der Gatun Schleuse

Verlorene Segler in der Gatun Schleuse

Drei kleine Segler kämpfen im Schraubenwasser

 

Jetzt schon eine Schleusenkammer höher - ganz links im Bild

Jetzt schon eine Schleusenkammer höher – ganz links im Bild

Die beiden nachfolgenden Schleusen verlaufen ebenfalls fehlerfrei. Wir erreichen den Gatun See.
Die Jungs haben frei und langweilen sich zu Tode. Kann ich von mir nicht behaupten, ich bin schon wieder am Kochen. Zum Mittag gibt es Chili con Carne. Diesmal mache ich es besser. ‚Mui picante‘, werde ich gelobt. Hier würzt heute keiner nach – während mir die Schnauze brennt.

Arbeitspause

Arbeitspause

Der Panama-Kanal ist im wesentlichen durch die Überflutung eines großen Tals entstanden, nur Richtung Pazifik musste gebuddelt werden. Diese Engstelle wird zeitweise zur Einbahnstraße erklärt. Wir müssen eine knappe Stunde warten bis wir weiter fahren können. Die Bojen an denen wir festmachen sind so groß, dass man darauf laufen kann.

Schließlich geht es weiter und wir erreichen die Pedro Miguel Schleuse. Unser dänisches Päckchen-Boot wartet schon. Die Situation ist nicht so entspannt wie morgens, eine starke Strömung treibt beide Boote Richtung Schleuse. Nach einem Fehlversuch sind wir verbunden.
Da erhält Larry über Funk eine Information: Der Däne soll an einen Ausflugsdampfer, das Päckchen ist wieder zu trennen. Etwas Unmut macht sich breit, der Sinn erschließt sich uns nicht. Erst der Stress beim Zusammen binden, jetzt Kommando zurück.

Was mit uns jetzt passiert, ist zunächst unklar. Das Schiff auf der Stelle zu halten, ist nicht ganz einfach, die Schleusen kommen näher und von hinten rücken zwei Pötte gleichzeitig nach. Unsere ‚Morning Curier‘ und ein Maersk-Dampfer.
Wir versuchen Kreise zu drehen ohne den Frachtern vor die Nase zu fahren und den Kanal zum Erliegen zu bringen. Dann erhält Larry neue Info: Atanga in die Mitte, rechts und links kommen zwei kleinere Segelboote. Jetzt ist Atanga die Leitkuh. Damit hat keiner gerechnet. Achim schwitzt. Larry auch. Er übernimmt als Leit-Advisor das Kommando über alle drei Boote, Achim am Ruder. Dann Aufatmen, alles klappt reibungslos. Unsere Line-Handler haben nichts zu tun und die beiden anderen Schiffe machen einen guten Job.
Nur noch zwei Schleusen to go.

Das Päckchen bleibt im Verbund für knapp drei Kilometer zusammen und Atanga zieht die beiden angehängten Boote mit zur vorletzten Schleuse: die Miraflores Schleuse. Hier stehen das Besucherzentrum und die WebCam. Viele Augen, die einen Fehler bezeugen und tausende Eide schwören könnten: „das Boot in der Mitte hat Schuld.“ :mrgreen: Also jetzt bloß kein Patzer.
Nein, wieder klappt alles, wie geübt.

Einlauf in die Miraflores Schleuse - Atanga in der Mitte

Einlauf in die Miraflores Schleuse – Atanga in der Mitte

Der Maersk Damper folgt uns und in der liken Schleuse liegt 'Morning Courier' von morgens

Der Maersk Damper folgt uns und in der liken Schleuse liegt ‚Morning Courier‘ von morgens

 

Maersk rückt auf

Maersk rückt auf

So sieht das mit dem Maersk

So sieht das mit dem Maersk

Dampfer von unten aus

Dampfer von unten aus

Es folgt das letzte Tor. Und dann liegt er da, der Pazifik.

Hamburg hat das Tor zur Welt - wir haben das Tor zum Pazifik

Hamburg hat das Tor zur Welt – wir haben das Tor zum Pazifik

 

Einen ganz großen Dank an alle, die versucht haben, die WebCams zum Laufen zu bekommen und unseren Ritt durch den Kanal verfolgt haben. Ihr seid klasse. Leider gab es einige Meldungen, dass die Kameras nicht laufen.
Thomas, Rolf und Helika hatten Glück, bei ihnen gab es eine Anzeige. Eure Bilder freuen uns sehr.

Quick-Start in den Panama-Kanal

Fr., 06.Apr.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1399, 12.404 sm von HH

Wie konnte ich bei unserer Glücksträhne nur glauben, dass alles planmäßig läuft.
Ich bin noch in Colón beim letzten Einkauf für die Kanal-Passage, als Achim mir eine Nachricht schreibt: „Wir gehen bereits Morgen früh um 5:00 Uhr durch den Kanal. Die Line-Handler kommen um 17:00 Uhr, um 17:30 ist Aufbruch.“

Da bleibt mir ja mal richtig viel Zeit zum Vorkochen. Läuft schon wieder.

Übernachtet wird dann in den Flat, der Wartezone drei Meilen vor den Schleusen bis im Morgengrauen der Adviser anreisen wird.

Unsere Fender und Leinen sind bereits gestern gebracht worden. Jedes Schiff muss vier Leinen von 38 Meter Länge und mindestens 22 mm Durchmesser bei sich führen. Da kein Schiff so etwas an Bord hat, können die Leinen praktischerweise gemietet werden (80 bis 100 USD Mietgebühr).
Wir haben unsere Kanalfahrt mit Hilfe eines Agenten gebucht -inklusive Leinen- , daher gibt es acht Kugelfender oben drauf. Wer bei den ‚Taxifahrern‘ Leinen mietet, bekommt ’nur‘ Autoreifen geliefert. Diese sind sorgfältig in Folie gewickelt, machen also keine schwarzen Streifen auf weißem Rumpf. Manchmal sollen allerdings Kakerlaken oder auch mal eine Ratte in den Reifen mitgeliefert werden (Hörensagen).
Zudem kommen die Reifen ohne Tüttelbänder. Fender sind leichter zu handhaben und natürlich dicker, das gefällt uns noch besser.
Das Vorschiff ist so gut es geht frei geräumt, damit die Line-Handler Platz haben. Auf die Solar-Panele kommt eine Wolldecke, damit sie nicht von den Affenfäusten kaputt geworfen werden.

Ready for the Canal

Ready for the Canal

Befreundete oder auch einfach nur „irgendwelche“ Segler waren als Line-Handler nicht mehr aufzutreiben. Die Saison ist einfach um. Jeder sucht, keiner bietet sich mehr an.
Schon etwas schade. Achim ist einmal gefahren, ich bin zweimal durch den Kanal gegangen und hatte mich mehrfach angeboten: „Findet Ihr keinen, bin ich euer Notnagel.“
Wir haben uns jetzt drei Profis gemietet.
Lieber hätte ich den tollen Tag mit Menschen geteilt, die ich kenne. Aber nun ist es nicht zu ändern.

Falls jemand zufällig am Samstag zwischen 13:00 und 15:00 Uhr (Gatun Schleuse) vor dem Rechner sitzt. Oder, eher etwas für die Nachtschwärmer, von 23:00 bis 01:00 (Miraflores Schleuse mit dem besseren Blick) noch wach ist, für den habe ich zwei Links für webcams, die auf die Schleusen zeigen. Unsere genaue Ankunft kann über AIS zusätzlich kontrolliert werden.

Also falls jemand uns sieht, über ein Foto von uns würden wir uns riesig freuen. Leider funktionieren die WebCams nicht gleichmäßig gut. Häufiger drauf klicken hilft manchmal, dann kommt ein Bild.
Vielleicht hat ja einer von Euch Glück und schießt uns ab.

Wir sehen uns auf der anderen Seite. ;-)

WebCam 2

 

 

 

Auf heißen Kohlen

„Und? Biste schon aufgeregt?“

Diese Frage höre ich in den letzten Tagen öfter. Und ja, ich bin natürlich sehr aufgeregt, Sabrina nicht weniger.

Wenn die Reise so verläuft wie gedacht, dann werden wir genau 111 Tage getrennt sein, bis Sabrina im Sommer an Bord kommt. Die längste Zeit für uns bisher.
Auf den Abschied freuen wir uns deshalb nicht. Das wird nicht schön werden. Wir freuen uns natürlich, dass die Reise endlich weiter geht, aber der Abschied am Flughafen für so eine lange Zeit wird weh tun, das weiß ich jetzt schon.

Wie es dann weiter geht, werden wir sehen. Ich bin natürlich gespannt wie Nomade den Winter in Tuzla überstanden hat. Dann geht die Arbeit am Schiff los und das ist auch gut so.

Gepäck habe ich diesmal nicht so viel dabei. Das meiste ist bereits an Bord. Im Koffer befindet sich, neben ein paar wenigen Klamotten, hauptsächlich technischer Kram, drei Dosen Schwarzbrot, mein Neoprenanzug und (gut gepolstert) die Super 8 Kamera.
Im Handgepäck fliegt neben den üblichen Dingen die GH5 und die Spiegelreflexkamera meines Opas mit.

Heute werden wir noch ein schönen Tag zusammen mit Filou verbringen. Ein bisschen wandern und die Frühlingssonne genießen.

Den nächsten Beitrag schreibe ich dann wahrscheinlich an Bord. Also, bis die Tage…

Saisonstart am Finowkanal und 4. Eberswalder Hafenfest

Schiffshebewerk Niederfinow, WSA Eberswalde

Leinen los – die Saison kann beginnen!

Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Eberswalde veröffentlicht  in seiner aktuellen Pressemitteilung die
Betriebszeiten der Finowkanalschleusen:

13.04.2018 bis einschließlich 14.10.2018
täglich von 9 .00 Uhr bis 16.45 Uhr

Hier finden Sie weitere Informationen zum Finowkanal
und zum Abschnitt „Langer Trödel“

Das 4. Eberswalder Hafenfest findet am 26. Mai 2018 ab 13 Uhr statt und präsentiert neben Solarbootvorführungen auch Flößerstechen und den Shanty-Chor der Wasserschutzpolizei.
Die Bands ‚Die Schwarzflüsse‘, ‚p&f Blues‘ und ‚Madbadoo‘ treten ab 17 Uhr als Highlight des Abends auf.

Hilfreiche Tipps für Bootstouren auf den Gewässern in Nordbrandenburg stellt die ADAC Sportschifffahrt mit dem Revierführer „Mecklenburgische Seenplatte“ zur Verfügung.

Sizilische Geschichten (9): Der Schneider von Sciacca.

Wenn ich in Sizilien bin, 
und wenn es mich nicht mehr auf meinem Boot, auf Levje, hält,
breche ich zu Wanderungen rund um das sizilische Städtchen Sciacca auf.
Und finde in diesem Ort am Rand Europas ungewöhnliche Geschichten. Wie diese.

Für die einen ist Heimat ein Ort. Wieder andere sagen, Heimat sei kein Ort, sondern ein Gefühl. Mir aber geht es oft so, dass Heimat etwas ist, was mit den Menschen an einem Ort zu tun hat. Heimat ist: Wenn es gelingt, an einem Ort Beziehungen zu seinen Menschen aufzubauen.

Sciacca im Frühling. Sizilien leuchtet: Vom Gelb der Mimosen-Puschel, die in Kaskaden vom felsigen Ufer ins Meer hängen. Vom saftig im Sturm wiegenden Grün in den Hügeln. Doch nicht alles ist Sonnenschein. Alle zwei Tage weht es hart über dem Hafen, mal mit 6 bft. als Nordwest. Mal mit 7 bft. als Scirocco. Als ich vor drei Wochen zurückkehrte zu Levje hatte ein wütender Südwind ihre Persenning zerfetzt. Der Libeccio, so sagen die Fischer von Sciacca, weht nicht oft. Doch wenn er weht, dann hart und heftig.

Ein Boot besitzen ist nichts für Faule. Es ist nicht nur Lust. Es ist Last. Es ist Mühsal. Es hat mit sich-ständig-kümmern-müssen zu tun. Ein Boot bedeutet aber auch, anders zu reisen, ein Land intensiver kennenzulernen. Weniger, weil man segelt. Sondern weil es manchmal eben eine zerfetzte Persenning braucht, um den Menschen eines Landes näherzukommen. Ein kaputtes Teil auf Levje, hat mich Länder ganz anders kennenlernen lassen als es einem Durchreisenden je beschieden sein könnte.

Da stand ich nun oben in der Werft im alten Bahnhof von Sciacca und betrachtete missmutig die Reste der alten Persenning. Der Stoff war mürbe geworden – nichts mehr zu retten, ich machte mich auf die Suche nach einem „Vellaio“, einem Segelmacher. Wo es wie in Sciacca zwei Marinas gibt, ist auch einer, der Segel nähen kann. Aber in Sciacca, dem 40.000-Einwohner-Städtchen an der Südküste Siziliens, ist das nicht unbedingt so. Ratloses Achselzucken bei den Mitgliedern im CIRCOLO NAUTICO.  Ein hilfloses „Mi dispiace“ („Tut mir leid“) in den Ferramentas, den Ausrüstungsläden um den alten, winkeligen Fischereihafen. Bis im dritten Laden jemand den Namen Pietro Tullone erwähnte, oben in der Via Tommaso Campanella gleich neben der Bäckerei LA SPIGA D’ORO, die „Goldene Ähre“. Ich wurde neugierig. Was für ein verheißungsvoller Name für eine Bäckerei.

Sciacca ist steil.  Die Stadt steigt von der Häuserzeile um den Fischerhafen steil an, verwinkelte Stiegen und verstopfte Straßen führen nach oben ins Stadtzentrum. Da war die Goldene Ähre. Und rechts daneben nicht mehr als eine zur Front verglaste Garage. Zwei Männer saßen darin vor dem Fenster, einer im grauen Arbeitskittel hinter einer Nähmaschine mit einem ehrlichen Gesicht, das mich anrührte. Und einer, der ihm bei der Arbeit zusah.


Beim Eintreten nahm ich Dinge war: Das uralte Moped, das seit Jahren im Hintergrund steht. Schaumgewebe und Stoffe, die sich im Hintergrund zu einem einfachen Materiallager. Die Arbeitslampe, deren Schirm über der Nähmaschine an einem einfachen Draht baumelt. Zwei Garne, rot und weiß. Der Mann im grauen Kittel erhob sich. Ja, er sei Pietro Tullone. Ich zeigte ihm die alte Persenning, er schüttelte traurig den Kopf. Nein, das würde nichts mehr. Aber wenn ich unten am Hafen nach Tancredi fragen würde – der hätte Persenningstoff in seinem Laden. Ich solle dort welchen kaufen. Den Rest würde er, Pietro Tullone erledigen.

Ich machte mich auf den Weg den Hügel hinunter. Nicht ohne an den bescheidenen Mann mit dem ehrlichen Gesicht zu denken. Bei Tancredi unten am Hafen fand ich, wonach ich gesucht hatte. Leuchtend weiße Persenning-Bahn, 18qm.

Am Tag darauf stapfte ich mit meinem Packen wieder hügelan. Der Schneider saß hinter seiner Nähmaschine, umgeben diesmal von drei älteren Männern, Besuchern offensichtlich. Pietro befühlte meinen Stoff. Nickte. Besah sich die Skizze und meinte, ich solle doch am Ostersamstag wiederkommen. Da wäre alles fertig. Wo er denn die 16 qm sperrige LKW-Persenning auslegen und schneiden wolle, fragte ich neugierig. Die Männer grinsten. „Draußen, hier vor der Tür, auf der Straße. Da ist genug Platz.“ Ich schaute etwas ratlos auf die zugeparkte Straße, klappte meinen offenstehenden Mund zu und überließ Pietro den Bergen auseinanderfallenden Persenningstoffes.

Ich ertappte mich dabei, dass ich zuhause an den Schneider dachte. Er strahlte etwas aus, was heute selten geworden ist. Milde. Güte. Alte, aus der Mode gekommene Worte. Sah ihm zu, wie er an seiner einfachen Nähmaschine hantierte, breitete sich in mir ein wohliges Gefühl aus. Doch Pietro Tullones Besucher, deren stille, schweigend entspannte Gelassenheit: Die verstand ich noch nicht.

Karsamstag. Sciacca brummte und summte in vorösterlicher Betriebsamkeit, während ich am Vormittag wieder hügelan stieg. Wie üblich saß Pietro hinter seiner Nähmaschine, während im Laden drei Männer saßen, die ich noch nicht kannte und die ihm bei der Arbeit zusahen. Drei weitere vor dem Laden standen. Einer von ihnen öffnete mir schwungvoll die Tür. Da lag meine 16 Quadratmeter große neue Persenning neben Pietro Tullone auf einem Hocker. Einen Tisch gibt es nicht bei ihm, doch die Persenning, deren Fläche von Pietros Werkstatt deutlich überstieg, war makellos gefaltet, vernäht, mit Ösen beschlagen. Die Männer, die andere waren als die beim letzten Mal, sahen mich grinsend an. Pietro erhob sich, wandte sich dem Packen zu und überreichte ihn mir. Ein Mann trat ein, näherte sich Pietro Tullone, drückte dem Schneider mit „Buona Pasqua. Augurone“ die Hand, und verschwand, wie er gekommen war. „Ja, also“, sagte Pietro, „50 €, wie ausgemacht.“ Als ich ihm etwas mehr geben wollte, sträubte er sich. Erst als ich ihm erklärte, die 10 € seien nicht für ihn, sondern für seine Enkel, denen er an Ostern ein Eis kaufen sollte, strahlte er dankend und erzählte: Er hätte fünf. Die Männer grinsten immer noch, als ich meinen Packen nahm. Und vom Hügel wieder zu Levje hinunterstieg.

Die Persenning passte. Ich ertappte mich dabei, dass ich meinen Blick durch Levje schweifen ließ, was ich denn noch zu nähen hätte, nur damit ich einen Grund hätte, mich wieder wie die anderen Männer bei Pietro Tullone einzufinden. Ja, richtig. Die gestreiften Kissen aus der Türkei hatten keinen Reißverschluss, um die Bezüge waschen zu können. Und die Vorhänge bräuchten neue Druckknöpfe, die alten waren korrodiert. Dienstag Spätnachmittag machte ich mich wieder auf den Weg, den Hügel hinauf. Pietro saß an seiner Nähmaschine. Zwei Männer, die ich noch nicht kannte, saßen davor und sahen ihm bei der Arbeit zu. Ja, könne er erledigen. Doch nicht heute. Er deutete auf die Wand mit den verblichenen Fotos an der Wand. Heute Abend würden die „Rosso-Neri“, die Rot-Schwarzen spielen. AC Mailand, das wäre sein Klub, das dürfe er nicht verpassen im Fernsehen, ich solle nur ja nicht böse sein.

Die Männer um Pietro grinsten wissend. Und in stiller Kumpanei. So wäre er nun mal, da könne man nichts machen. Ein Sizilianer, der einen Club aus dem fernen Norden verehrte.

Zurück auf Levje, fielen mir weitere Dinge auf, die ich noch zu Pietro Tullone bringen könnte. Die frisch gereinigten Teppiche vorne aus Katrins Koje, ihrem „cinema paradiso“. Den alten Bettbezug, der könnte einen neuen Reissverschluß verkraften. Ich dachte über Pietro Tullone nach. Was hatte der einfache Schneider, dass sich die Männer seines Viertels immer wieder bei ihm einfanden? Es war nicht Geld. Es war nicht Vermögen. Er ist nur ein Schneider. Und doch brachten ihm die Männer des Viertels Achtung wie einem Rabbiner entgegen. Er war jemand, bei dem sich die Männer des Viertels einfanden. Und immer neue. Ich fragte Carlo, den Marinaio, er war Fischer und hier aufgewachsen und kannte jeden in Sciacca. Carlo lächelte nur. Ja, Pietro Tullone würden vielen kennen. Und in seinem Viertel wäre der Schneider sehr geachtet.

Als ich lossegelte, damals vor vier Jahren im Mai von Izola, wusste ich nicht, wo mich meine Reise hinbringen würde. Doch ein Gedanke begleitete mich segelnd in all den Jahren nach Antalya und von dort über Kreta und Griechenland nach Sizilien: Das es irgendwo auf einer der vielen Inseln im Mittelmeer einen Ort gebenkönnte, der mir und Katrin mehr sein könnte als eine Station auf der Durchreise.
Vielleicht habe ich in Sciacca, diesem Ort an der äußersten Peripherie Europas so einen Ort gefunden, der Heimat sein könnte. Wenn es so wäre: Dann hat es auf alle Fälle mit einem zu tun: Mit den Menschen dort. Und der Art, wie sie leben.

Am 10. April ist es soweit:
Mein Buch über DIE VERGESSENEN INSELN erscheint.

Jetzt reinlesen: Hier oder hier.
Oder in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift YACHT,
die einen Vorabdruck aus dem Buch bringt.

Blitzeinschlag – ein Fazit

Mi.,04.Apr.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1404, 12.404 sm von HH

Treffen sich zwei Bauern. Sagt er eine Bauer zum anderen: „Ich habe jetzt zwei tolle Versicherungen. Eine gegen Feuer, die andere gegen Blitz.“ Antwortet der zweite Bauer: „Das mit dem Feuer verstehe ich, aber wie machst du Blitz?“

In Gesprächen mit anderen Seglern hält sich, nach einem ersten geschockten Blick, das Mitleid über einen Blitzeinschlag in Grenzen. Nach kurzem Bedauern folgt unweigerlich: „Hat doch was Gutes, ihr habt dann eine komplett neue Navigation auf Kosten der Versicherung.“

Aber stimmt das wirklich?
Inhaltlich ja. Wir sind ‚alt gegen neu‘ versichert. Für jedes defekte Teil gibt es ein neues. So ein Versicherungsschutz hat seinen Preis. Immerhin zahlen wir im aktuellen Fahrgebiet ‚Karibik‘ dreitausend Euro jährlich an Versicherungsprämie.Ein Haus mit einem vergleichbaren Wert zu versichern, kostet keine zehn Prozent dieses Betrages.
Somit zahlt man den Schaden selber – in jährlichen Häppchen durch die Versicherungsprämie.
Das Prinzip einer Schiffs-Versicherung. Deshalb denke viele auch darüber nach, ab Pazifik, wenn die Prämie noch weiter ansteigt, auf eine Versicherung zu verzichten.

Alt gegen neu
Unsere alten Geräte funktionierten, wir waren zufrieden. Jeder weiß, dass Elektronik der jüngeren Generation nicht für die Ewigkeit gebaut wird. Instrumente sollen gar nicht mehr zwanzig Jahre und länger halten. Durchgehend fühlen sich unsere alten Bauteile wertiger an als die neuen Teile.

Die neuen Geräte können vermeintlich mehr. Vermisst haben wir bislang nichts. Braucht man z.B. eine Wassertemperatur-Anzeige? Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht kaputt gehen.
Beim Radar machen wir einen Schritt nach vorne. Die neuen Geräte liefern ein Bild, was jeder interpretieren kann. Die alten Bilder erinnerten häufig an Ultraschallaufnahmen eines unbekannten Organs. Zudem ist der Stromverbrauch durch digitale Technik geringer. Wir können das neue Radar somit länger nutzen, ohne dass die Batterien in die Knie gehen.
Auch der Autopilot verheißt Gutes. Kommuniziert dieser doch nun mit dem Windmesser und ‚lernt‘, welchen Kurs er zu steuern hat. Der alte konnte nur stumpf nach einem eingestellten Kurs steuern.
Beim Rest der Instrumente bleiben wir auf unserem vorherigen Niveau.

Kabel
Alle Kabel sind auf Schmauch- und Brandspuren zu durchsuchen. Die Arbeit für so eine Durchsicht und der entsprechende Kabel-Tausch sind gewaltig. 350 Stunden hat Achim geschuftet.
Das hat echte Ordnung ist in das alte Kabelgewirr gebracht. Bereits zu Hause hat Achim schon immer gemeint, dass er ‚das mal machen müsse‘. Nur Elektriker machen sowas freiwillig. Auf vielen Schiffen unseres Alters sieht es ähnlich aus. Jetzt gab es keine Ausrede mehr.
Zum Glück weiß Achim was ein Multimeter ist und hat keine Angst vor Kabeln. Anderenfalls wären wir ganz schön aufgeschmissen gewesen.
Ein echter Vorteil, den Achim aus der Arbeit zieht: er kennt jetzt das Schiff ganz genau. Alles ist beschriftet und geordnet. Man bekommt wieder seine Hand in den Schaltkasten.

Baustelle
Wir haben drei Monate auf einer Baustelle gewohnt. Unter normalen Umständen ist das Leben zu Zweit auf einem Schiff schon manchmal, nennen wir es, schwierig. So eine Baustelle birgt echte Falltüren für eine Ehe: auf jedem freien Platz liegen Werkzeuge, Kabel und Ersatzteile. Staub und Späne legen sich wie ein Grauschleier auf alle Gegenstände. Wer nach einem Grund sucht für eine Trennung, der möge sich einen Blitz besorgen.

Fazit
Wir sind finanziell auf keinem Schaden sitzen geblieben. Achim kann nun mit verbundenen Augen in seinen Kabeln wühlen. Und trotzdem hätten wir gerne auf den Blitz verzichtet. Unterm Strich war die Zeit anstrengend und unangenehm. Unsere Pläne wurden über den Haufen geworfen, zwangsweise wurden wir ein Vierteljahr in eine Marina am Ende der Welt verfrachtet.
Ein paar Vorteile müssen noch zeigen, dass sie diesen Namen verdienen.

Versicherung
Große Anerkennung geht an Pantaenius, unsere Versicherung. Unkompliziert wurde der Schaden reguliert. Nachdem der Gutachter an Bord gewesen ist, kam sofort ein großzügiger Vorschuss. Die Kommunikation war ausgesprochen freundlich und hilfsbereit.
Viele Gespräche, die wir mit anderen Seglern geführt haben, hatten zum Tenor: „Pack in den Schaden rein, was geht, Versicherungen machen immer Probleme, die hauen dich sowieso übers Ohr.“
Wir können das nicht bestätigen. Wir waren fair zur Versicherung und die Versicherung fair zu uns. Wir haben den Aufwand so gering gehalten, wie es ging: Transportkosten gebündelt, auf einen Hotel-Aufenthalt verzichtet (10 Tage hätten wir bezahlt bekommen), keinen Tischler für Holzarbeiten kommen lassen usw. Achim wurde für seine geleisteten Stunden von der Versicherung bedacht und es gab viel Lob für seinen Einsatz und die Transparenz in der Abrechnung.
Danke Pantaenius, wir empfehlen Euch uneingeschränkt weiter.

Dank
Mein persönlicher Dank geht an Achim. Ohne ihn würden wir noch drei Monate in der Shelter Bay hängen, da bin ich mir sicher. Nach anfänglichem Schreck über den ‚Alleinauftrag‘ hat Achim einfach losgelegt. Jeden Abend hat er versucht soweit aufzuräumen, dass wir die Hälfte des Salons und die Pantry ‚bewohnen‘ können. Zwischen herzhaften Flüchen hat er nicht einen Tag seine gute Laune verloren. Er hat auch in Bereichen, die ihm nicht so liegen, sein Bestes gegeben und unsere ’schiefe‘ Holz-Rückwand wird mich immer an den Tag erinnern als der Blitz kam.

Navi-Rückwand ;-)

Navi-Rückwand ;-)

Rundreise Kolumbien – Teil 2

Mo.,02.Apr.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1402, 12.404 sm von HH

Wir hoffen, dass Ihr, liebe Leser, trotz grauenhaftem Wetter schöne Osterfeiertage verbracht habt. Atanga legt zum Ostermontag noch ein (Blog)-Ei ins Nest.
Das zweite Video unserer Kolumbienreise führt auf indigene Märkte in den Anden, in die liebliche Kaffeeregion Kolumbiens und in das Valle de Cocora mit seinen turmhohen Palmen.

Viel Spaß.