Monat: März 2015

Monday = Funday

Eigentlich wollten wir ja nur ein paar Tage hier in der Marina “Le Phare Bleu” im Süden Grenadas liegen, um unsere Wunden zu lecken, Wäsche zu waschen und die Tanks zu füllen. Aber es ist hier einfach herrlich und darüber hinaus auch noch echt bezahlbar. Wir zahlen umgerechnet nur 19,50 Euro pro Nacht. In England haben wir selbst in schlechten Marinas das doppelte bezahlt. Und aller Luxus ist inklusive: Dazu zählt neben der kostenlosen Benutzung des Hotelpools und des phänomenalen Internets hier auch die kostenlose Nutzung der Hobie-Cat-Strandkatamarane.

Da ich Cati das Segeln auf einer Hurley 22 beigebracht habe, ist sie immer nur Dickschiff gesegelt. Nie auf einer Jolle. Ganz klar, dass wir uns gestern mal einen Strandkat ausborgen mussten, um ein bisschen durch die Bucht zu fegen. Viel Spaß bei Anschauen des Videos!

Johannes

 

Menschen am Meer: Der große Markt von Finike. Oder: Was hat Ibrahimeigentlich mit mir zu tun?

 

Jeden Samstag ist großer Markt in Finike. Die Segler, die neben LEVJE im Hafen von Finike überwintern, freuen sich auf den Samstags-Markt. Am Samstag lassen sie Schiff einfach Schiff sein. Unterbrechen ihre Frühjahrs-Arbeit, das Streichen des Niedergangs, das Schleifen an alten und neuen Holzteilen, das Schwätzchen auf der Pier. Und freuen sich einfach, auf den Markt zu gehen. Denn schließlich ist in der Marina von Finike jeden Sonntag um 13 Uhr im PORTHOLE, dem Aufenthaltsraum für Segler, das große Barbecue. Die Zutaten, seine Mitbringsel: kauft man am Samstag. Auf dem großen Markt.

Der große Markt von Finike verblüfft zunächst mal. Türkische Händler sind wahre Ästheten, was das Präsentieren ihrer Sachen angeht. Jedenfalls die Händler von Finike. Feinsäuberlich stapeln, schlichten, sortieren, trennen, separieren sie die Dinge, die sie anbieten. Lassen Endividien-Köpfe stramm stehen in Reih und Glied vor General „Kunde“. Verkaufen, das lernt man wieder einmal hier, hat zuallererst damit zu tun, wie man aussehen läßt, was man verkaufen möchte. Und die Händler von Finike geben sich große Mühe damit.


Zumeist sind es natürlich Obst und Gemüse, was die Händler anbieten. In der ganzen Ebene südlich von Antalya, um Finike herum, werden Orangen, Mandarinen und allerhand sonstiges Grünzeug angebaut. Kumluça, wenige Kilometer von Finike entfernt, preist sich als Anbauort von Tomaten und Orangen. Der Orangensaft, der „Portakal Suyu“: er schmeckt hier ganz anders als manch saures Zeug, was oft bei uns als Orange aussehend und „Frisch gepresst“ landet.

Wenn man mit dem Flugzeug in Antalya landet, ist es ähnlich wie auf Gran Canaria, Tausende Seemeilen weiter westlich: dann sieht man die ganzen Plastik-Gewächshäuser rund um die Riesenstadt Antalya herum. Es wimmelt nur so von Gewächshäusern. Selbst in, auf, und um die antiken Ruinenstädte von Myra und Limyra sind Gewächshäuser errichtet, „Antike unter Tomatenzucht“, man trifft sie hier im Süden überall. Wieder einmal beeindruckt mich die Türkei. Es ist soviel Ehrgeiz, soviel Wille erkennbar, die Dinge, die Zukunft in die Hand zu nehmen.



So streife ich über den großen Markt. Kann mich nicht satt sehen an all den Farben, die die Händler da geschickt präsentieren. Wüßte ich es nicht besser: würde ich sagen, jeder von Ihnen hat eingehend sein Handbuch gelesen, „Besser verkaufen.“ Irgendwie sind sie einfach geborene Händler, die Türken auf dem großen Markt von Finike.


Und während ich herumstreife, erliege ich meiner Schwäche fürs Essen, die sich in hemmungsloser Neugier äußert: Für die Nüsse, die auf dem Markt vor aller Augen frisch gebrannt werden und die man heiß in ein Tütchen gefüllt bekommt.


Für den bröseligen Käse, der geflochtenen Körben kommt. Hunderterlei verschiedene Käse, die vor meinem Augen defilieren.


Mein Widerstand schwindet. Ich kaufe hier ein paar Zucchini. Dort Tomaten. Dann drei Forellen, noch lebend aus dem Tank. Dann muss ich den bröseligen Käse am blaurotweißen Stand probieren. Endgültig setzt mein Hirn aber aus, als ich zwei Stände mit meiner Leidenschaft entdecke: Helva. Körniger, zuckersüsser Sesamzeug-Nachtisch. Den ich jetzt NICHT im Foto wiedergebe.

Helva pur!
Helva mit Pistazien!!
Helva mit Schokolade!!!

Dicke Stücke lasse ich mir von Ahmed schneiden, die Unvernunft eines Kindes, das den geheimen Weg in die Marmeladenkammer gefunden hat. Dabei mag ich sonst eigentlich nichts Süßes.

Mit gefühlten 25 Tüten bin ich schon fast auf dem Heimweg, als ich in der Ecke des Marktes drei Stände entdecke. Gözleme. Türkische Pfannkuchen. Wollte ich schon immer mal probieren.


An seinem Stand empfängt mich Ibrahim. Seine Frau und eine Helferin backen dort die verschiedenen Gözleme auf einem heißen Blech. Die Helferin hat ein langes Holzstäbchen. Damit rollt sie die Gözleme aus. Faltet sie. Und übergibt die rohen dünnen Teigscheiben gefaltet an Ibrahims Frau, die am Herd sitzt. Zum Ausbacken. Solche mit Fleisch und Käse. Andere pur. Wieder andere sind mit Grünzeug gefüllt, Petersilie, Sellerie-Stückchen.

Währenddessen geht es mir mit Ibrahim so, wie es mir als Segler im Winter in Finike oft ergeht: Ich spreche mein Gegenüber mühsam türkisch radebrechend an. Und erhalte eine Antwort auf Deutsch. Es waren schon ulkige Antworten dabei. Die beste, vor Jahren, typisch, als ich einen sehr türkisch aussehenden Türken fragte, woher er so gut Deutsch könne, lautete: „I han siebe Johr beim Daimler gschafffft.“

Ibrahim war nicht beim Daimler. Aber in Deutschland war auch er. Ging 1980, mit Zwanzig dahin. Arbeitete als Küchenhilfe, als Kellner. Als ich frage, wo, sagt er: ob ich München kenne. Als ich bejahe, stellt sich heraus, dass Ibrahim lange Jahre im Nachbarort kellnerte, in dem ich aufgewachsen bin. Vielleicht bin ich Ibrahim mal im Biergarten begegnet, in dem er arbeitete. Vielleicht standen wir gemeinsam in irgendeiner Schlange an der Kasse. Vielleicht hat er sich gefreut, über einen gemeinsamen Augenblick. Eine Begegnung. Vielleicht hat er sich geärgert, weil ich unachtsam war.

Vielleicht hat ja auch XING, das große Netzwerk recht, das behauptet: „Jeder ist mit jedem bekannt.“ In XING kann man einfach einen irgendeinen Namen eingeben: Und schon zeigt einem das Netzwerk, dass es tatsächlich nicht mehr als zwei gemeinsame Bekannte braucht, über die man sich kennt.

Vielleicht liegt ja auch darin der Reiz auf dem großen Markt von Finike. Zu verstehen, dass wir zwar Fremde sind. Aber doch Gemeinsamkeiten haben. Bis hin zu einem Moment, den wir mal miteinander teilten.

 

Der Atlantik aus Catis Sicht

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Da sind wir also über den Atlantik gesegelt. Bei unserer Abfahrt in Oberndorf war es für mich unvorstellbar, das Leben an Bord noch zu neu und ungewohnt, der Atlantik so furchtbar weit weg. Mit der Seekrankheit auf der Ostsee kam gleichzeitig die Frage: “Wie soll ich das nur aushalten?” Immer wieder habe ich mir vor Augen gehalten, wie viele Leute über den Atlantik segeln. Auch mit Seekrankheit. Also eigentlich nichts besonderes. Wenn die das schaffen, schaffe ich das ja wohl auch. In Zeiten, wo Teenagermädchen alleine nonstop um die Welt segeln, werde ich doch wohl so einen läppischen Atlantik überqueren können, zumal mit jemandem an der Seite, dem ich blind vertrauen kann. “Nimm dich mal nicht so wichtig, Cati”, habe ich mir gesagt und mir heimlich doch Sorgen gemacht.

An unserem Starttag von Madeira herrschte dann aber nur ein Gefühl vor: Vorfreude! Unsere bis dahin längste Überfahrt nach Madeira ist für mich so ein unfassbar schönes Erlebnis gewesen, dass ich gespannt und neugierig auf die vor uns liegende Zeit war. Sicher, vier Tage und vier Wochen, das ist schon ein Unterschied. Aber ich wollte es wissen: Gewöhne ich mich an das Schaukeln? Bekomme ich Routine und so etwas wie Alltag? Kann ich mein Seekrankheitsmedikament schnell absetzen? Wird mich das Wetter und die Welle auf dem Atlantik erschrecken, wenn ich weiß, dass das nächste Land Tage entfernt ist?

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Das Schaukeln: Nervig, eeecht nervig! Ich kann nicht zählen, wie oft wir deswegen gereizt waren oder geschimpft haben, dass schon wieder das Geschirrschapp komplett ausgekippt wurde, nur weil ich kurz ein Messer holen wollte. Dem Schaukeln ist auch unser einziger Bruch auf der Überquerung zu verdanken: In einer Welle bin ich gegen die geschlossene Klotür gefallen und habe dabei die Verriegelung aus dem Holz gerissen. Andererseits aber angenehm, echt angenehm – denn jede Nacht habe ich mich in meiner Koje wie in einer großen blauen Wiege gefühlt. Meinen Beinmuskeln wird es auch nicht geschadet haben.

Routine und Alltag sind erstaunlich schnell eingekehrt. Ich mochte alles besonders gern, was dem Tag Struktur gegeben hat. Wachwechsel, Positionsbestimmung am Mittag, gemeinsames Abendessen. Ungefähr am dritten Tag habe ich mich dabei erwischt aus dem Küchenfenster zu schauen und überrascht zu sein, dass da ja nichts als blau ist. Ich habe geliebt, dass ich so viel Zeit zum Lesen hatte, denn ich lese überaus gerne. “Duschtage” waren besondere Tage. Und irgendwann habe ich mir sogar mal die Fußnägel lackiert, so sehr war diese Atlantiküberquerung mein Alltag geworden. Und trotzdem, selbst die Umgebung war fast jeden Tag neu. Zu Anfang haben wir wahnsinnig viele Portugiesische Galeeren gesehen, später dann riesige Seegrasteppiche. Auch die Wasserfarbe hat sich verändert. Der Atlantik war immer tiefblau, aber wenn sich die Wellen gebrochen haben, wurde es immer türkiser, je weiter wir nach Westen kamen. Und wenn ich jetzt die Fotos von den Flautentagen sehe, kann ich kaum glauben, dass der Atlantik so platt wie ein See war, denn am Schluss sah er ganz anders aus. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass wir vorwärts kommen, weil sich die Landschaft und natürlich die Temperaturen so stark verändert haben.

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Die Seekrankheit: Am zweiten Tag konnte ich das Medikament bereits reduzieren, nach dem dritten Tag habe ich es abgesetzt. Besser geht es nicht. Mir wurde selten mal flau, wenn der Wind gedreht hatte und die Wellen aus der anderen Richtung kamen, aber nie schlimm. Ab da hab ich mich eher gefragt, ob ich nach der Überfahrt wohl genauso landkrank werde, wie ich anfangs immer seekrank geworden bin … ?

Wind und Wellen haben mich nicht mehr wirklich erschreckt oder geängstigt. Trotzdem gab es Situationen, die ich als beunruhigend empfunden habe. Insbesondere nachts, wenn sowieso alles viel intensiver wahrgenommen wird. Das hing vor allem damit zusammen, dass ich diejenige war, die in den allermeisten Fällen unten gewartet hat, bis Johannes draußen mit dem Manöver fertig war. Kopfkino. Musste ich mithelfen, blieb gar keine Zeit dafür sich zu sorgen. Ich habe sowieso das Gefühl gehabt, dass es irgendwie keinen Unterschied macht, ob die Welle nun zwei oder fünf Meter hoch ist, runter müssen wir da eh. Es hat mich eher fasziniert, wenn sich hinter uns eine Wellenwand aufgebaut hat, die “Maverick” spielend runtergesaust ist. Was mir in diesem Zusammenhang allerdings Gedanken bereitet hat, war der Kraftaufwand, der für die Wetterverhältnisse erforderlich war. Ich habe in so vielen Segelbüchern gelesen, dass während der Atlantiküberquerung nicht einmal die Segelstellung geändert werden musste, sobald man den Passat erreicht hatte, Johannes war aber gerade zum Ende im Stundentakt damit beschäftigt. Ich habe mir oft gewünscht, dass ich ihm mehr abnehmen könnte und ihn vor allem nachts nicht immer wecken muss, wenn es mal wieder was zu tun gab. Dazu fehlte mir aber oft nicht nur die Kraft, sondern auch die Erfahrung und das Know-how. Deshalb waren es immer Festtage, wenn ich Sachen mal alleine hinbekommen habe. Gut für das Selbstbewusstsein. Dennoch, Wind und Wellen waren für Johannes sicherlich ein größeres Thema, weil sie ihm um ein Vielfaches mehr an Kraft, Schlaf und Entspannung abverlangt haben als mir.

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Als abzusehen war, dass wir am nächsten Tag ankommen, hat mich das sehr traurig gestimmt. Ich habe mich natürlich auf das Ankommen und die Karibik gefreut, aber es hat sich angefühlt, als gehe jetzt ein Lebensabschnitt zu Ende. Es war eine Zeit, in der ich viele Stunden zum Nachdenken hatte, in der Johannes und ich über Sachen reden konnten, die sonst nicht so wichtig waren. Eine Zeit in der wir wirklich nur uns hatten und uns dabei sogar noch frühere Erlebnisse eingefallen sind, die der andere noch nicht kannte – obwohl wir doch ansonsten schon alle Geschichten kennen. Wir waren uns nah und hatten trotzdem jeder Zeit für sich. Ich habe gelesen, gegessen, geschlafen, gebetet.

Jetzt sind wir schon drei Tage an Land und ich merke, dass die Atlantiküberquerung langsam in den Hinterkopf gerät, so viele Sachen sind hier zu erleben, so viele spannende Menschen kennenzulernen. Trotzdem werde ich das Erlebnis sicher nicht so schnell vergessen und ich bin so dankbar, dass Johannes mich mit über den Atlantik genommen hat.

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Vom Millionär zum Tellerwäscher


Folgendes Szenario: Jemand macht euch das Angebot ein halbes Jahr lang ein hochexklusives Leben zu führen. Villa am Meer, Privatjet, eigener Koch und Fitnesstrainer, Bootshaus, denkt euch etwas aus. Dazu ein Limit von einer Million auf einer Kreditkarte (wem das nach Alltag klingt, der kann hier übrigens aufhören zu lesen).  Der erste Impuls wird wohl ein lauter Jubelschrei sein und die Vorfreude auf das wohl beste halbe Jahr des Lebens. Doch ist es das wirklich? Was passiert wenn das halbe Jahr vergangen ist? Kann man sein Leben danach einfach weiter führen und damit glücklich sein? Oder fühlt sich das Leben danach schlechter und grauer an? Unvollkommen und leer? Wie „Pretty Woman“ ohne Richard Gere, und man probiert sich mit seinem alten Leben zu arrangieren, hofft aber insgeheim, dass der Prinz zurückkommen möge? So ähnlich geht es mir nun seit die Zeitmillionen meines monatelangen Sommertörns aufgebraucht sind, und ich wieder mein altes Leben lebe. 

Gedanken an die Zeit nach der Erfüllung meines Traumes hatte ich stets bewusst weit von mir geschoben. Zunächst galt es ja so vieles vorzubereiten, und Pläne zu machen. Von einsamen Ankerbuchten und Schärenplätzen zu träumen. Auf gutes Wetter zu hoffen. Darauf folgte dann das bewusste Genießen jedes Augenblickes auf der Ostsee; ein Leben für den Moment. Oder wie Christian Irrgang  in seinem Buch „Ostsee linksherum“ beschreibt: das bewusste Auskosten des Momentes im exakten Moment des Erlebens. Und nicht erst Monate später in der Erinnerung, weil man den Moment vor Ort verpasst hat. Sondern sich vielleicht gerade Sorgen um die Zukunft machte. Dieses zeitnahe Realisieren des Glückes ist mir perfekt gelungen, und ich danke hiermit jedem Autor für Hinweise dieser Art, da sie einen davor bewahren in die gleiche Falle zu tappen. In diesem Beispiel, die oben beschriebene Situation. Worauf ich nämlich nicht vorbereitet war, war das „Danach“. Das Erwachen nach der Reise, wenn von dem Traum nichts mehr über ist. So sehr man auch probiert hat ihn festzuhalten und noch ein paar Sekunden weiter zu träumen.

Sicher, alle Reisebücher und Berichte haben ein Ende. Da klingt das dann entweder so:  „Nach Anzahl Monaten/Jahren bin ich nun wieder in unsere alte Wohnung gezogen und mache mich auf den Weg zur Arbeit. Die Kollegen fragen: „Uuups, schon wieder da?“ und widmen sich ihren täglichen Aufgaben und auch ich bin schnell wieder Teil des Getriebes. Häufig träume ich noch von usw…..“, oder so: „Auf meine Bewerbungen nach Ende des Studiums folgten ja viele interessante Angebote und in drei Wochen beginne ich nun eine neue interessante Aufgabe, die mich zunächst sicher sehr ausfüllen wird. Für das Segeln werde ich also erst einmal weniger Zeit haben….“. Es gibt natürlich noch viele weitere Varianten, aber meistens ende sie mit einem „Unhappy End“ im Sinne von „So das war‘s, nun muss ich aber mal wieder.“ Pretty Woman muss zurück auf die Straße. (Schöner haben es hier einzig die betuchten Rentner, dort würde dann beispielsweise stehen: „Toller Sommer. Nächstes Jahr wollen wir dann für ein ein paar Monate nach Norwegen“. Würde stehen. Denn meistens schreiben die ja nicht, sondern genießen einfach nur. Die Weisheit des Alters.) 

Aber kann man das wirklich so einfach? Kann man wirklich sagen: „So das war’s“, der Traum wurde gelebt, abgehakt, weiter im Text? Mir jedenfalls gelingt es nicht. Zu sehr hänge ich an den Erinnerungen, an dem Gefühl meiner Zeitmillionen, an der Freiheit und der Ungebundenheit des letzten Jahres. Doch dieser Traum ist erstmal ausgeträumt und kommt so nicht mehr wieder. Trotz aller neuen Pläne und Aufgaben, die nun auch hier auf mich warten, fühlt es sich oft leer an. Leer und grau. Denn was ich tue ist eben nicht so einmalig, wie in Erfüllung meines Traumes monatelang über die Ostsee zu segeln. Sicher, es ist auch schön und hat seine Momente, aber eben nicht in dieser Dichte. Kann es ja gar nicht sein. Sonst wäre es ja nichts Besonderes gewesen.  Ich bin nicht unglücklich hier, nur seit ich weiß, wie es sein kann anders zu leben, fällt es mir schwer einfach wieder so zu leben wie vorher. Eben so, als wäre man sechs Monate Millionär gewesen und nun wieder Tellerwäscher. Und genau darauf war ich nicht vorbereitet. Das mir das Leben, was mir vor der langen Reise gut gefiel, nun etwas weniger gut gefällt, weil ich hinter dem Horizont etwas Neues und Schöneres gesehen habe. Aber genau darauf sollte sich jeder einstellen, der Ähnliches plant oder gerade erlebt.  Denn es wird deine Sicht der Dinge unweigerlich verändern. Ich wollte das hier nur mal gesagt haben.

Mir bleiben jetzt drei tröstende Gedanken. 

Eins: Wenn mir mein Leben vorher so gut gefallen hätte, hätte ich dann den Aufwand betrieben hinter den Horizont zu fahren? Vermutlich nicht.

Zwei: Das wahre Glück, liegt nicht in den Millionen, sondern in den Menschen und der Liebe um einen herum. Das ist zu mindestens die Aussage zahlloser Filme, die diesen Gedanken aufgreifen und auch  bei mir definitiv wahr. Ich würde jedenfalls keinen der mir eng verbundenen Menschen für Zeit- oder Geldmillionen hergeben.   

Drei: Wer sagt denn, dass man nicht von neuen Abenteuern träumen kann? Nein, sogar muss um nicht depressiv zu werden. Denn die eigenen Träume sind ja stets das Produkt aus den Erfahrungen hinter dem Horizont und den entstandenen neuen Sehnsüchten. Und sie wachsen in gleichem Maße, wie ich auf der Reise innerlich gewachsen bin. 

Angekommen im Paradies

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Liebe Leser,

wir sind vorgestern nach 3255 Seemeilen, 27 Tagen, 4 Stunden und 15 Minuten in der Le Phare Bleu Marina im Süden Grenadas angekommen und hier von unseren Freunden von der Segelyacht “Maya” sehr herzlich empfangen worden. Es ist wirklich wunderschön, hier zu sein!

Den Blogeintrag zur Atlantiküberquerung mit einer Bildergalerie findet ihr unter diesem Link.

Vielen Dank an alle Leser, die unser Überfahrt verfolgt haben! Wir haben am ersten Abend die vielen, vielen Emails und Gästebucheinträge gelesen. Es war sehr schön, euch virtuell mit an Bord zu haben! ; )

Vielen Dank auch an diejenigen, die etwas in unsere Kaffeekasse geworfen haben. Eigentlich sind Marinaaufenthalte für uns hier in der Karibik nicht mehr im Budget, wir wollten nur für zwei, drei Tage hier liegen, um die Tanks zu füllen, das Boot zu putzen, Wäsche zu waschen und den vielen Plastikmüll loszuwerden. Mit der Ankunft haben uns nun aber ein paar Euro erreicht, mit dem Betreff “Willkommen in der Karibik”, “Für zwei kalte Biere in Grenada” oder schlicht “Ich geb einen aus”.. Herzlichen Dank dafür! ; ) Ihr seid große Klasse! Wer unsere Kosten-Seite verfolgt hat wird wohl erkannt haben, dass wir jeden Monat durch unerwartete Reparaturen und Zwischenfälle im Schnitt 500 Euro über unserem Budget von 1500 Euro waren. Deshalb sind wir sehr dankbar, dass uns mit Begeisterung unterstützt. Wir werden uns große Mühe geben, weiterhin gute Fotos und Texte zu liefern, damit ihr vom Büro aus mitreisen könnt.

Johannes

Austrian Boat-Show in Tulln eröffnet

Tulln – Volle Fahrt voraus – Kurs Austrian Boatshow – BOOT TULLN 2015!

Tulln Boat Show

Vom 5. bis zum 8.3.2015 öffnet die Austrian Boatshow in Tulln ihre Tore

Tulln ist und bleibt der sichere Hafen und wird im März wieder zum Treffpunkt der Yachties und Wassersportfans. 370 Aussteller aus 18 Nationen zeigen vom 5. bis 8. März auf einem komplett ausgebuchten Messegelände auf 30.000 m2 einen Querschnitt der Branche. Das vielfältige Angebot reicht von: großen Yachten, kleinen Jollen, alles rund um den Tauchsport, Stand up Paddling, Bootsausrüstunge, maritimen Dienstleistungen und Infos über die schönsten Destinationen für den Chartertörn. Das Yachtcharterrevier Kroatien ist in Tulln traditionell größten Zahl an Charterangeboten vertreten.

Die ADAC Stützpunktmarina Punat ist ebenso wie der Stützpunktpartner SeaHelp und CharterCheck, Partner der ADAC Yachtcharter-Suche, auf der Messe in Tulln vertreten. Bei allen auf der Austrian Boatshow vertretenen Partnern der ADAC Sportschifffahrt genießen Mitglieder vom ADAC und vom Partnerclub ÖAMTC attraktive Rabatte. Weitere Informationen zu den Vorteilspartnern der ADAC Sportschifffahrt unter www.adac.de/vorteilspartner.

Laaaaand in siiiiiiicht!!!!!!

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28. Tag auf See

Die letzte Nacht zählt wohl zu den lausigsten aller Zeiten. Alle halbe Stunde lief das Schiff im Surf von den Wellenbergen aus dem Ruder und das Großsegel stand back. Entweder hatte sich wieder Seegras in der Windsteueranlage verfangen oder die schnellen Rauschefahrten waren einfach zu viel für die Anlage. Jedenfalls habe ich kaum Schlaf gefunden. Heute Nacht nur eine halbe Stunde, heute Morgen eine. Mit den paar Stunden der letzten Tage habe ich also ein ordentliches Schlafdefizit aufgebaut. Wenn wir dafür wenigstens schnell vorangekommen wären … Obwohl wir locker mehr als sieben Knoten durchs Wasser gefahren sind, standen aber nur 3,5 bis 4 Knoten über Grund auf dem GPS. Ziemlich ermüdent. Offenbar bildet die Äquatorialströmung hier zwischen Barbados und Tobago eine Art Strudel und wir hatten drei Knoten Gegenströmung. Anders kann ich mir das nicht erklären. Die Pilot-Charts habe ich leider zu Hause gelassen, waren zu sperrig. Trotz der schlaflosen Nacht und vielen Arbeit an Schiff und Segeln sind wir also nur mäßig vorangekommen und hatten uns schon damit abgefunden, erst am Donnerstag auf Grenada anzukommen. Aber das ist plötzlich alles vergessen, denn seit heute Morgen rennt “Maverick” wie auf Schienen dem Ziel entgegen. Was für ein Geschenk! Die mitlaufende Welle produziert ein gleichmäßiges Surren, wie wir es lieben. Das entsteht nämlich erst ab sechs Knoten Fahrt ; ) 6,5 Knoten machen wir im Durchschnitt – und das GPS rechnet nun mit einer Ankunft zwischen 16 oder 17 Uhr Ortszeit. Fantastisch! Die Einfahrt in die Bucht ist nämlich ein wenig tricky und bei Nacht wäre es ein wenig umständlich geworden. An Bord herrscht eine Bombenstimmung, Euphorie macht sich breit. Cati steht am Ruder in der Sonne, singt aus voller Kehle ihr ganzes Repartoire und ich konnte eben ein bisschen die Beine lang machen. Jetzt habe ich mir sogar einen Kaffee gekocht, dazu bin ich in den vergangenen Tagen ja mal so gar nicht gekommen. 46 Seemeilen liegen noch vor uns. Deshalb wird es die nächste Meldung wohl wieder übers Internet geben. Dann können wir auch ein paar Fotos hochladen. Bis dahin senden wir euch ein letztes Mal viele Grüße vom Atlantik, 12 Grad 02 Min Nord und 060 Grad 55 Min West. Vielen Dank an alle Leser, die meine Logbucheinträge hier verfolgt haben. Wir sind sehr gespannt auf alle Kommentare und Gästebucheinträge, die sich in der Zwischenzeit auf der Seite gesammelt haben. Wir hatten ja nur eine einfache Mailverbindung für die Logbucheinträge, aber keinen Zugriff aufs Internet … Johannes

Menschen am Meer: Wie Pit den Winter auf dem Wasser verbringt.Oder:Wieviel braucht es, um glücklich zu sein?

Und dann stehen wir mitten in der Nacht in Bremen in einem Industriegebiet. Es ist Februar. Der Regen prasselt nadelscharf aufs Auto, als wir aussteigen. Container. Ein Bahnhof. Lagerhallen. Kräne. Stahltrümmer. Eine Schrottpresse. Kälte.

Ein unwirtlicher Ort. Pit hat uns eingeladen. Auf sein Boot, hier in Bremen, in einem kleinen Stadthafen. Pit ist Autor. Vor allem: Pit ist Segler. Daneben hat er auch noch einen richtigen Bürojob. Er arbeitet in einer Marketing-Abteilung, macht PR. Sein Haus hat er schon vor längerer Zeit verkauft. Er wollte auf dem Boot leben. Klar hat seine Lebensgefährtin eine Wohnung. Aber wann immer er kann, lebt Pit hier auf dem Boot. Im Winter mitten in Bremen. Und im Sommer unterwegs auf der Nordsee.

 

„Sehnsuchtsvolle Menschen leben dort: wo Ihre Sehnsüchte genährt werden.“ So begann der bislang einzige Roman meines besten Freundes Andal. Die Heldin des Romans lebte auf einem Schrottplatz und fühlte sich dort pudelwohl. Als ich vor vielen Jahren ernsthaft begann zu Segeln, hatte ich ganz andere Vorstellungen vom richtigen Leben: Mein Boot sollte in einer schönen Marina liegen. Ein schöner Sportboothafen, allles gepflegt, alles chic, alles tiptop. So dachte ich mir das. Aber meine erste Bootsbeteiligung, das Leben, führte mich ganz woanders hin. Nach Livorno, kurz hinter den Containerhafen. Das Schlagen von Stahlcontainer auf Stahlcontainer, wenn Fiederschiffe in der Nacht  ein paar Hundert Meter weiter beladen wurden. Das gleißend gelbe Licht der Quecksilber-Dampflampen über dem Gelände. Lokomotiven, die langsam schwere Containerzüge aus dem Hafen schoben. Räder, die auf Stahl schlagen. Neben uns haushoch gestapelte Leer-Container, umwuchert von mannshohem Unkraut in der Dunkelheit. Wie die rundum aufgepallte Yachten jeden Alters, verrutscht, verrückt von Zeit und Wind. Der Geruch des Meeres und herüber von der Raffinerie. Ein metallisches Sirren in der Luft. Calambrone. Ich entdeckte, das mein Herz anderes wollte als mein Hirn. Meine Vorstellung, wie ein guter Liegeplatz auszusehen hat, hatte sich grundlegend gewandelt.

 

Also: bin ich entzückt, wo Pit seine Winter verbringt. Weil die Tide hier vier Meter beträgt, liegt das Boot heute tief neben anderen im Hafenbecken. Zuerst die naßkalte Stahltreppe hinunter. Dann im Regen die rutschige Holzbrücke hinab auf den Schwimmsteg. In der Dunkelheit, im Eisregen knarzende Festmacher, als wir den Steg entlanggehen. Und auf das Boot klettern. Eine Kuchenbude über dem Steuerstand. Ah, herrlich, ein trockener Platz. Schuhe aus. Dann durch den Niedergang nach unten. Das Licht geht an. Die Heizung auch. Pit schließt mit schneller Bewegung das Schiebeluk. Schnell wird es warm. Auch deshalb, weil Pit die Kerzen auf dem Tisch anzündet und sich warmes Licht im Deckshaus verbreitet. Und ein paar Flaschen dazustellt. Irgendein Aniszeug, was ich eigentlich nicht mag. Was macht das schon, dass die Dinge im Kleinen manchmal nicht nach Wunsch gehen. Der Ouzo wärmt. Der Moment ist zu schön. Hier auf dem Boot. Im vom Kerzenlicht erhellten Deckshaus nach draußen schauen, in die Kälte, in den prasselnden Regen. Sich richtig Geborgen fühlen in der Unwirtlichkeit der Welt.

 

Schon ein merkwürdig Ding, das menschliche Herz. Ich verstehe Pit nur zu gut. Ihn, den Wanderer zwischen den Welten. Sein Leben zwischen dem Thrill von PR und der einsamen Klarheit der Schrottpresse.
 
Wieviel braucht es, um glücklich zu sein?

Das Leben kann schon ganz schön einfach sein.
Auf dem Wasser.

27. Tag auf See

Kaum hatte ich gestern getippt, dass der Atlantik jede der letzten Meilen erkämpft haben will, da ist der Ozean hier zum großen Showdown aufgefahren. Der ganze Himmel im Osten war plötzlich schwarz. Eine gewaltig und beängstigend aussehende Wolkenfront. Schnell die Genua weg und abwarten, was passiert. Zu unserem Erstaunen steckte dann aber kein Wind in den Wolken, sondern nur große Mengen an Regen. Der Wind blieb dann sogar ganz aus. Völlige Flaute. Trotzdem habe ich draußen in Ölzeug das Schiff auf Kurs gehalten, etwa zwei Stunden lang, bis der Regen endlich vorbei war. Aber der Himmel blieb weiter dunkel und der Wind drehte permanent. Raumwindkurs, Vormwind mit Groß an Backbord, dann alles umbauen auf Steuerbord, … Eine Menge zu tun. Zum Abend hin kam dann wieder ganz, ganz leichter Ostwind auf und wir machten uns Hoffnung, während der Nacht ein paar Meilen aufs Ziel gutzumachen. Pustekuchen. Der Wind drehte weiter, schickte uns nach Norden auf Barbados zu, dann zurück in Richtung Madeira. Erst heute früh hat er sich dann ein wenig in der Richtung stabilisiert, auch wenn es weiter nur leichtwindig war. Entsprechend mager ist das Etmal, 95 Seemeilen. Hart erkämpfte Seemeilen. Für die Umstände ist das Etmal schon wieder gut. Gegen 10 Uhr morgens habe ich die Maschine unter die Lupe genommen. Sie soll ja funktionieren, wenn wir uns dem Hafen nähern. Das Seekraut hat sich aus der Schraube gelöst, gute Neuigkeiten. Ölstände Getriebe und Motor sind topp, sie hat auch nicht sonderlich gelitten. Als ich damals mit der kleinen “Maverick” 2006 auf St. Lucia ankam erinnere ich mich, dass die Maschine innerhalb von 4 Wochen ganz schön rostig geworden war, weil die salzige Luft mit ihrem korrosiven Atem auf so einem kleinen Boot doch durch jede Ritze weht. Nach fünf Tagen mit nur leichten Winden war unsere Verbraucherbatterie ziemlich platt. Den Großteil der Atlantiküberquerung waren wir mit Solar und Windgenerator gut hingekommen, aber nun halt nicht mehr. Also haben wir gleiche einen Probelauf gemacht, um die Batterien zu laden und zehn Meilen nach Süden zu kommen, hinaus aus dem Flautenfeld. Das hat gut geklappt, denn wir laufen nun wieder mit 5,5 Knoten auf Zielkurs. Hoffentlich bleibt das so, denn durch die Flaute gestern Nacht wird es jetzt schon knapp, morgen noch im Hellen in die Bucht auf Grenada einzulaufen. Laut Karte eine ziemlich enge und flache Einfahrt, unbetonnt. Wäre blöd dort kurz nach Sonnenuntergang anzukommen und auf den Morgen warten zu müssen. 40 Meilen im Norden von uns zieht gerade Barbados vorbei, zwei Meilen im Süden ein Tanker mit Kurs Marokko. Hier ist also gerade echt der Bär los, im Vergleich zu den letzten Tagen. Beim Milchreis-Kochen ist uns heute früh das Gas ausgegangen. Wir haben zwar noch eine weitere Flasche an Bord, aber finden es toll, dass sie noch genau über den Atlantik gereicht hätte (wären wir nach Barbados gegangen). Die Wassertanks klingen auch schon ganz schön leer. Also ebenfalls genau hingehauen. Als Reserven sind aber noch etwa 40 oder 50 Liter an Bord. Ansonsten alles gut an Bord. Das geeiere vor dem unsteten Passat war ziemlich erschöpfend die letzten Tage, auch für die Laune, wenn der Wind immer einen Strich durch die Planung macht. Aber nun ist es bald geschafft, noch 133 Seemeilen. Das schaffen wir dann auch noch …

26. Tag auf See

Zweierlei konnten wir heute feiern. Zum einen haben vor heute Vormittag die 3000ste Seemeile auf dieser Atlantiküberquerung geloggt. Ein Ereignis, das ich eher beiläufig mitbekommen habe, als ich mit meinem verdienten Kaffee im Morgengrauen im Cockpit saß und den Beginn des Tages genoss. Die Nacht war wieder rau und lang. Fast jede Stunde zog eine dicke Wolke mit Wind und Regen über uns hinweg. Reffen, ausreffen, reffen, usw. In der Nacht ist das wirklich nervig. Vor allem, wenn ich eigentlich Freiwache hab. Tagsüber macht es mir nicht viel aus. Nur der Regen. Damit meine Klamotten nicht nass werden, ziehe ich immer Ölzeug und Gummistiefel über, sitze dann nach dem Reffen die 20 Minuten im Cockpit, bis die Starkwindböe vorbei ist. Sobald dann die dicke Wolke von der Sonne abgelöst wird, wird es heiß unter dem Ölzeug. Da kam mir heute der genialste Gedanke dieser Reise: “Damals, im dem großen Karton mit dem Ölzeug, war doch noch eine zweite Hose …” Und tatsächlich, da ist sie! In den vergangenen Monaten brauchte ich sie nicht, aber jetzt kann ich vollkommen verstehen, warum SLAM sie damals mitgeliefert hat. Denn es ist eine KURZE Ölzeughose!; ) Klingt erstmal komisch, ich kannte sowas auch gar nicht – ist aber hier in den Tropen einfach perfekt! Die Klamotten darunter (Boxershort, T-Shirt) bleiben trocken, aber das arbeiten in der Hitze ist trotzdem sehr angenehm luftig. Cool. Der zweite Grund zu feiern, den ich mit wesentlich mehr Enthusiasmus wahrgenommen habe, ist die Marke “200 Seemeilen” bis zum Ziel. Dann sind wir endlich dort, wo der Pfeffer wächst. Auf der Gewürzinsel Grenada. Wir werden in einer kleinen Marina im Süden der Insel erwartet. Eigentlich wollen (und müssen) wir ja ab der Karibik nur noch ankern und Geld sparen, aber zwei, drei Tage wollen wir uns trotzdem am Steg gönnen. Zum einen, weil wir fürs Ankern noch ein paar Vorbereitungen treffen müssen, zum Beispiel eine Kette fürs Dinghi kaufen, das ja vor Anker zu unserer Verbindung an Land wird – vor allem aber natürlich, um die tollen Vorteile einer Marina nutzen zu können, die wir dringend nötig haben. Vor allem Dusche, Wasserschlauch, Wäschmaschine … und natürlich Internet!; ) Außerdem muss ich auf Grenada gleich nach der Ankunft mal einen Arzt besuchen. Trotz den 1,5 Wochen mit Antiobiotika bin ich immer noch nicht wieder voll hergestellt. Irgendwas steckt noch drin. Reste der Quarantänezeit auf Madeira … Und die letzten 200 Meilen versprechen noch einmal anstrengend zu werden. Der Atlantik schenkt uns gerade keine Meile. Seit einer halben Stunden ziehen im Westen wieder graue Wolken auf. Sieht ganz schön gewaltig aus. Mit den Wolken kommen aber nicht nur Regen und Starkwind, sondern auch fast jedesmal Winddreher. Gerade ist der Wind sehr abgeflaut und hat auf Südost gedreht. Wir fahren also mal wieder in die falsche Richtung und müssten Schiften, um weiterhin Grenada anliegen zu können. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass Warten manchmal besser ist. Denn jedesmal, wenn ich das Gerödel auf dem Vordeck umgebaut habe, dreht der Wind für gewöhnlich zurück und ich darf alles wieder zurückbauen … Soweit die News vom (hoffentlich) vorvorletzten Tag auf See! Mittwochmorgen müssten wir einlaufen. Johannes

25. Tag auf See

Der Endspurt verlangt uns nochmal einiges ab. Das Wetter will gerade gar nicht mitspielen. Ständig große, dicke, dunkle Wolken mit starken Böen und Winddrehern. In der letzten Nacht musste ich alle halbe bis ganze Stunde einmal raus und die Segel einreffen / ausreffen und die Windsteueranlage nachjustieren. Cati war gestern Abend so erschöpft, dass ich sie mal eine Nacht durchschlafen lassen hab, was ihr sehr gut getan hat. Heute ist sie wieder richtig Munter und fit. Ich habe mit Unterbrechungen (Eieruhr) nur zwei Stunden schlummern können und auch heute tagsüber keinen rechten Schlaf gefunden. Dafür sind wir unterm Strich ganz gut vorangekommen. Ein 132er Etmal und nur noch 330 Meilen bis Grenada. Damit sind wir nun in Sachen Ankunft heute an dem Punkt, an dem wir gestern schonmal waren. Wir rechnen nun fest mit einer Ankunft am Mittwochmorgen. Gestern habe ich mal mit der GoPro einen Blick unters Schiff geworfen. Fantastisch, dieses tiefe blau. Außerdem sieht das Unterwasserschiff noch echt gut aus. Sowohl was den Bewuchs angeht, als auch unsere Laminierarbeiten. Wir haben “Maverick” ja ein Jahr vor der Abfahrt und in mühevoller Arbeit osmosesaniert, also das ganze Unterwasserschiff mit einem Elektrohobel abgeschält, einige Lage Epoxydharz und Matte aufgebracht, gespachtelt und dann sieben Schichten Sperrschicht gemalt. Nun sind wir beide keine ausgebildeten Bootsbauer, aber das scheint zu halten. Beim Blick unter Wasser ist mir aber leider auch aufgefallen, dass unser großer, dreiflügliger Festpropeller eine Menge Seegras aufgesammelt hat, das hier auf dem Atlantik seit Wochen an uns vorbei treibt. Wir sind gespannt, ob es uns beim Einlaufen in die Bucht unter Maschine Probleme bereiten wird.