Monat: November 2014

5 Monate Segeln: Was hat mir das gebracht? 7 Erfahrungen, die sich lohnen.

Vor kurzem fragte mich ein Mitarbeiter meines einstigen Verlagsteam: „Und? Würden Sie es wieder machen? Noch mal fünf Monate Segeln gehen?“ Ich mußte kein Sekundenbruchteil überlegen. Na klar. Sofort wieder. Jetzt gleich. 
Aber was ist es, was von so einer Reise bleibt? 
Lernt man etwas? 
Wird man ein anderer? 
Habe ich mich verändert? 
Hier der Versuch einer Antwort.

Learning 1: 
Was ist eigentlich wirklich wichtig im Leben?


Über LEVJE’s Kartentisch.

Schöner, als es die folgende Geschichte erzählt, kann ich es nicht wiedergeben: Der Autor, ein amerikanischer Backpacker, Mitte der 90er auf Trekking-Tour irgendwo in Kenia. In irgendeinem abgelegenen Dorf begrüßt ihn ein alter Massai. Hoch gewachsen. Stolz. Auf seinen Speer gestützt. Wie ein Reiher auf einem Bein stehend. Während des Abendessens führen die Tourengeher dem Massai stolz ihren nagelneuen Rucksack vor. Große Staufächer. Extrataschen für dies. Extrataschen für das. Kleine Tupper für jenes. Reißverschlüsse. Schnallen. Schnappschlösser. Klettverschlüsse. 
Nachdem der Massai den Rucksack und seinen ausgebreiteten Inhalt einige Minuten wortlos betrachtet, wendet er sich an den Autor mit der Frage:

„Sag: Macht all dies Dich glücklich?“

Geschichten wie diese hat jeder gehört. Und kennt jeder. Aber meine große Erfahrung meiner fünfmonatigen Segelreise ist: 

Der Erzähler dieser Geschichte hat Recht. Einfach nur Recht. 100% Recht. 

Eingespannt in mein früheres Leben: Vor allem meinen Beruf, das Gelärme dessen, was „wichtig“ zu sein scheint, und auch meine Partnerin, Kinder, ist es schwer, sehr schwer, zu hören, was ich wirklich brauche. Denn der lautlose Lärm dieses, meines Alltags ist überwältigend. Für mich. Für die meisten von uns.

Tatsächlich ist es verdammt wenig, was ich „wirklich“ wirklich brauche. Aber um herauszufinden, was dazu zählt: war es einfach buchstäblich notwendig, die Autobahn, auf der auch ich mich seit Jahren im Kolonnenverkehr bewege, zu verlassen. Rechts rauszufahren. Auszusteigen. Und zu kucken: WAS mir da einfach begegnet. Und WIE.

Und diese Begegnungen sind das Wichtige: Mit den vielen MENSCHEN AM MEER, über die ich schrieb (und es werden in den nächsten Monaten noch viele, viele mehr werden, über die ich zu schreiben habe). Mit dem, was mir UNTER SEGELN auf dem Meer begegnete: Einsamkeit. Inseln, auf denen die Götter zu wohnen schienen. Gewitter. Und große Wellen. 

Das, was uns begegnet, wenn wir unser Zuhause verlassen, ist wichtig.
Das, was wir im Alltagsbetrieb einfach nicht mehr wahrnehmen, wofür wir den Blick verloren haben, ist wichtig.


Herr Michilakis und sein Labyrinth. Den 92 jährigen Ladenbesitzer lernte ich in seinem Laden auf Amorgos kennen. Über ihn und Amrogos werde ich Ende November berichten,

Lust auf Weiterlesen über die MENSCHEN AM MEER: dann hier einfach Lesen.
Lust auf Weiterlesen über das, was mir UNTER SEGELN begegnete: dann hier einfach Lesen.
Lust auf Weiterlesen der Massai-Geschichte: Richard J. Leider/David A. Shapiro, Lass endlich los und lebe.

Learning 2:
„Wenn Du eine Sehnsucht oder einen Traum hast: Finde den richtigen Zeitpunkt. Lebe ihn.“

Keine Frage: ich hatte 22 Jahre als Leiter eines Buchverlages einen phantastischen Job. Ich bin vernarrt darin, Bücher zu machen. Ein hochmotiviertes, begeisterungsfähiges Team, wie ich es hatte, zu führen. Und mit ihm Ideen, Projekte, Bücher, E-Books zu entwickeln. Neue Dinge zu machen, die erfolgreich sind. Es ist wie eine Sucht. Und ich liebe es. Eigentlich möchte ich nichts anderes machen.

Trotzdem entstand auf meiner allerersten Reise auf einer Segelyacht Ende der Neunziger, in den allerersten Minuten, in denen ich jemals eine Segelyacht auf See erlebte, ein Traum, der mich nie verlassen hat. Der immer da war. Der jeden Tag einmal vor mir stand, der mich durch schreckliche Konferenzen und lähmende Shareholder-Meetings trug: „Ich möchte ein halbes Jahr Segeln gehen.“

Der Traum war geboren. In meinem Kopf. Jeden Tag war er da. Ich quatschte den Leuten davon die Hucke voll. Und habe mich lange gefragt: 
„Darf man das denn?“ 
„Traue ich mich das: Einfach die sichere Autobahn zu verlassen?“ 
„Ist das nicht reine Blödheit, eine spannende, fesselnde Aufgabe einfach zu verlassen – ohne zu wissen, was folgt?“

Ein wichtiges Resümee meiner fünf Monate auf See: Wenn Du eine Sehnsucht, einen Traum hast. Finde den richtigen Zeitpunkt. Lebe ihn.

Denn ein Traum, den man über Jahre hinweg hat: der ist nicht verkehrt. Der führt einen nicht in die Irre. Seine Erfüllung erfordert Opfer, ja. Es bleibt Liebgewonnenes auf der Strecke.

Wie kann man herausfinden, ob so ein Traum – was immer es ist – es ernst mit mir meint? Ob er nicht trügerisch ist? Oder gar ein Alptraum? In irgendeinem Buch habe ich mal Folgendes gelesen, und gerne gebe ich dieses Verfahren weiter: Es geht ganz einfach: Man setzt sich in entspannten Momenten einfach hin. Gerne auch in einem öden Meeting, wenn es gerade nicht auffällt. Und denkt sich hinein in seinen Traum. Und malt sich die Details aus von diesem Traum. Das Plätschern der Wellen nachts an der Bordwand. Die Bucht, in der man schwimmend die schönsten Tage verbringt. Und dann: malt man sich auch das weniger Angenehme aus. Die weniger schönen Seiten. Das Unangenehme: schlechtes Wetter auf See. Regentage. Kabbelige See mit klapperndem Rigg am Morgen nach einem Nachtschlag. Klamme Sachen. Sixpacks Wasser in der Mittagshitze des griechischen August aufs wackelige Boot schleppen. Mürrische Hafenmeister, die mich und meine LEVJE abends um sieben aus dem Hafen weisen, ins Ungewisse. 

Was immer der Traum ist: Mein Traum blieb ein Traum, selbst als ich mich ganz tief in die negativen Seiten reingedacht habe. Was ich Ihnen also rate: Träumen Sie darauf los. Und malen Sie mit kraftvollem Pinselstrich. Und wenn Sie das ein paar Mal gemacht haben und Ihr Traum ist immer noch Ihr Traum: Dann herzlichen Glückwunsch! Sie haben einen Traum!

„Der richtige Zeitpunkt“: Das ist ein ganz eigenes Thema, das einen eigenen Artikel auf Mare Più wert ist. Darüber werde ich zu einem späteren Zeitpunkt schreiben.

Learning 3: 
Man muss auch im richtigen Leben etwas machen, das man leidenschaftlich gerne tut.

Es ist eine tiefe Wahrheit, was die viel reisende Feli auf ihrem erfolgreichen Reiseblog Travelicia schreibt: „Nur Reisen ist zu wenig. Man muss schon etwas machen.“

Und dieses „Man muss einfach nur etwas machen“ begegnete mir so oft im Leben, und ich fand es immer richtig. Die Mutter meines Freundes David hat mir diese Weisheit als Schüler vermittelt. Es leuchtete mir, dem 16jährigen sofort ein. Und es hat mich nie verlassen. Selbst mein persönliches Vorbild, die Seglerin Gudrun Caligaro, die Ende der 80er Jahre als alleinsegelnde Mitvierzigerin (!) die Welt auf einer 28 (!!) Fuß-Yacht umrundete und nur fünfmal (!!!) anlegte: Auch sie „machte“ etwas, obwohl ihr Tagesprogramm neben dem sich ums Boot kümmern vor allem im „Beobachten und Schauen“ bestand. Sie hatte eine unfassbare einfache Freude, über das was Sie sah. Die Wellen. Die Malamoks. Der Wind, der ihr kleines Schiff über die Wellen schob. Und: sie schrieb ihr Tagebuch. Aus dem später ein wunderbares Buch wurde, Ich habe es gut und gerne 50 mal gelesen und verschlungen, es hat mich auch auf LEVJE begleitet.

Wer hier weiterlesen will: Weil ich denke: „Ein gutes Buch bringt mich auch beim 50sten Mal lesen weiter. Ein schlechtes beim ersten Mal lesen nicht. Deshalb empfehle ich gern: Gudrun Caligaro, Ein Traum wird wahr. 
Leider nur noch antiquarisch lieferbar.

Learning 4:
„Ein Schiff im Hafen ist sicher.
Aber dafür ist ein Schiff nicht gemacht.“


                       Im Hafen von Izola in Slowenien, LEVJE’s langjährigem Heimathafen.

Es ist immer wieder einer der zuverlässig glücklichen Momente beim Segeln: Nach einem langen, langen Schlag ist LEVJE wieder im Hafen. Die Leinen sind fest. Der Hafenschlick von der Arbeit mit der Mooring von den Händen gewaschen beim ersten Sprung auf die Pier. Den Leinenverhau in der Plicht aufgeräumt. LEVJE ist fest. Wir sind sicher. Im Blick: ein Lächeln.

Immer wieder ein guter Moment. Ein Moment der großen Entspannung, die ich beim Segeln – und so  nur dort – finde. Dennoch hat John Augustus Shedd recht, dessen im letzten Jahrhundert erschienenen Buch die Kapitel-Überschrift entstammt. Und zwar gleich mehrfach:

Es ist wichtiger, einfach loszusegeln, als bei der Vorbereitung eines fünfmonatigen Törns ewig an der technischen Perfektion meiner Yacht zu arbeiten. Als ich lossegelte, hatte ich für LEVJE immer noch zehn Punkte auf meiner Liste. Mindestens. Vielleicht doch noch ein Radar? Und AIS? Die Bilgenpumpe größer. Die Cockpitpolster schöner. Die Pinne noch dreimal mehr mit Klarlack streichen. Bimini und Persenning noch größer. Und, und, und. Aber LEVJE war für die fünfmonatige Reise bereit. Und ich war es auch.

Also: Gute Gründe, warum Mann und Schiff noch nicht bereit sind, gibt es immer. Es ist wichtiger, einfach rauszugehen und zu sehen: wie ist es da? Denn meistens warten herrliche Tage auf See auf einen.

Und dies: gilt nicht nur fürs Segeln.

Learning 5: 
„Der innere Reichtum“.

„… und was willst Du erreichen an Reichtum?“, fragt mich Anna, Verlegerin, Freundin, letzte Woche, um Mitternacht. Die Kluge.

Was mir diese Reise gebracht hat, ist innerer Reichtum. Unglaubliche Bilder. Die Wolken am Abend bei der Ansteuerung auf Antalya, im Bild oben. Das Bild der unbewohnten, gottverlassenen Insel Kynaros in der Ägäis, deren „Augen“ mich unverwandt anblickten. 

Die unglaublichen achterlichen Wellen bei der Überquerung der Straße von Otranto. 

Die Kirche in der Festung von Santa Mavra, bei Levkas.

Die schreckliche Gorgo auf Paros.

Es ist so viel. Unglaublich viel.

Es ist das Gefühl, etwas Einzigartiges erlebt zu haben. Etwas, das man für Geld nicht kaufen kann.

Weiterlesen über „Die Überquerung der Straße von Otranto“: Hier der Beitrag und das Video.
Weiterlesen über die Festung Santa Mavra auf Levkas: Hier.
Weiterlesen über die Gorgo von Paros: Hier.

Learning 6:
Es muss nicht das große Schiff sein.
Es muss nicht die Weltumsegelung sein.

Die Kiefern der Türkei? Eine Bucht auf Erikoussa, wo die Lebensbäume wachsen? Die Kiefern am Stechlin- oder Roofensee? Nein. Diesmal der Große Ostersee in Oberbayern.

Es braucht wenig, um auf dem Meer glücklich zu sein. Klar träume ich immer vom nächsten Schiff, das größer ist. Aber meine LEVJE ist mir heilig. Und schon beim Kauf meines ersten Segelboots 2001, einer kleinen MANTA 19 auf dem Starnberger See, gebaut von SCHOECHL in den Siebzigern in Salzburg, sagte mir der Vorbesitzer wehmütig: „Es ist ein Boot für glückliche Stunden.“ Er hatte recht damit.

Na klar ist eine Weltumsegelung ein großartiges Projekt. Aber darauf kommt es nicht an. Sondern WAS und WIE man erlebt. Und das ist keine Frage von „Schiffsgröße“ und „gesegelten Etmalen“ oder „Meilen“. 
Einen meiner bemerkenswertesten Törns habe ich vor vielen, vielen Jahren auf eben dem Starnberger See gemacht. Im späten September. Und auf eben der MANTA 19. Allein. Ich habe mir für eine Woche Verpflegung draufgepackt. Und bin aus meinem Hafen gesegelt mit dem festen Vorsatz: „Ich werde eine Woche lang keinen Fuß an Land setzen. Und nur draußen ankern. Und nicht im Hafen übernachten.“ Ich habe „großer Törn auf kleinem Boot“ gespielt. Und ich habe in wenigen Tagen genauso viel erlebt wie auf einem großen Törn. Gewitter die halbe Nacht lang. Warme Tage. Wunderbare Sonnenuntergänge. Nächte mit eiskalter Nase tief im Schlafsack. Der Schluck Rotwein nach gelungenem Ankermanöver in der Dämmerung. Der Blick auf die Lichter am Ufer in der Nacht, die ich doch seit meinen Kindertagen kenne. Regen. Starkwind in die Ankerbucht.

Nein. 
Es muss nicht das große Schiff sein.
Es muss nicht die Weltumsegelung sein.

DAS ist nicht der Schlüssel.

Weiterlesen über „Der Traum vom großen Boot“: Hier.
Weiterlesen über Gewitter am Meer: Hier.

Learning 7:
„Die charakteristischen Eigenschaften des Seemanns.“

In einem früheren Post schrieb ich bereits über Charles Darwin’s Buch DIE FAHRT MIT DER BEAGLE. Er veröffentlichte es ungefähr 30 Jahre, nachdem er als junger Mann, als Wissenschafts-Novize, jene legendäre Fahrt zu den Galapagos-Inseln mitmachte und dabei seine Evolutionstheorie entwickelte. An der Grenze zum Alter summierte Darwin am Ende dieses Buches seine Erfahrungen dieser mehrjährigen Seereise und rät dies:

„… unbedingt sein Glück zu versuchen und auf Reisen zu gehen, wenn möglich über Land, ansonsten: lange zu bleiben. Er kann versichert sein, dass er – allenfalls in seltenen Fällen – keinen derartigen Schwierigkeiten oder Gefahren begegnen wird, wie er sie am Beginn vorraussieht.

Unter einem moralischen Gesichtspunkt sollte eine solche Reise ihn gutwillige Geduld lehren, Freiheit von Selbstsucht, die Gewohnheit für sich selbst zu handeln, und aus jedem Geschehnis das Beste zu machen, kurzum: er sollte die charakteristischen Eigenschaften des Seemanns besitzen. 

Reisen sollte ihn auch Mißtrauen lehren, aber gleichzeitig wird er entdecken: wieviele wahrhaft gutherzige Menschen es gibt, mit denen er nie zuvor Kontakt hatte und auch nie mehr wieder haben wird, und die dennoch bereit sind, ihm die uneigennützigste Hilfe zu gewähren.“

Schöner und treffender, was eine lange Seereise lehrt, kann man es nicht sagen.

Weiterlesen zum Thema Resumee einer Segelreise: Hier.

Der Mensch und seine Sachen: Was bitte und zu welchem Zweck sind Buhnen?

Das große Rätsel dieses novembergrauen Tages heißt: Was bitte ist eine Buhne? 

Wird der etwas größere Bollerwagen in der Mitte auf plattdeutsch so genannt? 

Oder das spezielle, nur an einer langen Leine aufs Meer hinausdürfende weiße Ostsee-Motorboot mit dem roten Wimpel?

Oder?

Alles nicht ganz richtig.

Eine Buhne ist die lange Reihe lotrecht zum Strand eingerammter Holzpfähle, oben ganz links im Bild. Das, wo die Möwen drauf sitzen. Ich gebe zu: es ist kein leichtes Rätsel. Zumal für den, der nur auf dem Mittelmeer segelt. Denn da sieht man sie gar nicht, die Buhne. Man braucht sie dort nicht, am Mittelmeer. 

Dort kennt man zwar den Nutzen in den Meeresschlick gerammter Holzpfähle sehr wohl. Zum Beispiel in Venedig, wo man um 1631 herum allein für die Errichtung der Kirche Santa Maria della Salute rund 1.156.650 (!) Baumstämme wer-weiß-wie in den Lagunenschlick drosch. Oder in Grado im Bild oben, wo die großen, weiß-rot-weiß bemalten „piloni“ noch heute den Weg hinaus aufs Meer weisen. Aber Buhnen: die braucht man am Mittelmeer selten.

Hier an der Ostsee, da brauchen zunächst mal die Seevögel die Buhnen. Die Kormorane, zum Beispiel. Die gibt es an der Ostsee. Und im Mittelmeer. Sie sitzen darauf wie würdige alte Herren. Und breiten schweigend ihr Gefieder. Bei ihnen funktioniert – anders als bei den meisten Wasservögeln, anders als Enten, Gänse, Schwäne – die Bürzeldrüse etwas schlechter, um ihre Federklamotten zu fetten. Sie müssen ja auch tauchen. Und weil sie den Föhn noch nicht erfunden haben, die Kormorane: drum müssen sie ihr Gefieder an der Luft trocknen. Zeitraubende Prozedur, genauso wie das Föhnen. Geht am besten auf? Buhnen!

Aber lassen wir die gefrässigen Kormorane, die jeden Tag 1-2 Kilo Fisch verdrücken, mal weg. Konzentrieren wir uns auf die Buhne! Die wird eigentlich gebaut, um küstenparallele Strömungen abzubremsen. Und dadurch das Wegspülen des Sandes zu verhindern. Das in Seefahrtsdingen immer wieder verblüffend schlaue Wikipedia weiß das.

Buhnen bauen die Menschen wer-weiß-wie-lang. An Nord- und Ostsee professionell seit Ende des 19. Jahrhunderts. Seit es Ingenieure gibt. Aber das mit den Buhnen am Meer ist so einfach nicht. Manchmal funktionieren sie nicht richtig. Zum Beispiel auf Sylt. Da mußten sich die schlauen Menschen etwas anderes ausdenken. 

Oder sie halten nicht mehr lang genug: denn früher betrug die Lebenserwartung der deutschen Durchschnitts-Buhne etwa 50 Jahre. So lange hielten die in den Boden gerammten, unentwegt Wind,  Wellen, Wasser, ausgesetzten Hölzer. 

Damit ist seit den 90er Jahren Schluß, seit der Schiffsbohrwurm (Teredo Navalis) für sein Dasein auch die Ostsee entdeckt hat. Man kennt ihn in der Seefahrt schon lang, fraß er doch schon Maghellan und Columbus die Schiffe unter den Füßen weg. Also begannen die Menschen, sich nach anderen Materialien umzusehen, für die Buhnen: Beton, zum Beispiel. Bitumen. Kunststoff. Bewährt hat sich das bislang nicht. Man kehrte immer wieder zurück zu den heimischen Nadelhölzern. Aber weil man dem armen Schiffsbohrwurm den Pfosten nicht gönnt, drum baut man gelegentlich ein paar Tropenhölzer dazwischen. Um ihn zu verblüffen. Und es ihm nicht gar zu einfach zu machen. Mit den Buhnen.

Die vergessenen Küsten: Von Antalya nach Ahlbeck und Bansin.

Zwar sind es von Antalya bis zum Seebad Ahlbeck, im äußersten Nordosten Deutschlands gelegen, per Luftlinie nur 1.238 Seemeilen, doch das täuscht. Wer die Strecke von Antalya zur Insel Usedom auf dem Seeweg zurücklegen will, der hat schlanke 4.000 Seemeilen vor der Brust. Etwa 2.000 bis Gibraltar. Die Atlantikküste nach Norden bis in die Bretagne 800 Seemeilen. Durch den Ärmelkanal und die Nordsee nach Skagen noch einmal soviel. Und dann sind es nur noch drei, vier stramme Tagesschläge Kurs Südsüdost. Und schon ist man da.

Doch trotz aller Unterschiede, soooo weit im Süden, soooo weit im Norden, gibt es jetzt im November viel Gemeinsames:
Das wunderbare Licht, von dem ich früher dachte: so sei es im November nur in Venedig, wenn das Abendrot den Marmor der Kirchen zum Leuchten bringt.
Die Wolkenstimmungen am späten Nachmittag.
Die Kiefern, die so typisch sind für die Ostsee. Aber auch für die Küsten der gebirgigen südlichen Türkei.
Die Wirte und Restaurantbesitzer, die in beiden Weltgegenden gleichermaßen beschlossen haben, dass nun, in den ersten Novembertagen, aber endgültig mal Schluß sein müsse mit Tourismus und den Gästen, selbst wenn die bittend vor der Tür stehen.

Nein: wunderschön ist es jetzt im November an beiden Ecken der Welt. Und ich mag nicht einmal eine Entscheidung treffen, was ich faszinierender finde, was meinem Herzen näher ist, seit ich vor ein paar Jahren die Ostsee von einem ihrer schönsten Winkel aus kennenlernte: von der Schlei aus.

Aber trotz aller Liebe gibt es natürlich auch Unterschiede:

Strandkörbe, zum Beispiel. Die gibt es in der Türkei nicht. Da weht es nicht kühl aus Nordwest, es gibt kein klammes Lüftchen, das in die Glieder kriecht und einen schnell auf Bansin’s Strandpromenade zu Glühwein und Räucherfischbrötchen greifen läßt. Es ist wärmer in der südlichen Türkei, jetzt noch selbst in der Nacht um die 15, 17 Grad. Und in Alanya, 70 Seemeilen westlich sogar immer 5 Grad mehr.

Dafür singt einen am Kölpinsee aber nicht der Muezzin in den Schlaf. 
Segler sind auf dem südlichen Meer immer noch welche unterwegs. Auf der Ostsee bekam ich vier Tage lang keinen einzigen zu Gesicht, die See war ruhig und glatt. 
Ruhig geht es auch an den Stränden vor Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck zu: Kein Lärm, keine Disko, keine „Muzik-Hol“, wie das schöne türkische Wort heißt. Einfach Stille. Nur das Rauschen des Meeres die ganze Nacht. Das hat schon was. Denn wer jemals in Marmaris‘ oder Bodrum’s oder Kemer’s Häfen übernachtete – letzteres wurde mit dem wenig ehrenvollen Titel „erster Platz in der Kategorie ‚Lärmmarinas’“ bedacht – der weiß, wovon ich spreche. Und er wird die Stille an den Stränden um die Seebäder von Bansin bis Ahlbeck sehr schätzen.

Aber seien wir nicht gar zu streng. Geniessen wir einfach, was beide Küsten uns schenken. Und leiden tu ich letztlich nur daran, dass ich nicht ständig an allen Küsten sein kann, an denen ich genau jetzt gerade gerne wäre.

Antalya? Kenn ich. Muß ich nicht nachsehen.
Aber wo liegen Ahlbeck, Bansin und Heringsdorf? Hier.

Was ist eigentlich mit der Seekrankheit?

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Als Johannes mich zum ersten Mal auf ein Segelboot mitgenommen hat, versuchte er mir weiszumachen, dass ich mit Sicherheit gar nicht seekrank werde. Ich sei “einfach nicht der Typ dafür”! Frisch verliebt glaubt man ja so einiges – und so konnte ich tatsächlich gar nicht richtig einordnen, was mit mir passiert, als mir das erste Mal flau im Magen wurde.

Johannes Versuch, mich psychisch zu beeinflussen, hatte stückweise funktioniert, mein Magen ließ sich aber leider nicht so einfach an der Nase herumführen. Ich wusste daher schon bei der Abfahrt, dass Seekrankheit auf der Reise ein Thema werden wird. Auf den letzten Blogpost zu dem Thema habe ich wahnsinnig viele Emails und Nachrichten mit aufmunternden Worten und guten Tipps bekommen, danke noch einmal dafür! Darunter waren altbewährte Hausmittel, Empfehlungen zur Ernährung und verschiedene Medikamente.

Eigentlich hatte ich gehofft, dass sich die Seekrankheit von selbst gibt, wenn wir erst eine Weile unterwegs sind. Dass es mich auf dem Weg nach Frankreich dann doch nochmal so richtig dahingerafft hat, hat mich aber sehr überrascht.  Dementsprechend habe ich natürlich etwas besorgt auf die Biskayaetappe geschaut. Das “Schlimmfühlen” ist eine Sache, aber keine Hilfe sein zu können und auch die Reise nicht zu genießen, überwiegt auf der Nervskala. Obwohl ich nicht gerne schnell Medikamente einwerfe, war meine Toleranzgrenze diesbezüglich mittlerweile gesenkt. Uli Schürg von Blue-Yachting schlug uns “Rodavan” vor. Ein Medikament, mit dem seine Familie sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Der Wirkstoff Dimenhydrinat ist mir auch von etlichen andere Lesern ans Herz gelegt worden, also habe ich in der Apotheke ein französisches Äquivalent besorgt.

Das Zeug hat wirklich Wunder bewirkt! Den ersten Tag auf der Biskaya ging es mir ausgezeichnet, ich konnte sogar auf dem Vorschiff sitzen und Delfine anfeuern, ohne dass mir schlecht geworden wäre. Nur wenn die Tageshöchstdosis erreicht wurde und der Wirkstoff langsam aus dem Körper ging, wurde mir etwas flau. Am zweiten Tag, als es merklich aufgefrischt hat, habe ich mich vorsichtshalber in der Koje verkrochen, obwohl es mir eigentlich ganz gut ging. Am dritten Tag konnte ich das Medikament teilweise sogar weglassen. Nebenwirkungen: extreme Müdigkeit! Aber eigentlich nur direkt nach der Einnahme. Wenn es nicht anders ging, habe ich halt geschlafen. Am zweiten Tag habe ich das Medikament im Magen arbeiten gemerkt – was wohl aber auch daran liegt, dass ich mich in dem ganzen Wetter nicht aufraffen konnte, vernünftig zu essen.

Ich hoffe immer noch, dass sich die Seekrankheit so einpendelt, dass ich irgendwann gar keine Hilfe benötige. Bis dahin werden wir wohl immer eine Packung im Schapp haben.

Cati

Weltumsegelung in Etappen – Teaser

Eine Weltumsegelung ist der Traum vieler Segler.

Franz Kroeplien realisierte diesen Jugendtraum in Etappen und mit wechselnden Crewmitgliedern aus dem Freundeskreis indem er die sieben Jahre alte Wauquiez 43 Pilot Saloon kaufte, um damit auf der Barfußroute um die Welt zu segeln, und zwar durch den Panamakanal und um das Kap der Guten Hoffnung. Am 9. Oktober 2007 waren alle Vorbereitungen abgeschlossen und die “Son of the Sun” stach in See. Das Boot ermöglichte der jeweiligen Crew ein komfortables Leben an Bord, der Decksalon erlaubte guten Rundumblick und es ließ sich bei schlechtem Wetter auch von innen steuern. Die Zeiten der Wirbelstürme wurden zu Heimatflügen genutzt, während das Boot vor Ort blieb. Der Film erzählt die Geschichte der „Weltumsegelung in Etappen“ aus verschiedenen Perspektiven. Neben dem Skipper berichten auch andere Crewmitglieder von ihren beeindruckenden Erlebnissen in entlegenen Gewässern und auf fernen Inseln.

Franz Kroeplien erhielt den Weltumsegler-Preis 2011 von Trans-Ocean, dem Verein zur Förderung des Hochseesegelns e.V. Und den vollständigen Film findet ihr hier bei uns im Shop.

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Between Home – Trailer

Wir freuen uns sehr, „Between Home“ in der deutschen Version (Originalversion mit deutschen Untertiteln) bei uns im Shop anbieten zu können.

„Between Home“ ist ein spannender wie poetischer Dokumentarfilm, der das Erwachsenwerden eines jungen Mannes beschreibt. Aus dem unerfahrenen Segelanfänger Nick wird nach einer dreijährigen Seereise, getränkt mit Salz, Sonne und Wind, ein erfahrener Skipper. Über vier Jahre hinweg gefilmt, dokumentiert BETWEEN HOME die Odyssee eines smarten Selfmade-Programmierers und Künstlers. Die Geschichte beginnt, als sich Nick in England ein heruntergekommenes Boot, Baujahr 1971, kauft und in Eigenregie seetüchtig macht und endet, als er nach über 3 Jahren in Australien ankommt – eine Reise, die ihn durch Isolation und Angst herausfordert,  aber auch heitere Episoden bereithält. Getrieben von seinen Idealen, sich nicht anzupassen und wie seine Altersgenossen langsam in ein bürgerliches Leben zu gleiten, verfolgt Nick beharrlich seinen Traum vollkommener Unabhängigkeit. Monatelang lebt er von der Hand in den Mund, angewiesen auf die Freundlichkeit anderer Menschen, die er in den Häfen entlang seiner Reiseroute trifft. Als die Weiterreise wegen zu großer Schulden zu scheitern droht, gelingt es ihm mit seinem Weblog, die Welt auf sein Vorhaben aufmerksam zu machen und genug Spenden einzusammeln um weitersegeln zu können. Die Hilfsbereitschaft der Menschen, die wollen, dass er sein Ziel errreicht, ist überwältigend. Nicks Ideal wird damit auch zum Traum vieler anderer. Der Erfolgsdruck steigt, und Nick fragt sich manches Mal, wessen Träumen er mit seiner Reise eigentlich verwirklicht.

Während er allein unterwegs ist, führt Nick ein Videotagebuch und beantwortet Fragen, die auf Zetteln stehen, die ihm Filmemacher Jack Rath in einer wasserdichten Dose mitgegeben hat.  Im Laufe der Jahre besucht der Filmemacher den Segler immer wieder an verschiedenen Orten rund um den Globus und auf der Tour quer durch die winterlichen USA. Die letzte Etappe sieht einen erschöpften Nick über den Pazifik reisen. Er erfährt nicht nur Liebe und Verlust  – auch ein Tsunami macht ihm zu schaffen.

Als er endlich die heimischen Gestade Australiens erreicht, wartet nur eine einzige Person auf den Heimkehrer, und Nicks Reise erfährt ein höchst sonderbares Ende.

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Menschen am Meer: Mare Più in der Ausstellung DIE WIKINGER in Berlin. Oder: Das Geheimnis der Skelette von Weymouth.

Wir kennen das. Es passiert alle paar Jahre vor unserer Haustür. Da wird nach jahrelangem bürokratischen Ringen endlich eine Umgehungsstraße gebaut. Und dann entdecken Arbeiter menschliche Knochen. Holen die Archäologen hinzu, so wie in Weymouth, im südenglischen Devon 2008. Die entdeckten noch mehr Knochen. Dann ganze Knochenhaufen. Die Reste von 54 menschlichen Skeletten. Und feinsäuberlich daneben gestapelt: 51 Schädel. 

Die kriminalistische Entschlüsselung eines Rätsels, der ein Sensationsfund war, begann. Archäologen tippten zunächst auf Vorgeschichtliches. Aber die Isotopen-Untersuchung zeigte aufgrund der Spurenanalyse, dass die Skelette jüngeren Datums waren und diese Menschen nicht aus Britannien stammten, sondern aus ganz anderen Regionen: Sie hatten ungewöhnlich viel Fisch gegessen – die meisten von Ihnen waren aufgewachsen in Skandinavien, Norwegen, Dänemark. Einer weiter nördlich, in arktischen Gegenden. Zwei im Kiewer Raum. Und sie hatten zwischen 950 und 1020 gelebt: Wikinger.

Weitere Analysen ergaben, dass alle männlich waren. Zwei, drei waren in den Fünfzigern. Der Rest zwischen 12 und 25 Jahren alt. Und weil die Skelette neben zahlreichen Infektionen auch Spuren früherer Kampfverletzungen aufwiesen, gingen die Archäologen von einem sensationellen Fund aus: Sie hatten die Besatzung eines Wikingerschiffs auf Raubzug entdeckt.

Die Raubzüge der Wikinger nach England begannen um 796 mit dem Überfall auf das vor der englischen Nordostküste gelegene Kloster Lindisfarne. Das Entsetzen der Angelsachsen, die selbst zweihundert Jahre zuvor England trotz Gegenwehr eines Mannes namens Artus brutal erobert hatten, ist noch heute spürbar in den Zeilen eines Alkuin von York, der den blutbesudelten Kirchenraum des Klosters von Lindisfarne beschrieb. Die Wikinger aber hatten reiche Beute gemacht. Und kamen wieder. Mit noch mehr Schiffen.

Es war eine wilde Gesellschaft. In kleineren Einheiten – und scheinbar wie Clans – organisiert. Und was dieses England anging, nicht auf planvolle Eroberung und Mehrung eines Reiches aus. Sondern einfach nur auf Raub. Und Plünderung. Plünderung: das bedeutet: was ein Mann davonschleppt an fremdem Gold, Geld und Gut, gehört ihm. Reich von Null auf Hundert. Und selbst wenn die Wikinger in Skandinavien und auch in Norddeutschland weniger als Plünderer, sondern planvolle, weitsichtige Händler auftraten, deren Handelswege zwischen 9. und 11. Jahrhundert von Skandinavien über Rußland bis hinunter nach Byzanz reichten, wo sie als „Waräger“ die Leibgarde des Kaisers stellten: in England, bei den Angelsachsen, waren sie nur auf Plünderung auf Raub aus. Genauso wie in Nordfrankreich. Und am Rhein entlang, von der Küste bis hinunter nach Köln.

Im Lauf des 9. Jahrhunderts entstanden aus sommerlichen Plünderzügen in England erste, feste Territorien. Von der englischen Nordostküste aus drangen Wikingerheere nach Südwesten vor, Richtung London, Richtung Wales. Alte angelsächsische Königreiche fielen: Mercia, Northumbria, East Anglia, von schwachen angelsächsischen Königen regiert. Nur Wessex im Süden leistete Widerstand und konnte widerstehen: Die alte Römerstraße von London nach Nord-Westen, die „Watling-Road“ wurde als brüchige Grenze eines noch brüchigeren Friedens zwischen dem Reich der Wikinger, dem „Danelag“ und dem angelsächsischen Wessex anerkannt. Aber Überfälle auf schnellen Schiffen hinunter nach Wessex, in den englischen Süden, blieben trotz Frieden an der Tagesordnung. Der schnelle Reichtum lockte.


Sie müssen furchterregende Gegner gewesen sein: Einer der Kämpfer ließ sich die vorderen Schneidezähne waagrecht anfeilen: Aus rituellen Gründen? Archäologen vermuten eher, dass dieser Krieger sich vor dem Kampf die Rillen schwarz färbte, um noch furchteinflößender zu wirken.

Und so war es auch eine Crew beutegieriger Wikinger, die irgendwann um das Jahr 1000 auf ihr Schiff stieg. Und nach Südengland segelte, um zu rauben und zu plündern. Aber zumindest im Fall dieser Bootscrew waren die Angelsachsen wachsam: Die Schiffsmannschaft fiel Ihnen in die Hände. 54 kampfkräftige Männer, im Alter zwischen 12 und 50. Man nahm Sie gefangen. Man nahm Ihnen die Waffen ab. Dann Rüstungen und Kleider. Man führte sie nackt und ungebunden zur Hinrichtung an den Rand einer alten, von den Römern stammenden Grube. Und enthauptete einen nach dem anderen. Manchmal nicht ohne Gegenwehr. Die Archäologen fanden heraus, dass mancher noch versuchte, mit der Hand das Schwert abzuhalten, bevor die Klinge in den Hals drang. Es waren alte,hasserfüllte  Rechnungen, die die Angelsachsen an den 54 Seeleuten beglichen. Denn meist bei diesen Raubzügen in friedliche Dörfer waren es Angelsachsen, die die Opfer waren: Männer wurden erschlagen. Frauen und Kinder als Sklaven verkauft. Auch in das Frankenreich, zu uns. Aber nicht in diesem Fall.

Das Wikingerreich in England endete, als die normannischen Vettern von Süden aus in England eindrangen. „Ten-sixty-six“, 1066, besiegten die Normannen die Angelsachsen. Und „verschmolzen“ mit den nördlichen Vettern im „Danelag“. Spätestens um 1150 war die Kultur der Wikinger und ihre Reiche verschwunden: Aufgegangen in größeren Reichen, verschwunden, und nicht zuletzt: „christianisiert“: Zivilisiert, domestiziert, ihrer eigenen Kultur, ihrer Mythen beraubt. Absorbiert von Christentum. Und von neuen Reichen.

Ein Teil der Skelette von Weymouth ist zu sehen in Berlin: in der gut verständlichen, sehr sehenswerten Ausstellung DIE WIKINGER. Im Walter-Gropius-Bau bis 4. Januar 2015.

Pakete, Pakete!

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Die spanische Post ist schon ein wenig … eigenwillig. Gestern kam endlich ein erstes Paket von A.W.Niemeyer, mit unserer neuen Außenborder-Pinne. Die alte war abgebrochen, als uns das Rettungsboot an die Kaimauer in Cariño manövriert hat. Witzigerweise war das Paket mit der Pinne seit Mittwoch mit DHL-Normal unterwegs. Das Paket mit unseren Ersatzteilen für den Motor ist Donnerstag mit DHL-Express auf die Reise geschickt worden, für ein Heidengeld … Freitag sollte es hier sein – aber irgendwie ist es dann nach Santiago umgeleitet worden. Am Abend hat uns eine spanische Nummer angerufen, eine Frau von DHL, die aber kein Wort englisch sprach. Wir leider auch kein Spanisch. Irgendwann hat sie aufgelegt und am Samstagmorgen war auf der Tracking-Seite zu lesen, dass wir die deutsche DHL-Hotline anrufen sollen. Das geht aber aus dem Ausland nicht, denn es gibt nur eine 0180-Nummer. Über Umwege habe ich dann eine Festnetznummer in Bonn ausfindig gemacht, dort angerufen, mich durch ein computerisiertes Menü gewählt, viermal unsere Paketnummer diktiert (“Wir haben Sie leider nicht verstanden”), ein paar Minuten GEMA-freie Musik gehört – und immer dann, wenn wir mit einer menschlichen Stimme von DHL-Express verbunden werden sollten, sind wir aus der Leitung geflogen (dreimal …). Also haben wir einfach einen neuen Weg im diktierten Menü eingeschlagen, vorgegeben uns über neue Produkte informieren zu wollen – und tadaaa, war ein Mensch am anderen Ende – der uns dann mit DHL-Express verbinden musste ; )

Nach dem dritten Telefonat mit Bonn (inzwischen habe ich denen auch einen spanischen Kontakt hier im Hafen gegeben, damit sich der Fahrer genau informieren kann) kam heute tatsächlich ein DHL-Kurier auf das Marinagelände gefahren und hat uns das langersehnte Paket gebracht, dass unsere lieben Nachbarn in Oberndorf gepackt haben. Nun gibt es hier einiges zu basteln – und dann können wir endlich, endlich weiterfahren!

Johannes

 

 

Shop Trailer „Between Home“

„Between Home“ ist ein spannender wie poetischer Dokumentarfilm, der das Erwachsenwerden eines jungen Mannes beschreibt. Aus dem unerfahrenen Segelanfänger Nick wird nach einer dreijährigen Seereise, getränkt mit Salz, Sonne und Wind, ein erfahrener Skipper. Über vier Jahre hinweg gefilmt, dokumentiert „Between Home“ die Odyssee eines smarten Selfmade-Programmierers und Künstlers. Die Geschichte beginnt, als sich Nick in England ein heruntergekommenes Boot, Baujahr 1971, kauft und in Eigenregie seetüchtig macht und endet, als er nach über 3 Jahren in Australien ankommt – eine Reise, die ihn durch Isolation und Angst herausfordert,  aber auch heitere Episoden bereithält.

Der komplette Film „Between Home“ ist hier bei uns im Shop erhältlich.

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Der Mensch und seine Sachen: Um Roofen- und Stechlinsee. Oder: Was denkt der Segler im Herbst?

Nun bin ich schon das fünfte, sechste Mal an den Seen in Brandenburg. Aber noch immer wirkt der Zauber, den ich dort schon beim ersten Mal empfand. Die Stille. Der Frieden. Das Unbewegte im Gegensatz zum immer, immer bewegten Meer. Die Wasseroberfläche, die wie ein polierter Spiegel glänzt und mir wie ein guter Tennisspieler das Goldbraungrün der Buchen und den empörten Schrei des Reihers zurückwirft. Sonst: Stille. 
Und: „Herr, der Sommer war sehr groß…“

Womit wir dann auch schon im Thema wären. Was denkt der Segler im Herbst, wenn der Winter vor der Tür steht? 
Das Ende des Sommers: das war für mich früher immer schrecklich. Das herrliche halbe Segeljahr auf dem See ist vorbei. Im Hafen kommen mehr und mehr Boote aus dem Wasser. Links und Rechts der Schlengel wird es leerer. Und unweigerlich muss auch mein Boot aus dem Wasser. Ich hab es hinausgezögert, so lange es ging, bis ich der letzte war, bis zu meinem Geburtstag im späten November: Mein kleines, geheimes Geburtstagsgeschenk jedes Jahr an mich selber, noch einmal hinaus auf den See in der Novemberkälte, allein. Zu Segeln gab es da nichts mehr, Groß und Fock waren abgeschlagen, der Tee mit Rum entfaltete, wenn die Sonne schwächer und die Luft sich in klamme Kälte wandelte, Wirkung. Aber es war eine andere als die erhoffte Wärme, ein Frieren in Fröhlichkeit. Vom Ufer der Rauch der Laubfeuer.

Noch ist es nicht so weit. Ein bisschen noch. Noch sind die Tage warm und schön, auch daheim hier in Deutschland. Und das Licht: Fast ist es, wie im November in Venedig, wohin ich vor vielen Jahren gesegelt bin weit im November mit Sven, ein Duft, ein Schweben auf dem Wasser. 

Nur am Himmel schon die ersten Spuren des Winters: da sieht man schon die Spuren, die Schlittschuhläufer bald auf dem Eis hinterlassen werden.

Ausflug nach Santiago de Compostela

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Wir liegen immer noch in Viveiro und warten weiterhin auf Ersatzteile. Neben dem neuen Rohr für den Wassersammler zum Beispiel auch auf ein Schnellverschlussventil, das Johannes in die Dieselleitung einbauen will, damit der Motor endlich auf komfortable Art gestoppt werden kann. In Deutschland haben unsere Nachbarn und Freunde einige Tage rotiert, damit wir schnell wieder auf Kurs kommen und unsere Reise fortsetzen können. Drei Pakete sind zumindest schonmal in Spanien, soviel konnten wir per Online-Tracking herausfinden. Sobald alles da ist, wollen wir dann endlich die 55 Seemeilen nach La Coruña weitertuckern. Weitersegeln wäre natürlich auch toll, aber bislang hat sich hier noch kein Lüftchen geregt.

Auf der stürmischen Biskayafahrt sind leider unsere Polster im Vorschiff nass geworden. Vermutlich ist das wasserdichte Luk zum Ankerkasten doch nicht ganz so wasserdicht. Die ganzen Plünnen zu waschen und zu trocknen hat mehrere Tage gedauert. Alles im Eimer auf dem Steg, die Teile waren zu groß für unsere tolle Kurbelwaschmaschine. Und in der Marina gibt es keine Waschmaschine, auch wenn die Piktogramme in Revierführer und vorm Hafenmeisterbüro etwas anderes sagen. Wir haben einen Revierführer aus dem Jahr 2000. Darin ist die Marina gerade im Bau beschrieben und es wird versprochen, dass in den nächsten zwei Jahren alle Servicemöglichkeiten vorhanden sind ; )Macht aber nichts, auch wenn wir hier in Containern duschen, sind es die saubersten Duschen und Toiletten auf der ganzen Reise. Und ich habe es sehr genossen auf dem Steg ein bisschen mit Wasser rumzupitschern, schließlich hatten wir hier die letzten Tage bis zu 27 Grad Celsius!

Entgegen aller Hinweise im Revierführer gibt es hier auch keine Tankstelle, weder für Boote noch für Autos. Die nächste ist einige Kilometer entfernt. Ein echtes Problem, denn wir haben nicht mehr viel Diesel im Tank und der Wind war hier die letzten Tage sehr flau. Mobil müsste man sein, um Diesel zu holen und Ersatzteile fürs Boot. Johannes hat schon öfter in Spanien günstig einen Mietwagen bekommen, sein Rekord waren zwei Tage für 16 Euro. Deshalb haben wir uns gleich auf die Suche gemacht, aber Viveiro ist leider ein wenig ab von jeglichem Tourismus. Trotzdem, das wäre eine große Hilfe – deshalb ist Johannes mit dem Bus ins 100 Kilometer entfernte Lugo gefahren und hat einen Mietwagen abgeholt. Damit konnten wir zwei Tage lang nicht nur Tankstellen und Baumärkte abklappern, sondern die Wartezeit auf die Ersatzteile aus Deutschland auch noch nutzen, um zum ersten Mal auf unserer Reise auch einmal das Landesinnere zu erkunden.

Wirklich fantastisch, die ganzen Berge hier! Man fühlt sich wie im Allgäu, die Straßen scheinen manchmal einfach zu enden, wenn die Abhänge am steilsten sind. Wir haben viele leerstehende Häuser gesehen, alte Einkaufszentren, die einfach leerstehend hinterlassen wurden, Rohbauten, die man nicht fertig gestellt hat. Oftmals scheinen die Menschen nur das zweite Stockwerk eines Hauses zu bewohnen, während unten alles zugenagelt ist oder nicht mal Wände gezogen wurden. Für uns fremd, dennoch: eine traumhafte Kulisse und faszinierende Orte!

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Unser Ausflug führte uns nach Santiago de Compostela. Obwohl man da ja eigentlich zu Fuß hin geht … Spätestens seit Hape Kerkelings Buch “Ich bin dann mal weg!” ist der Ort auch in Deutschland bekannt als Ziel des Jakobswegs. Neben Jerusalem und Rom war Santiago de Compostela eins der wichtigsten Pilgerziele im Mittelalter und auch heute und außerhalb der Saison ist die Stadt voll von Touristen und Pilgern.

Die Stadt ist viel größer, als wir sie uns vorgestellt haben, aber hat uns außerordentlich gut gefallen. Viele kleine und verwinkelte Straßen mit Kramlädchen, überall bekommt man auf der Straße kleine Häppchen, um zu probieren, was in den verschiedenen Bars, Cafés und Läden Leckeres angeboten wird. Eine Sitte, die beim Spazierengehen satt macht und die wir ganz schön toll finden ; )

Natürlich haben wir auch die Kathedrale besichtigt, in der angeblich die Überreste von Jakobus zu finden sind. Die Außenfassade wird gerade erneuert, aber der Innenraum ist sehr prunkvoll. Insbesondere der Altarbereich ist sehr opulent und ganz schön gold. In der Mitte der Kathedrale hängt ein 1,60 Meter großes Weihrauchfass, dass zu speziellen Gelegenheiten bis unter die Decke geschwenkt wird. Angeblich dient der Rauch nicht nur der Liturgie, sondern auch, um den Geruch der Pilger zu überdecken …

Wir haben auf dem großen Platz vor der Kathedrale gesessen, die ganze Szenerie auf uns wirken gelassen und uns die Frage gestellt, ob die Pilger vielleicht enttäuscht sind, wenn sie ankommen. Tage- oder sogar wochenlang waren sie allein mit sich und ihren Gedanken. Hatten genügend Zeit in die Ferne zu schweifen, das Leben zu rekaputilieren. Warum man da ist, warum man das Hamsterrad des Lebens läuft. Viele kommen aus turbulenten Lebensumständen und wollen das Ganze durch den Pilgerpfad bewusst von außen betrachten. Und dann kommen sie in Santiago an – und alles, was mit dem Jakobsweg zu tun hat, ist bis zum gehtnichtmehr kommerzialisiert: Selbstverständlich gibt es rund um die Kathedrale die obligatorischen Merchandisingstände, jeder Pilger kann sich erstmal ein T-Shirt kaufen, das belegt, dass er den Jakobsweg gegangen ist. Sogar Spongebob und Hello Kitty scheinen bereits gepilgert zu sein. Aber auch in der Kathedrale selbst … die Beichtstühle haben rote Lämpchen, die anzeigen, ob sie in Benutzung sind, für 2 Euro kann man eine elektrische “Kerze” anzünden. Überall laufen Ordner mit gelben Warnwesten durch die Kirche und über Plasmafernseher und Lautsprecheranlage wurden die Besucher zu “Silencio” aufgerufen. Vielleicht ist das ja mittlerweile Standard und in Zeiten, in denen selbst für die Sixtinische Kapelle in Rom eine PR-Strategie entwickelt wird, nicht außergewöhnlich, dennoch … irgendwie alles merkwürdig.

Auf dem Rückweg haben wir noch in La Coruña vorbeigeschaut, wo eine Yacht aus Hamburg liegt, mit der wir schon seit Wochen auf Parallelkurs segeln, ohne uns mal getroffen zu haben. Die Crew der “Lilly-Marie” hat uns zu Kaffee und Kuchen eingeladen, was uns wirklich gefreut hat. Wir hoffen, dass sie noch da sind, wenn wir in den kommenden Tagen dorthin dampfen.

Viel Spaß bei den Fotos!

Cati

 

 


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Mare Più auf der HANSEBOOT: Der große Traum vom neuen Boot.

Eric Hiscock tat es sieben Mal und mit kühler, am Ende altersgemäßer Überlegung. Und nie, ohne seine Frau zu fragen. Bernard Moitessier drei Mal. Und eher notgedrungen, weil zwei seiner Schiffe in Nacht, in Sturm strandeten. Und zwei Mal unrettbar verloren waren. Einmal war sogar Klaus Kinski mit an Bord, heißt es. Eric Tabarly tat es sogar acht mal. Und wie es scheint: aus schierer Lust am Erfinden, am neu Erdachten, bevor er in der irischen See über Bord ging und den Tod fand. Die Rede ist: Sich den Traum einer neuen Yacht zu erfüllen.

Und weil der Wunsch auch in mir ist, auch wenn ich mein kleines Schiff, die LEVJE, sehr liebe: drum folge auch ich dem lautesten aller Lockrufe der HANSEBOOT in die Halle B6, dahin, wo die neuen Yachten gerade und quer herumstehen: Die NAJADs und die HALLBERG-RASSYs. Die HANSEs, DEHLERs, BAVARIAs. Die LUFFEs und VILMs und SKALARs auch. Und die COMFORTINAs und X-YACHTs. Und erklimme ungezählte Male gepackt von Neugier auf die perfekte Yacht die breiten, steilen Stufen wie zu einem Hochaltar, hinauf auf die Ebene, dort: wo man sich nur noch die obligaten blauen Überzieher über die Schuhe streifen muss. Und dann, wie herrlich auf der HANSEBOOT, ohne Gedrängel, ohne Wartezeit, einfach im Cockpit einer Aussteller-Yacht steht.

150 Schiffe, so sagt der Messeveranstalter, seien auf der HANSEBOOT zu sehen. Aber da sind dann wahrscheinlich auch schon alle Schlauchboote, Dinghis, Modellschiffe und sonstigen schwimmfähigen Untersätze mitgezählt, die auf der Messe in elf Hallen und im Freigelände gezeigt werden. Tatsächlich relevant sind in der B6 etwa 20, 25 Yachten. Für mich, Langfahrtsegler, zum ersten Mal auf der HANSEBOOT, eine beachtliche Menge, die meine Erwartungen deutlich übertrifft. Altgediente HANSEBOOT-Veteranen schwärmen aber von alten Zeiten. Und viel, viel mehr Yachten.

Mir ist derlei egal. Es ist schon erfreulich viel Boot zu sehen. Ich klettere gutgelaunt zu jedem neuen Schiff hinauf. Frohen Mutes, voll Zuversicht, auf eine Yacht zu treffen, deren Raumaufteilung meine Erwartungen an das Leben auf einer Yacht erfüllt. Ein Leben, so wie ich das die letzten fünf Monate unterwegs von Slowenien über Italien, Griechenland in die Türkei auf LEVJE gelebt habe: An lange Schläge die italienische Ostküste hinunter. An wochenlange Sonnentage ankernd in griechischen Buchten, mit viel Schwimmen, nur Draußensein. An Regentage im türkischen Oktober-Platzregen auf dem Boot. Schwallbäder, wie man sie nur am Meer erlebt. Und die mich blitzartig unter Deck treiben.

Deshalb sind es vier ganz einfache Dinge, auf die ich mich konzentriere, wenn ich mir ein Schiff ansehe. Weil ich damit auch den überwiegenden Teil meiner Zeit verbringe:

Regel 1: 
Cockpitbänke, lang genug, um im warmen Süden gemütlich die Tage darauf lesend und schreibend verbringen zu können. Und auch mal in warmen Nächten draußen schlafen zu können.

Regel 2:
Unter Deck: Stehhöhe.

Regel 3:
Salonbänke, lang genug, damit der Skipper auf Nachtschlägen sprungbereit ruhen und schnell bei seiner Crew sein kann. Oder ein Nickerchen machen kann. Oder einen Seekranken am ruhigsten Punkt des Schiffes „in Blickweite“ betten kann.

Regel 4:
Eine Bugkoje, die den Namen „Eignerkabine“ wahrhaft verdient. Und nicht am Fußende für vier Füße mit 21 cm Fußraum aufwartet.

Es sind ganz, ganz einfache, kleine Kriterien. Meine Mindestanforderung an ein Schiff, auf dem ich meine Tage und Nächte glücklich verbringen möchte. Mich interessieren, während ich blaufüßig die wunderbaren Teakdecks entlanglaufe, zunächst weder Wendewinkel noch Kielballast-Anteile. Weder Frischwassertank- und Sprit-Volumina noch Performance-Riggs. Weder Tiefgang noch Preis. Ich prüfe einfach: Kann ich so, wie ich in den vergangenen 5 Monaten segelnd, lesend, schreibend, das Meer betrachtend auf meiner LEVJE gelebt habe und glücklich war: könnte ich so auch auf diesem Schiff leben?

Denn der Witz ist: Auf der 1987 von Willi Dehler gebauten Dehler 31, der der Vorbesitzer den hübschen Namen LEVJE gab, habe ich das fast alles. Fast. Nicht überall Stehhöhe. Aber fast. Und zu zweit wirds im Fußraum vorne etwas eng. 

Und während ich blaufüßig umherwandere, merke ich: Meine Kriterien sind zwar ganz, ganz einfache. Aber keine, die auf einer Langfahrten-Yacht überall anzutreffen wären. Denn mal zwingt ein feinfühlig zu handhabendes, aber überdimensioniertes Ruderrad die Cockpit-Bänke auf 1,40 Meter Kürze. Oder ein Traveller – und den hat LEVJE auch quer durch die Plicht – ist so verbaut, dass gemütliches Liegen auf den Cockpit-Bänken unmöglich ist. Oder die Stehhöhe in der Achterkoje einer Centercockpit-Yacht – ich gebe zu: damit liebäugle ich ja wirklich – ist nur 1,70 Meter. Oder die Salonbänke sind – und das ist häufig der Fall – zu sogenannten „Club-Versionen“ verkürzt: Angenehme, einzelne Sessel, man freut sich schon auf den Whiskey am Abend zu Zweit in der Hand. Aber keine Couchlängen wie auf LEVJE von über 2 Metern.

Ich gebe zu: Für Yachtbauer und Konstrukteure ist es schon verflixt mit dem Geschmack des Kunden. Die Yachtzeichner und Yachtbauer haben es nicht leicht, aus der Kakophonie der Kundenwünsche herauszufiltern, was denn König Kunde nun wirklich will. Und wofür er dann auch wirklich bereit ist, Summen auszugeben, an die mich die Kompassrose schmerzhaft gemahnt. Aber die Schwierigkeit hat jeder, der Produkte für Kunden macht.

Einmal mehr aber wird mir klar, wie sehr mir LEVJE’s Raumeinteilung, dem, wie ich auf einem Boot leben will, entgegenkommt. Einmal mehr preise ich E.G. van de Staadt – ihm verdanke ich nun schon zwei großartige Segler – und Willi Dehlers großartig einfaches Innenraum-Konzept, von dem ich denke, dass es seiner Zeit weit voraus war. Und heute fast zeitlos ist. Denn LEVJE’s Grundriss, gebaut für glückliches Segeln zu zweit, finde ich heute genauso auf vielen Schiffen wieder, für die ich mir auf der HANSEBOOT gerne 20, 25mal die blauen Überzieher an-; und wieder ausziehe. 

Die HANSEBOOT: In Hamburg in den Messehallen. Noch bis zum mrgigen 2. November.
Und das gibts hier an Schiffen zwischen 12 und 20 Metern Länge zu sehen: hier klicken.