Monat: November 2014

Karibische Geburtstagsparty in Portugal

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Liebe Leser,

gestern haben wir unsere “Maverick too” auf ihre Partytauglichkeit getestet und meinen 29. Geburtstag mit den Crews der Hamburger Yacht “Lilly-Marie” und den beiden französischen Yachten “Noordvaarder” und “Kalao” gefeiert. Cati und ich hatten erst ein wenig Sorge, ob acht Erwachsene und drei Kinder im Salon des kaum zehn Meter langen Bootes Platz finden würden. Aber mit einem Kinderspielzimmer im Vorschiff hat es dann gut geklappt. Da “Lilly-Marie” ebenfalls die Karibik als Ziel hat, haben wir der Geburtstagsfete ein Motto gegeben und eine karibische Nacht veranstaltet.

Als Hauptgericht gab es Roti – das eigentlich aus Indien kommt, aber in modifizierter Version als karibisches Fastfood dort an jeder Ecke zu bekommen ist. In der Basis handelt es sich dabei um einen Eintopf aus Hähnchenfleisch, normalen und Süßkartoffeln, Möhren und Erbsen. Das ganze mit viel Curry und Kurkuma gekocht und in einen Weizenfladen eingerollt. Zum Nachtisch gab es eine Eigenkreation: “Rum-Salad mit Obst”.

Es war ein wirklich einmaliger Geburtstag, den ich so schnell nicht vergessen werde. Tolle Menschen, deren Wege sich ganz zufällig vor Portugal gekreuzt haben. Vielen Dank an alle, die dabei mitgewirkt haben! ; )

Im Moment verfolgen wir hier sehr gespannt das Wettergeschehen und planen am Dienstagmorgen Segel zu setzen. Auf dem Atlantik weht es wieder etwas mehr, als wir gebrauchen können. Aber zumindest aus Norden. Wir können uns also auf eine Rauschefahrt einstellen.

 

Der Segler im Winter: Wie der Segler über den Winter kommt.

 

„Ende November auf dem See ist nicht jedermanns Sache. Die Kälte auf dem Wasser geht durch Mark und Bein. Der Tee aus der Thermoskanne hilft nicht wirklich. Das Wasser des Sees, im Hochsommer Türkis, ist jetzt braun, fast schwarz und ganz unbewegt. Der See ist wie ein Moorsee und ein bisschen unheimlich. Trotzdem mag ich diese Jahreszeit auf dem Wasser. Das ganz Unbewegte. Die Stille. Kein Laut. Kein Lüftchen. Nur der Rauch der Laubfeuer, der am Ufer steht. YamYam ist meist das Vorletzte der 270 Boote, das aus dem Wasser kommt. Das gefällt mir. Trotz RAMSAR-Artenschutz-Abkommen. Auf dem Bild oben sieht man YamYam ganz hinten und mit gelegtem Mast. Da ist sie wirklich das letzte Boot. Der Rest: Stille und Schweigen.“

Im November 2007 schrieb ich diesen Text. Auf meinem ersten Blog. Und über mein erstes eigenes Boot. Es hieß YAMYAM. Nichts hat sich seitdem geändert. Der November, in dem ich geboren bin, ist ein trüber Monat. Die Boote kommen aus dem Wasser. Die letzte Runde, die ich auf YAMYAM dick eingepackt und mit gelegtem Mast auf dem See drehte, war vorbei. Unwiderruflich. Oft hatte ich das Gefühl: Es sei vorbei mit dem Segeln. Für immer. Unvorstellbar, dass es wieder Sommer werden würde. Segeln – das würde nie, nie wieder sein.

Der Segler im Winter: das ist schon ein eigenes Kapitel. Wie kommt der Segler über den Winter? Wenn man es sich nicht leisten mag, wegzugehen? Die Zuhause allein zu lassen? Thailand, Karibik oder die Kanaren für eine klägliche Woche charternd zu bereisen?

Ich habe das immer geschafft, in dem ich mich über den Winter mental mit dem Segeln beschäftigte. Am Boot arbeiten war ja nicht. Wegen der Kälte. Aber die Gedanken um das Segeln kreisen lassen. Deshalb das Eine: Wir werden auf MARE PIÙ ein Buch machen. Zusammen mit Seglern. Über ein Thema, das wir nächste Woche bekanntgeben werden. Ein Thema, um den Segler über den Winter zu bringen. Wenn Sie mehr Informationen über unser Buchprojekt möchten: Bitte rechts oben Ihre EMail unter „News & neue Artikel… “ eintragen. Und dann das nachfolgende FEEDBURNER-Sicherheits-Mail abwarten und bestätigen.

                                                                                                          Weiterlesen bei: Mare Piu macht ein Buch.
    
Das Andere: Den Winter habe ich immer geschafft mit EINEM besonders guten Buch. Ein Buch, das  über das Leben auf dem Meer schrieb. Ein Buch, das mit dem Segeln zu tun hatte. EIN Buch, das mich über den Winter gerettet hat. Buchstäblich. 

Jedes Jahr gab es davon eines. Ein einziges, das ich verschlungen habe. Und daraus ist dann meine persönliche Bestenliste geworden: BÜCHER, DIE MICH ÜBER DEN WINTER BRACHTEN. Ein höheres Lob kann ich einem Buch nicht aussprechen, als dass ein Buch war: das mich über den Winter brachte.

Das unten sind sie. Sie brachten mich über den Winter. Sie begleiten mich auf meiner Reise mit LEVJE. Sie sind immer an Bord. Die meisten kennt man. Ich werde jetzt, in loser Reihenfolge, meine Bestenliste, meine BÜCHER, DIE MICH ÜBER DEN WINTER BRACHTEN, vorstellen. Bis Weihnachten immer ein, zwei beschreiben. Und wenn das für Sie nützlich ist: dann freue ich mich, wenn Sie wie immer unten im Feld auf das „Tolle Geschichte…“ ein Häkchen setzen. Dann weiß ich, dass das auch Ihnen über den Winter hilft.

Beginnen wir ganz, ganz unten: 
1993 veröffentlichte Annie Proulx ihre SCHIFFSMELDUNGEN. 1995 habe ich es zum ersten Mal gelesen, und dann immer wieder. Das Buch beginnt – schrecklicher kann ein Buch nicht beginnen – mit einer fortgesetzten Reihe persönlicher Katastrophen: Fremd sein in der Familie, in die man geboren wird. Fremd sein an dem Ort, an dem man lebt. Arbeitslos. In eine vollkommen verzweifelte Beziehung hineinrutschen, Trennung, Tod, schreckliches Sterben. Die ersten 38 Seiten handeln nur von einem lebenslangen Absturz. In Raten. Die restlichen 360 Seiten? Die Geschichte einer Heilung. An einem Ort, an dem keiner von uns wirklich gerne leben wollte. Wo immer Winter ist. Aber wo Quoyle, der Held des Romans feststellt, dass er hingehört. Wo er Wurzeln schlägt. Und beginnt, über Schiffe zu schreiben. 

Rechts oben, ERIC TABARLY – Ein Seglerleben.
Ein Bildband. Über das Leben des französischen Seglers, der wirklich ein Ausnahmesegler war. Eine chronologische Sammlung von Fotos aus seinem Leben. Seine Liebe zu seiner PEN DUICK, die er von einem Schiff auf das andere übertrug. Seine Rastlosigkeit, was Ideen, Projekte, Reisen angeht. Ein ungewöhnliches Leben bis hinein in seinen Tod in der irischen See. Und: gerne gebe ich zu, dass ich dieses Buch immer um mich habe. Es steht, es liegt immer irgendwo, wo ich das Titelbild sehen kann. Damit es mich an etwas erinnert: Es zeigt Tabarly kurz nach dem Zieleinlauf eines Einhand-Transatlantik-Rennes. Erschöpft. Abgekämpft. Aber in seinem Blick, in seinen lachenden Augen liegt alles, was die Leidenschaft fürs Segeln ausmacht. Sein Blick sagt: „Ich habe da draußen gesehen, was noch keiner sah.“

Anmerkung:
Ich habe nicht geprüft, ob und wie diese Titel lieferbar sind. Sollten Sie das wünschen, werde ich in meiner Texte zur Bequemlichkeit aller Links einbauen, wo die Bücher erhältlich sind. Gerne mache ich das und bitte Sie um kurze Mitteilung an mich, wenn Sie als Leser das möchten.
For Tabarly: Special Thanks to Katja.

Guido Dwersteg „Einhand um den Atlantik“ – Trailer

Mit dem Download Bundle „Einhand über den Atlantik“ hat Guido so etwas wie einen „segel-filme Hit“ gelandet. In drei Filmen dokumentiert er höchst unterhaltend und informativ seinen Weg in die Karibik.

Anfangs war eigentlich „nur“ die Atlantiküberquerung geplant. Letztendlich wurde es dann eine Atlantikrunde und erst vor wenigen Monaten ist er auf seiner „Carpe Diem“ über die Azoren nach Hause gesegelt. Erfreulicherweise hat er auch die Rückfahrt filmisch dokumentiert und in der ihm eigenen Art lässt er uns auch am „Rolling home“ teilhaben.

Die komplette Dokumentation „Einhand um den Atlantik“ umfasst 6 Filme über den Törn sowie 5 Filme zu den Themen „Technik & Ausrüstung auf der Carpe Diem“, „Die Route der Carpe Diem“, „Guido & Carpe in der Karibik“, “Über die Biskaya” und “Durch den Englischen Kanal nach Hause” als Bonusmaterial.

Und für all diejenigen, die den ersten Teil „Einhand über den Atlantik“ bereits erworben haben, gibt es natürlich auch nur Guidos „Rolling home“ als Download Bundle. Es umfasst 3 Filme sowie die beiden Extrafilme “Über die Biskaya” und “Durch den Englischen Kanal nach Hause”.

 

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Bom Dia, Portugal!

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Liebe Leser,

die vergangene Woche konnten wir eine Menge Meilen machen. Es war zwar nochmal ein harter Kampf am Cabo Vilano, bis wir die Nordwestecke Spaniens gerundet hatten – aber danach ging es mit jeden neuen Segeltag ein Stück weiter nach Süden. Süüüüüüden!

Eigentlich wollten wir die 85 Seemeilen von La Coruña bis nach Muros in einem Stück abreissen, aber das Gestampfe gegen Wind und Wellen hat uns so müde und mürbe gemacht, dass wir noch einen Zwischenstopp im kleinen Hafen Camariñas eingelegt haben, nach etwa 50 Seemeilen. Als wir dort gegen 22 Uhr angekommen sind, waren im Ort schon fast alle Lichter aus. Nur im Clubhaus des Yachtclubs brannte noch Licht. Ein paar Spanier saßen auf der Veranda und tranken einige Biere. Unter ihnen der Hafenmeister, dessen Feierabend eigentlich schon lange eingeläutet war. Trotzdem kam er gleich im Nieselregen über die Stege gesprintet, um unsere Leinen anzunehmen. Als Cati ihn dann nach dem Papierkram fragte (der in Spanien für gewöhnlich sehr umfangreich ist), winkte er ab. “Ihr wollt doch morgen früh weiter. Da lohnt das nicht. Kommt auf dem Rückweg nach Deutschland nochmal länger ran … dann passt das” – und schon war er verschwunden. Wir durften also eine Nacht kostenlos liegen.

Am nächsten Tag sind wir dann bei sehr leichten Winden die übrigen 36 Seemeilen bis nach Muros motort. Ein kleiner Fischerort am Fjordartigen Einschnitt Ría de Muros e Noia. Vermutlich hätten wir dort gar nicht hingefunden, wenn dort nicht die Hamburger Yacht “Lilly-Marie” mit Thomas, Jola und ihrer Tochter Lilly-Marie gelegen hätte. Die drei sind ebenfalls sehr spät im Jahr gestartet und waren bis jetzt immer genau eine Tagesreise vor uns. Nie hat es geklappt, dass wir zusammen in einem Yachthafen liegen. Um die drei kennenzulernen haben wir aber vor vier Wochen von Viveiro aus einen Ausflug nach La Coruña gemacht.

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Als wir La Coruña dann auf eigenem Kiel erreicht haben, waren sie gerade zwei Tage zuvor weitergesegelt und wir haben ihren Liegeplatz gehütet. Nun endlich gelang es, “Maverick” und “Lilly Marie” mal nebeneinander liegen zu haben. Am späteren Nachmittag ist dann auch noch die französische Familie auf dem Katamaran “Kalao” eingelaufen, die sowohl uns als auch den “Lilly Marie”s in La Coruña gegenüber gelegen hat. Auch Laurent ist mit seiner Frau und den beiden kleinen Töchtern auf dem Weg nach Süden. Die Wiedersehensfreude war groß – wir haben bis in den frühen Morgen zusammengesessen, Vino Tinto getrunken und über das Leben, die Segelei und weitere Törnziele geplaudert. Die Ziele waren überraschend dieselben – und so war kurzerhand eine Flottille gebildet.

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Zwei Tage später sind wir dann mit allen drei Schiffen gen Süden aufgebrochen. Endlich waren die Wind- und Wetterbedingungen einmal wirklich perfekt. Nordwind der Stärke drei, Sonne, 18 Grad. Herrliches Segeln. Zum ersten Mal haben wir unseren Gennaker auspacken können und “Maverick” ist so sportlich gesegelt, wie vermutlich in ihrem ganzen Leben noch nicht. Der längere Mast, den wir installiert haben (gebraucht von einer Bavaria 34 übernommen) verlangt zwar frühes Reffen – aber bei solchen Segelbedingungen bekommt das Boot ein ganz neues Segelpotenzial. Zickzack durch die vorgelagerten Inseln hindurch, vor dem Wind kreuzend. Eine Regatta, die einen Mordsspaß bereitet hat.

Natürlich hat der Kat am Ende gewonnen. Gestern sollte es eine Revanche geben, aber der Wind schlief ein und wir mussten die 36 Seemeilen über die spanisch-portugiesische Granze bis nach Viana do Castelo mit arabischen Winden – aus dem Dieseltank – zurücklegen. Heute ist hier wieder viel Wind angesagt. Draußen soll es mit bis zu sieben Beaufort wehen und bis Samstag sind 4,5 Meter hohe Wellen angesagt. Das wollen wir lieber noch abwarten und dann vielleicht Sonntag weiter in Richtung Porto.

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Die Wartezeit ist aber keine vertane Zeit. Die Stadt ist wunderschön und typisch portugiesisch. Morgen werden wir mit allen drei Crews (9 Personen!) an Bord der “Maverick” in meinen Geburtstag hinein feiern. Am Samstag werde ich 29 Jahre alt …

Mit der Crew der “Lilly-Marie” und der “Kalao” unternehmen wir inzwischen jeden Tag etwas. Von Erkundungstouren durch den Ort bis hin zum gemeinsamen Abendessen. Dabei lernen wir neue, interessante Speisen kennen. Auf dem Weg nach Baiona hat Laurent einen Bonito gefangen, den es am Abend als Sushi gab. Das rohe Fleisch schmeckte mir hervorragend, Cati eher weniger. Dafür haben ihr die Miesmuscheln als Beilage geschmeckt, mit denen ich nicht so recht warm geworden bin. Am Abend vorher gab es sogar “Pulpo”, Tintenfisch, den es in Galizen an jeder Ecke gibt. Sehr lecker – und sehr spannend, Laurent beim Kochen zuzusehen.

Drei Yachten, die einfach die letzten im Jahr zu sein scheinen, die nach Süden wollen. Zudem eine extrem lustige Konstellation: Zwei deutsche, eine französische Crew in Spanien bzw. Portugal. Die Grundsprache ist englisch, das Laurent wirklich perfekt beherrscht. Cati ist fast permanent von den drei Mädels umgarnt und wird so beim Spielen und Malen mit ihnen an ihre alten französisch-Vokabeln erinnert. Wir haben eine Menge Spaß und scheinen wirklich endlich im Langfahrtseglerleben angekommen zu sein.

Johannes

 

Reden wir über: Der Segler und das Klo. Oder: Vom Nutzen und Nachteil des Fäkalientanks für das tägliche Leben.

Der zurückliegende, am 19. November unter kaum vernehmlichen medialen Echo begangene Welt-Toillettentag – jawoll, so heißt der ganz offiziell! – bietet uns Anlaß und Gelegenheit, auf diesen Seiten mal ein Streiflicht auf ein täglich drängendes Thema zu werfen: Den Segler und sein Klo.

Betrachtet man das Verhältnis des Seglers zu seinem Klo aus historischem Blickwinkel, dann war, wie so oft, früher alles besser. Früher hing man halt einfach den Hintern über die Bordwand. Und schon war das kleine oder große Geschäft erledigt. Unter Männern geht das gut. Man sieht das sehr schön in einer kleinen Sequenz des immer wieder sehenswerten Films MASTER AND COMMANDER: Eine Teerjacke hockt im dichten Schneefall mit heruntergelassenen Hosen vorne im Bugkorb. Jawoll. So war das.

Problematischer war es mehr als 2.000 Jahre auf Galeeren: Die angeketteten Rudersklaven konnten ja nicht einfach wie im Klassenzimmer den Finger heben und sagen: „Ich muss mal!“ Das Geschäft wurde an Ort und Stelle erledigt, egal, wer drüber saß. Oder drunter. Gelebt, geschissen, gestorben wurde, wo man hockte. Schaurig. Schaurig vor allem auch für andere, wenn das Schiff tagelang im Hafen lag. Und in seiner eigenen Brühe von 300 Ruderern schwamm. Von venezianischen Galeerenkapitänen – die Venezianer hielten aus nicht nach vollziehbaren Gründen am längsten an diesem Schiffstyp fest – wird gesagt, dass sie immer mit Spazierstock unterwegs waren. Nicht weil sie lahm waren. Sondern weil im Knauf des Stocks geruchsintensiver Salmiak untergebracht war. Stank’s mal wieder auf dem Schiff zum Himmel, schnüffelte der Kapitän einfach am Salmiak. Weiterlesen auf Mare Più, wie die Venezianer an den Galeeren festhielten

Auf der im Hamburger Hafen liegenden RICKMER RICKMERS ist die Sache fortschrittlicher geregelt. Da gibts im Bug, gleich neben dem Kabelgatt, ein veritables Plumpsklo. Man setzt sich drauf, und eine zugige Regenrinne leitet alles nach draussen. Wie auf einer Almhütte. Das war Fortschritt. Im Film DAS BOOT wird in einer kleinen Szene der Kriegsberichter, gespielt von Herbert Grönemeyer – das waren noch Filme!! – mit den sanitären Einrichtungen des U-Boots Typ 7C vertraut gemacht. Zwei Toiletten. Für 67 Mann Besatzungen. Die eine hängt voll mit Schinken, Würsten, Salami. Was der Bootsmann im Film mit launiger Schnautze kommentiert: „Mehr zum Fressen und weniger Platz zum Scheissen – des is‘ aa a Logik!“

Jedenfalls blieb das mit dem „einfach nach Draußen leiten“ lange Jahre letzter Schrei der Technik. Eigentlich bis in unsere Zeit. Ich erinnere mich an meinen ersten Segeltörn in der südlichen Türkei, Ende der 90er. Da lagen wir, drei Segelyachten, friedlich in der Gemiler Reede, einem wunderschönen Ort (über den ich nächste Woche aus gewichtigem Anlaß berichten werde. Bitte oben rechts registrieren, wenn Sie’s nicht verpassen wollen!). 3 Segelyachten in 1 Bucht mit je 4-5 Menschen: kein Problem. Man informierte seine Mitsegler an Bord mit dem dezenten Hinweis, doch die nächsten 10 Minuten nicht ins Wasser gehen. Und das drängende Problem war gelöst. Die Ringelbrassen, die immer unter den Booten stehen und darauf warten, was von oben runterfällt, die wir deshalb „Kackbrassen“ tauften: sie erledigten zuverlässig „den Rest“.

Die Probleme begannen, als der Wohlstand in die Bucht kam. Genauer gesagt: Die Gülets mit den ferienfrohen Urlaubern aus Marmaris, aus Fethiye, aus Kas. Kam so ein Gület mit 60, 70 Oberkörper-geölten Urlaubern in die Bucht und legte sich neben uns: dann konnte man für den Rest des Tages das Schwimmen in der Bucht vergessen. Soviele „Kackbrassen“ konnte es in der Bucht gar nicht geben. Es war zuviel für sie. Es war zuviel für uns.

Die Türkei hat dann aber noch Ende der 90er erkannt, dass das Problem weniger die ferienfrohen Urlauber, sondern die eigenen Gülets waren. Und hat sich Ende der 90er die strengsten Umweltregeln zum Schutz der eigenen Gewässer verpasst, die ich kenne:
Das Einleiten von Fäkalien in Gewässer ist streng verboten. Und wird besonders im Hafen mit sehr hohen Geldstrafen belegt.
Jeder, der dort Segelt, hat einen Fäkalientank an Bord. Wenn nicht: Geldstrafe.
Jeder, der dort Segelt, hat eine blaue MAVI-Card. Die kostet 25 Euro. Und auf dem Computerchip wird penibel kontrolliert, wann man zum letzten Mal ordentlich im Hafen abgepumpt hat. Hat man keine Blaue Card: Geldstrafe.

Weiterlesen, was man sonst noch an Regelungen über das Segeln in der Türkei wissen sollte

Weiterlesen, was man über die Regelungen in Griechenland wissen sollte.

Zugegeben: drastisch. Und streng. Gelegentlich drakonisch. Es hat aber den unbestreitbaren Vorteil, dass man selbst in vollen Ankerbuchten sorglos zwischen den Schiffen herumschwimmen kann. Das Wasser ist kristallklar. Man muß als Skipper seine Crew in einer vollen Bucht morgens nach dem Aufstehen nicht mehr warnen: „Es ist halb neun. Ich würd‘ jetzt nicht ins Wasser gehen…“


Und weil mir trotz aller Gängelei die Vorteile einleuchteten, habe ich mir auf LEVJE gleich zu Beginn meiner Zeit in der Türkei einen Fäkalientank einbauen lassen. Wie schon öfter, haben mich die Türken beeindruckt. Das da oben sind Dennis und Muhsin. Muhsin war lange, lange Jahre Techniker bei einem Vercharterer, er hat sich Anfang September als Bootstechniker mit Dennis selbständig gemacht. Als ich ihn wegen eines ersten Besichtigungstermins auf LEVJE anrief, war er sofort zur Stelle. Schaute sich LEVJE gründlich an. Sagte mir, wie er den Tank einbauen würde. Und wo.
10 Minuten später stand ein Tankbauer auf der Pier. Vermaß den von Muhsin angegebenen Platz im Schrank. Und baute mir innerhalb eines Tages einen eigens für mich angefertigten Tank aus 10mm starken Kunststoffplatten.
 

 

Der sieht aus wie ein schwarzer Tresor. Als ich etwas nörgelig auf Edelstahl bestehen wollte, warnte mich Muhsin vor undichten Nähten. Bei mir traf er damit ins Schwarze, denn ich habe zwei mal undichte Edelstahl-Tanks erlebt.
 


 
Jetzt thront der Fäkalientank im passgenau in LEVJE’s Schrank. Es war innerhalb eines Tages erledigt. Es war weit günstiger als das Angebot eines deutschen Anbieters nur für das Material. Es war schrecklich zu sehen, wie Muhsin zwei Löcher durch LEVJE’s Bordwand bohren musste. Eins für die Lüftung. Eins für die Absaugung.
 
                                            Weiterlesen: Was kostet eigentlich 5 Monate Segeln im Mittelmeer
 

 

Und wenn jetzt Welt-Toilettentag ist, der uns daran erinnern soll, dass die Trennung von Fäkalien und sauberem Wasser keineswegs überall Standard ist, dann denke ich mir dreierlei:
 
Wie fortschrittlich doch die Türkei ist. Mit wieviel Energie dort in nur zehn Jahren eine Infrastruktur zur effizienten Reinhaltung der Küstengewässer aufgebaut wurde.
Wie bräsig auch bei diesem Thema die EU-Länder mal wieder sind.
Wie schön es ist, morgens ohne Bedenken in jeder Bucht ins Wasser steigen zu können.
 

Eigentlich schon ganz gut. So ein Welt-Toilettentag.

 


    Levje an Ihrem aktuellen Standort: In Finke in der Südtürkei.

 
 
 

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Die vergessenen Inseln: Despotiko. Oder: Der letzte Feldzug des Miltiades.

Der unwirtliche Norden des Inselchens Tsimintiri.

Oft auf meiner Segelreise durch die Ägäis frage ich mich: Bin ich es, der dank glücklicher Fügung Orte findet, die Geschichten erzählen? Oder sind es die Orte, die mich finden?

Denn so war es auch mit Despotiko, der vergessenen Insel. Den Tag über war ich von Kimolos herübergesegelt, ein längerer Schlag, an Sifnos vorbei. Am späten Nachmittag begann ich Ausschau zu halten nach einem Platz, um ankernd die Nacht zu verbringen. An zwei, drei Buchten segelte ich vorbei, bleib ich hier? Bleib ich da? Bis ich mich entschied, noch vor Paros in die weite Ankerbucht Ormos Despotiko einzulaufen, die jeder kennt, der durch die Gewässer um Paros und Naxos streift. Es ist ein Ankerparadies, das da zwischen dem bewohnten Antiparos im Osten und den unbewohnten Inseln Tsimintiri und Despotiko, den alten Piratenschlupfwinkeln liegt: weit, geräumig, das türkise Wasser begeisternd, vor dem Wind geschützt nach allen Himmelsrichtungen, Wassertiefe und Grund ideal zum Ankern. Ein Platz wie wenige. Ich blieb vier Tage.

    Blick von Antiparos nach Westen: Vorne links das unbewohnte Tsimintiri. Dahinter die Insel Despotiko. Und fern am Horizont Sifnos.

Meiner Gewohnheit folgend, nutzte ich den späten Nachmittag, um mit meinem Dinghi Streifzüge zu unternehmen. Zuerst nach Antiparos – da wars touristisch. Dann nach Tsimintiri (im Bild ganz oben): baumlos, strauchlos, menschenleer, und der Meltemi treibt aus Nordwesten die Brandung an die Felsen. Doch plötzlich stehe ich – wie fast immer auf den Ägäis-Inseln und vorher schon auf Milos – in antiken Tonscherben. Die ersten Spuren uralter Besiedlung. 

Am Dritten Tag dann mit dem Dinghi hinüber nach Despotiko selber. Das Dinghi an Land gezogen und vertäut und langsam Richtung Gipfel marschiert. Und plötzlich finde ich – oder es findet mich – dies:

Ein weitläufiges Areal. Grundmauern aus behauenen Quadern. Die Reste einer Tempelanlage der Antike – ein Kultplatz, vielleicht nicht so groß wie Olympia, aber beeindruckend mit den fast fugenlos aufeinandergelegten Quadern, den üppigen Grundrissen, den Säulen mitten auf dieser vergessenen, nur von einem Schäfer bewohnten Insel, dessen Hunde mich aus der Ferne anbellen, während ich allein durch die Ruinen streife.

                                                                                                                     Weiterlesen über das Heiligtum von Olympia: hier.

Kein Zweifel: dies muss in der Antike ein bedeutendes Heiligtum gewesen sein, ein Ort, den zuverlässig untereinander streitenden und kriegenden Hellenen ein Stück Gemeinsamkeit zu schaffen. Was ich fand, ist dies:

Es ist das antike Prepesinthos, ein Heiligtum, im sechsten, siebten Jahrhunderts vor Christus dem Apoll errichtet. Ein zentraler Ort, den die Menschen vor 2.600 Jahren mit einer Bitte, einem Gebet, einem Flehen oder einem Dank aufsuchten. Ein Ort, an dem sie den Göttern, einem Gott, Apoll, ein Opfer, ein Geschenk darbrachten. Manche Gold. Manche eine Figur. Andere nur einen Krug. Oder einen tönernen Weinbecher, in dessen Boden sie mit ungelenker Hand „Für Apoll“ ritzten.

Aber etwas stimmt nicht mit diesem Ort. Irgendetwas ist falsch. Und das hat mit dem marmornen Abbild des „Kouros“, des Jünglings, zu tun, den man im Bauschutt der weitläufigen Ruinen fand. Denn der Kouros, vielmehr die vollständige Statue, war nur wenige Jahre in Prepesinthos aufgestellt. Der Kopf wurde etwa um 560 vor Christus geschaffen, und dies unergründliche Lächeln, das der Jüngling zeigt, verschwand nur wenige Jahre später im Erdboden: die Statue wurde zerstört – keine 70 Jahre, nachdem der Künstler sie geschaffen hatte. Zerstört nicht durch Erdbeben oder eine Naturkatastrophe. Sondern durch militärische Gewalt, durch absichtsvolle Zerstörung. Um danach in Trümmern als Baumaterial Verwendung zu finden.

Man ging zunächst von lokalen Unruhen aus. Dann von den Perserkriegen, in denen Naxos und Paros als wichtiger Trittstein für die Perser auf dem Weg nach Athen eine große Rolle spielte. 

Aber die jüngste Spur ist weit spannender. Sie führt nach Athen. Und mitten hinein in das größte Ereignis der griechischen Antike: Den Einmarsch der Perser mit ihren gewaltigen Heeren nach Griechenland. Und den Sieg der Athener über diesen Feind. Die Spur führt von der vergessenen Insel Despotiko zu Miltiades, dem Strategen, der die athenischen Truppen in der Schlacht von Marathon zum Sieg führte. Miltiades, der als größter Feldherr seiner Zeit galt. Der ein Jahr nach seiner erfolgreichen Kampagne von seiner Heimatstadt Athen beauftragt wurde, die Insel Paros zu unterwerfen. Aber die Bewohner von Paros und der umliegenden Inseln ließen sich nicht unterkriegen. Leisteten erfolgreich Widerstand, und es war vermutlich während dieses Kriegszuges, dass das nur wenige Meilen vor Paros liegende Apollon-Heiligtum von Griechen zerstört wurde. Und das Lächeln des Kouros für 2.500 Jahre im Erdboden verschwand.

Miltiades wurde auf diesem Feldzug am Bein verwundet. Und wegen seines Fehlschlags von Paros in Athen angeklagt. Man war gnadenlos: Auf einer Krankenbahre hatte sich Miltiades vor Gericht für seine misslungene Expedition zu rechtfertigen. Es verurteilte ihn zu einer hohen Geldstrafe. Sie war so hoch war, dass er sie – wiewohl vermögend – nicht begleichen konnte. Also verurteilten ihn die Richter zu Gefängnis.

Miltiades, der seine Vaterstadt vor den Persern gerettet hatte, starb an den Folgen seiner Verletzung von Paros, noch bevor sie kamen, ihn zu holen.

Als ich zurück zum LEVJE rudere, bin ich nachdenklich. Zum ersten Mal ist draußen über dem Meer Nebel. Eine erste Ahnung von Herbst ist da, selbst hier in der Ägäis. Wo die vergessenen Inseln dem, der zuhört, leise gute Geschichten ins Ohr flüstern..

   Wo liegt Despotiko? Und wie segelt man nach Despotiko? So. Einfach auf dem Tablet vergrößern…

Es ist soweit: MARE PIÙ macht ein Buch.

Die Abenteuer beginnen, wenn wir unser Zuhause verlassen.“, sagte Blaise Pascal. 

Was über diesem Blog steht, hat mich nie verlassen, weder draussen auf dem Meer noch an Land. Es ist ernst gemeint. Es ist ein Leitstern geworden in meinem Leben. Für mich, aber auch für die, MARE PIÙ aktiv begleitet haben im vergangenen halben Jahr.

MARE PIÙ hat begonnen als Webseite über das Leben am Meer. Mit Geschichten vom und über das Meer. Und über die Menschen, die dort leben. Ich wollte Geschichten schreiben. Für die, die mich kennen. Und nicht mit auf meine Segelreise mit LEVJE konnten. 

Jetzt wird MARE PIÙ regelmässig gelesen. Und überwiegend von Lesern, die meine Lust auf Meer und vor allem die Sehnsucht auf das einfache Leben am Meer teilen. Die selber Segeln. Oder einfach nur Mitsegeln, weil sie das Leben auf dem Meer so geniessen. Das Entdecken. Aber auch, wie einfach und unkompliziert das Leben tatsächlich sein kann. Und darüber werde ich auf MARE PIÙ auch im nächsten Jahr schreiben. Genauso wie bisher.

Aber etwas wird neu sein. Aus MARE PIÙ heraus wird ein Buch entstehen. Mehrere. Hoffentlich viele. Wir haben lange überlegt. Wir haben den Beschluss gefasst. Es geht los. Was kann man schon anderes erwarten: Denn Susanne, die Idee und Entstehung von MARE PIÙ vom ersten Moment an begleitete und ich: Wir haben unser ganzes Leben gelesen. Und unser langes Berufsleben eines gemacht: nämlich Bücher. 

Aber das erste Buch, das wir planen, wird anders sein als alle Bücher, die wir zuvor gemacht haben. Natürlich wird es um’s „Auf-dem-Meer-sein“ gehen. Aber es wird ein Thema sein, das es so noch nicht gibt. Geschrieben von Autoren, die heute noch gar nicht wissen, dass sie Autoren sind. Aber die unglaublich gute Geschichten erzählen können. So wie man sie im Hafen hört. Über das Meer und über das, was es uns lehrt. Über die Weisheit des Segelns und die Fertigkeiten des Seemanns, über das, was man erlebt, wenn man unter Segeln unterwegs ist. 

Dieses Buch wird nächstes Frühjahr erscheinen. Als erstes. Und der Projektstart wird hier auf MARE PIÙ erfolgen. Noch vor Weihnachten. Mehr verraten wir nicht!

Bereit, um einzusteigen? Dann bleiben Sie dran an Mare Più. Wir halten Sie hier einmal wöchentlich über den aktuellen Stand auf dem Laufenden. Und wenn Sie nichts mehr verpassen wollen: 
tragen Sie einfach Ihre Email rechts im Kontaktfeld unter „Mare Più. News und Artikel…“ ein.
Begleiten Sie MARE PIÙ weiter.

Neuer Blogeintrag auf YACHT.de

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Wir melden uns aus La Coruña. Morgen soll es aber schon weiter gehen. Alles weitere in einem neuen Blogeintrag – diesmal auf www.yacht.de

Johannes

 

Morgen gehts weiter …

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Liebe Leser,

nach einer langen Regenzeit in Viveiro werden wir morgen früh endlich gen Westen aufbrechen. Es ist zwar immer noch Westwind angesagt, aber nur noch der Stärke 3 bis 4. In den vergangenen Tagen waren es 5 bis 7. Also wollen wir diese kurze Wetterbesserung nutzen, um nach La Coruña zu kommen. Dienstag knallt es dann nochmal ganz ordentlich, bevor der Wind Mittwoch wieder abflaut und sogar auf Ost dreht. Eine gute Chance, um das Kap zu runden und Kurs Süd zu nehmen. Natürlich ist für die folgenden Tage dann Südwind angesagt – wieder direkt von vorn. Aber vielleicht schaffen wir es trotzdem in kleinen Tagestörns nach Süden zu hüpfen.

Die Wartezeit in Viveiro war lang und strapazierend. “Schiffe werden im Hafen bei schlechtem Wetter immer kleiner”, hat unser Nachbar Bert von der “Heimkehr” geschrieben. Das haben wir genauso empfunden. Deshalb können wir es auch kaum erwarten, morgen wieder die Segel zu setzen. Trotz des vielen Regens gab es aber auch immer mal kurze, lichte Augenblicke. Wir haben hier in der vergangenen Woche sicher zehn Regenbögen gesichtet.

Johannes

 

Unter Segeln: Ein Schiff, um 5 Monate unterwegs zu sein. Oder: Die Liebe des Seglers zu seinem Schiff.

LEVJE auf Errikoussa. Die beiden nordwestlichsten griechischen Inseln Othonoi und Errikoussa sind zwei der vergessenen Inseln, über die ich schrieb.

Oft, wenn ich von einem Spaziergang oder einer Besorgung in den Hafen zurückkehre, freue ich mich: „Ich komme zurück zu meinem Schiff!“
Natürlich sehe ich mir im Vorübergehen auch die anderen Schiffe an. Bleibe kurz stehen. Denke darüber nach, wie gut sie sich segeln lassen. Ob es leicht ist, Segel zu setzen. Oder zu reffen. Oder wie gut diese oder jene Yacht wohl im Hafenmanöver sein mag. Oder in der Welle. Wie es unter Deck aussieht. Wie es sich leben ließe, auf diesem oder jenem Schiff. Ob es im Winter gemütlich ist. 

Aber wenn ich die Pier entlang gehe: dann ist es oft so, dass ich nur Augen habe für mein Schiff: für LEVJE. Und ich gebe es gerne zu: immer noch macht mein Herz einen Hüpfer, wenn sie dann plötzlich vor mir liegt an der Pier: LEVJE. Mein Schiff.

Ich freue mich, weil ich sie immer noch schön finde, wenn sie vor mir im Hafen liegt, meine LEVJE. Klar gibt es viele Boote, die mich entzücken. Der ranke Schärenkreutzer. Sein kleiner Bruder, der Drachen. Das Folkeboot, das mir immer wieder ob der Schönheit seiner Zeichnung ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Selbst hier in der Türkei sieht man gelegentlich eine Marieholm. Der 806er, wiewohl eine reine GFK-Konstruktion der 70er, 80er Jahre, ist von klassischer, zeitloser Schönheit. Und ihm in vielem ähnlich finde ich auch die Linien von LEVJE, meiner DEHLER 31.

Bereits der allererste Beitrag hier auf MARE PIÙ war LEVJE gewidmet: Noch vor meiner Abreise schrieb ich über den legendären Crashtest, den die Zeitschrift YACHT 1988 stellvertretend für viele andere GFK-Yachten veranstaltete. Das Video zu diesem Crashtest jagt mir auch 27 Jahre später Schauder über den Rücken, wie eine Yacht, „meine“ Yacht, eine DEHLER 31 unter Vollzeug auf eine Steinmole gejagt wird. Und das klaglos aushält. Drei Mal. Doch reden wir lieber von Anderem.

Weiterlesen und Video kucken mit dem YACHT-DEHLER 31-Crashtest? Hier.

Als ich LEVJE im März 2009 erwarb, bewegten mich verschiedene Dinge. 10 Jahre war ich in einer Eignergemeinschaft gewesen, es war eine gute Zeit mit unserer FEELING 36, der JUANITA. Aber ich suchte nach einem Schiff, das ich einhand gut beherrschen konnte. Großsegel aus dem Cockpit heraus setzen. Und reffen. Rollfock. Hafenmanöver ohne größere Crew und einhand fahren – unsere FEELING mochte zum Anlegen gern eher fünf als nur zwei Hände. 
Ich suchte nach einem Schiff, groß genug, um längere Zeit zu zweit darauf zu verbringen. Aber handlich genug, um auch allein darauf unterwegs zu sein. Und entschied, nach einer Schiffslänge zwischen 30 und 33 Fuß, also knapp unter 10 Metern zu suchen. Und schnell sollte sie sein. Kein Racer. Aber auch bei wenig Wind gleich anspringen. Und gut laufen.

Und in all diesen Punkten hat LEVJE mich nie enttäuscht: Sie braucht wenig Wind. Vorlich manchmal nur 8 Knoten, um bei ruhiger See mit 5 Knoten zu spurten. Ihr Faltpropeller, den Willi Dehler allen DEHLER 31 in den 80er Jahren serienmäßig (!) verpasste, schenkt ihr unter Segeln mindestens einen halben Knoten mehr. Es sind wunderschöne Abendsegelstunden, bei leichtem Wind und glatter See einfach nur in die untergehende Sonne zu segeln. 

Nur bei viel Welle von vorn, da wünsche ich mir manchmal deutlich mehr Gewicht. LEVJE verhält sich in der Welle eher wie irisches Curagh, ein mit Tierhaut bespanntes, federleichtes Holzgerüst, das uralte Boot der irischen Fischer, das immer wie ein Korken oben auf der Welle schwimmt. Ja, etwas mehr Gewicht, bei Wind und Welle. Aber das ist nun wirklich ein Widerspruch zum schnellen „Anspringen“. Man kann nicht alles haben. So sehr auch ich als Segler immer die „eierlegende Woll-Milch-Sau“ zu finden hoffe.

Aber das Wichtigste, für einen langen Törn, für jedes Boot, das man kauft ist: Vertrauen. Man muss Vertrauen haben zu seinem Boot. „Mein Boot und ich: wir vertrauen uns“, schreibt Gudrun Caligaro, Einhand-Weltumseglerin auf einer 28er. Und damit ist alles gesagt. Man muss sich sicher fühlen, auf seinem Boot. Bei wenig Wind, bei viel Wind. Bei hoher Welle. Man soll nicht dauernd darüber nachdenken müssen „Was-mach-ich-bloß-wenn-in-der-Einfahrt-der-Motor-wieder-nicht-anspringt?“ Oder der Motor mitten im Hafenmanöver den Geist aufgibt? Sowas kommt vor. Aber es darf nicht die Grundeinstellung zum Schiff prägen.

Unter Deck ist LEVJE geräumig, sie bietet, wonach ich suche: Viel Platz für mich in meiner Achterkoje, viel Platz für einen Mitreisenden in der Bugkoje. Und Gerhard, der mit seiner DEHLER 31 gerade um die Welt segelt, schläft nur in der Bugkoje. Und hat sich die Achterkoje als Werkstatt und Lager ausgebaut. Gelegentlich nisten sich da, wo er und ich unser Werkzeugschapp haben, auch Seeschlangen ein, wie er auf seinem Blog beschrieb.

Ich mag die langen Salonbänke, auf denen ich bei einem Nachtschlag, oder ein Mittags-Nickerchen gut ruhen kann. Und seit ich die Petroleum-Lampe am Mastfuß repariert habe, ist LEVJA abends, in der früh einsetzenden Dunkelheit in der Türkei, einfach noch gemütlicher.

LEVJE’s Raumaufteilung, vor allem, was die Kücheneinteilung angeht, ist zeitlos. Sie ist heute der gängige Grundriß vieler aktueller Typen zwischen 30 und 37 Fuß. Sie begegenet mir immer wieder, wenn ich mir auf Messen neue Schiffe ansehe. Ich koche gerne, und deshalb freuen mich auf LEVJE immer noch Details, nach denen ich auf vielen neu designten Fahrtenyacht vergebens suche. Zwei gleich große Waschbecken. Einen dreiflammigen Herd (selbst wenn ich die drei Flammen selten gleichzeitig brauche). Ein Backrohr, um meinen Fisch zu Grillen. Schapps mit Schiebern, dank denen es (ich gestehe: ich bin kein ordentlicher Mensch!) schnell aufgeräumt und ordentlich aussieht. Und wer ein kleines Schiff hat, der weiß, wovon ich rede: Ordnung halten auf einem kleinen Schiff ist noch schwieriger als in einer kleinen Wohnung.

Es gibt auch gemütliche Ecken. Überm Kartentisch mein kleiner Altar. Meine Sammlung Bleistifte, ich liebe sie. Mindestens eine gute Schere. Es gibt soviel schlechte Scheren in der Welt, über die man sich ärgern muß. Die Schieblehre, um schnell mal eine Schraube auszumessen. Der „Glückszettel von Nonna Sistina von den Tremiti“, über den ich schrieb. Das Bild meines Vaters. Das Nebelhorn, das ich im Hafen benutze, wenn an der Einfahrt zwar „Call 68“ steht, aber ma wieder keiner hört.

Weiterlesen, was auf dem Glückszettel der Nonna Sistina steht? Hier.

Nein, die Liebe des Seglers zu seinem Boot ist vielschichtig. Sie ist nicht leicht zu erklären. Sie hat viele Ursachen. Freude über Schönheit. Das Wissen um viele, viele unglaublich schöne Stunden. Vertrauen. Eine tiefe Dankbarkeit, wie zuverlässig mich mein Schiff fast 3.000 Kilometer durch die Wellen trug. Und mir dabei vieles schenkte, was für Geld nicht zu erwerben ist.

Weiterlesen über: Der große Traum vom neuen Boot. Oder: Was bei einem neuen Boot wirklich wichtig ist: Hier.
Weiterlesen über die beiden nordwestlichsten griechischen Inseln Othonoi und Erikoussa: Hier.
Weiterlesen über die Weltumsegelung mit einer DEHLER 31 und die Seeschlangen an Bord: Hier.

Viel Wind … und immer von vorn

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“Ich dachte, Ihr wollt in La Coruña überwintern?” fragt ein Leser bei Facebook. Wollen wir nicht. Erstrecht nicht in Viveiro. Wir wollen weiter, wollen in den Süden!

Zwei Wochen haben wir auf unsere Pakete mit den Ersatzteilen aus Deutschland gewartet. Pünktlich mit ihrer Ankunft hat sich dann das Wetter verschlechtert. Es regnet nun fast ununterbrochen. Einmal hat es sogar gehagelt, richtige Eisplocken lagen an Deck der “Maverick”. Und es weht gewaltig. Zu doll und immer genau auf die Nase. Manche Tage ist “Maverick” sogar im Hafen bis zu 7 oder 8 Grad weggekrängt, wenn die Böen schaurig schön im Rigg heulen. Im Hafen laufen manchmal sogar richtig große Wellen durch, obwohl wir abseits des Atlantiks in einem Fluss liegen.

Für heute hat sich eine kleine Chance abgezeichnet, zumindest nach La Coruña zu kommen. Also haben wir uns den Wecker sehr früh gestellt, um zeitig zu starten. Relativ schnell kam mit dem Blick auf den aktuellen Wetterbericht die Ernüchterung: Fünf bis Sieben Beaufort aus Südwest. Wie bereits die letzten Tage. Darauf haben wir echt keine Lust, denn das hieße 50 Meilen genau gegenan. Die Wellen sollen laut Windfinder eine Größe von fünf Metern haben. Morgen sogar 6,5 Meter. Momentan sieht es so aus, dass wir erst Montag weiter kommen – aber das kann sich ja bekanntlich noch alles ändern. Wir spielen im Kopf schon verschiedene Optionen durch, Zwischenstopp in La Coruña, Durchknacken nach Porto – wie weit ist es eigentlich bis nach Lissabon? Muros soll schön sein (wenn eine Marina schon “Mu-Port” heißt, kann es doch nur toll werden, findet vor allem Bordkuh Ricky), in La Coruña gibt’s aber ‘ne Waschmaschine … Hier in Viveiro gibt es keine, nur einen teuren Wäsche-Service. Weil die Klamotten schon wieder knapp werden, haben wir heute mal ein kleines Experiment gestartet. Das Ergebnis sehr ihr im Video:

Wie zu Großmutters Zeit … from Johannes Erdmann on Vimeo.

Heute vor genau zwei Monaten sind wir die Oste Richtung Elbe runtergetuckert. Genau drei Wochen liegen wir heute in Viveiro … Von acht Reisewochen haben wir fünf auf Wetterbesserung in irgendwelchen Häfen verbracht. Wird wirklich Zeit, dass wir weiterkommen …